Das siebte Mädchen

  • Rowohlt
  • Erschienen: August 2022
  • 1
Das siebte Mädchen
Das siebte Mädchen
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Carola Krauße-Reim
62°1001

Krimi-Couch Rezension vonNov 2022

Spannend wird es erst sehr spät

Vor 20 Jahren wird Chloes Vater wegen der Tötung von sechs Mädchen verurteilt. Er gestand alles, doch die Leichen sind nie gefunden worden. Heute arbeitet Chloe als Psychologin in Baton Rouge, hat einen Verlobten und kämpft dennoch immer noch mit den Nachwirkungen der Vergangenheit. Dann wird wieder ein Mädchen vermisst und ausgerechnet Chloe war die Letzte, die sie gesehen hat. Jetzt beginnt der Alptraum von Neuem, denn bald wird noch jemand vermisst und die Parallelen zu den Taten ihres Vaters sind offensichtlich.

Ein Debüt mit Schwächen

Stacy Willingham ist erst über Umwege zum Schreiben gekommen. Mit „Das siebte Mädchen“ legt sie ihr Debüt vor, das vor allem in den Vereinigten Staaten für viel Aufsehen sorgte. Mittlerweile wurden sogar schon die Filmrechte für eine Serie erworben, in der Emma Stone die Hauptrolle spielen soll. Das alles lässt auf einen mitreißenden Thriller hoffen, doch das Buch hat Schwächen, die den Lesegenuss ziemlich schmälern können. Willingham hat sich ausgerechnet für eine Ich-Erzählerin entschieden, die uns zudem ihre Geschichte im Präsens erleben lässt. Dadurch wird der Blickwinkel ziemlich eingegrenzt, sieht man doch alles nur durch Chloes Augen. Die anderen Handelnden bleiben dadurch unnahbar auf Distanz und ihre Charaktere nebulös. Auch Chloe können wir nur aus ihrer eigenen Perspektive wahrnehmen und die zeigt eine nicht sehr liebenswürdige und egoistische Frau, die, von der Vergangenheit geprägt, in einem egozentrischen Weltbild lebt. Was andere von ihr halten, können wir nur aus deren Reaktionen auf sie erahnen. Hier wäre vielleicht eine außenstehende Erzählperspektive besser gewesen, die uns auch Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der Anderen gezeigt hätte, denn nicht zuletzt hätte dadurch eine Spannung aufgebaut werden können, die dem Buch über sehr lange Strecken einfach fehlt.

Lange passiert nicht viel

Willingham lässt sich sehr viel Zeit die Vergangenheit zu beschreiben. Über lange Strecken berichtet Chloe, was vor 20 Jahren geschah und welche verheerenden Auswirkungen das auf die Familie hatte und hat, denn ihre Mutter wurde ein Pflegefall, ihr Bruder hat sich sehr zurückgezogen und auch Chloe selbst tut sich sehr schwer mit Nähe.

Erst als wieder ein Mädchen verschwindet, kommt ganz langsam Spannung auf, die sich durch einige Wendungen zu steigern weiß. Dadurch wird das über 400 Seiten dicke Buch in der zweiten Hälfte doch noch relativ packend. Doch wer ein versierter Thrillerleser ist oder zumindest die wenig gekonnt versteckten Hinweise sieht, kann relativ schnell erahnen, was vor 20 Jahren passierte und wer heute die Mädchen getötet hat. Die Auflösung kann daher entweder begeistertes Staunen oder aber gelangweiltes Abnicken hervorrufen.

Fazit

Ein Thriller mit langer Anlaufphase. Die unsympathische Chloe als Ich-Erzählerin weiß leider nicht zu fesseln. Erst die Wendungen in der zweiten Hälfte des Buches können das Geschehen spannend werden lassen – aber nur, wenn man die allzu offensichtlichen Hinweise zum Täter überliest. So könnte das Buch für die versierte Thriller-Leserschaft eher enttäuschend sein, Neueinsteiger hingegen dürften das Debüt positiver sehen.

Das siebte Mädchen

Stacy Willingham, Rowohlt

Das siebte Mädchen

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