Felix Blom - Der Häftling aus Moabit

  • Limes
  • Erschienen: Oktober 2022
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Thomas Gisbertz
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2022

Ein ungewöhnliches Ermittlerpaar, eine spannende Geschichte und viel Zeitkolorit

Berlin, 1878: Jahrelang führte der Gauner Felix Blom die Polizei an der Nase herum. „Der Schatten von Berlin“, wie er genannt wurde, war der geheimnisvollste Einbrecher der Stadt. Er hielt die Hautevolee in Atem und brachte den ermittelnden Beamten nur Häme und Spott. Bis er vor drei Jahren plötzlich aufgrund einer vermeintlichen Unachtsamkeit verhaftet wurde. Doch Blom beteuerte stets seine Unschuld. Nun wird er aus der Isolierhaft aus Moabit entlassen. Allerdings erhält er die Auflage, binnen drei Tagen einen festen Wohnsitz und Arbeitsplatz nachzuweisen - ansonsten droht ihm erneut ein Gefängnisaufenthalt. Doch wer will einem verarmten Straftäter schon helfen?

Doch Blom hat eine Idee: Warum sich nicht mit der neuen Nachbarin zusammentun? Die ehemalige Prostituierte Mathilde führt eine Privatdetektei, allerdings sind die Aufträge rar, da man ihr als Frau diese Arbeit nicht zutraut. Ihr erster gemeinsamer Fall führt die beiden gleich auf die Spur eines mysteriösen Mörders, der seinen Opfern Briefe zukommen lässt, in denen er ihren Tod ankündigt. Als auch Blom eine solche Karte unter seiner Tür durchgeschoben bekommt, wird die Situation auch für den Meisterdieb lebensgefährlich.

Start der Felix-Blom-Reihe

Die österreichische Autorin Daniela Larcher, die unter dem Pseudonym Alex Beer veröffentlicht, hat Archäologie studiert und lebt in Wien. Bekanntheit erlangte die gebürtige Bregenzerin vor allem mit ihrer historischen Kriminalreihe um Inspektor August Emmerich, der kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges in Wien ermittelt. Die Reihe wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Österreichischen Krimipreis 2019 und dem Krimi-Publikumspreis des Deutschen Buchhandels MIMI 2020. Neben dem Wiener Kriminalinspektor hat Alex Beer mit dem jüdischen Antiquar Isaak Rubinstein eine weitere faszinierende Figur erschaffen, die in der Reihe „Unter Wölfen“ während des Zweiten Weltkriegs in Nürnberg ermittelt.

Charmanter Meisterdieb

Auch wenn Autorin Alex Beer erneut eine historische Kriminalreihe entwirft, erfindet sich die Wienerin in gewisser Weise neu - und das nicht nur, weil die Serie im Berlin der späten 1870er Jahre spielt. Der Roman um den Meisterdieb Felix Blom und seine Chefin, die Ex-Prostituierten Mathilde, ist leichter, unbeschwerter, als es ihre beiden bekannten Kriminalreihen vor dem Hintergrund der beiden Weltkriege sein können. Felix Blom, der Meister der Täuschung und Tarnung, der Mann mit den goldenen Fingern, ist eine Figur, die auf ganz besondere Weise fasziniert und fesselt. Dazu trägt Bloms ganz eigener Charakter bei, denn er hat etwas Freundliches an sich, strahlt Wärme und Gelassenheit aus. Gleichzeitig wirkt er selbstsicher, clever und charmant. Ein Gentleman-Dieb, der nur die ausraubt, die oftmals auf Grund ihres enormen Besitzes noch nicht einmal merken, dass ihnen etwas fehlt.

Zweckbündnis

Dass er nun als Aushängeschild für die Detektei M. Voss herhält, da man einer Frau in diesem Metier wenig zutraut, ist eine Win-Win-Situation für beide: Blom bekommt den dringend benötigten Job und Mathilde die notwendigen Aufträge.

Dabei weiß die selbstbewusste, Zigarren rauchende junge Detektivin auch so, wie man als Frau an Informationen kommt. Als Mathilde nämlich als Prostituierte einen Nebenbuhler ausspionieren sollte, merkt sie schnell, dass sie ein Talent für diese Art von Arbeit besitzt. Und wie es nicht anders zu erwarten ist, ergänzen sich Blom und Voss blendend oder wie Mathilde es so schön sagt: „Huren und Verbrecher sind Geschwisterkinder“. Es ist eine große Freude, sich mit beiden auf die Suche nach den Tätern quer durch das wilde, bunte Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu machen.

Vom gesuchten Gauner zum Detektiv

Zur Figur des Felix Blom inspirierte Alex Beer der abenteuerlustiger Franzose Eugène François Vidocq (1775-1857). Dieser war zunächst ein Krimineller, wie er im Buche steht, bis er später zum „Vater der modernen Kriminalistik“ und dem ersten Privatdetektiv der Geschichte wurde.

Bei der Lektüre des Romans begegnet man neben wunderbar skurrilen Typen und Berliner Originalen auch der ein oder anderen realen Person, wie den damaligen Polizeipräsidenten Guido von Madai. Die Autorin verknüpft des Weiteren ihre Handlung mit dem mysteriösen Selbstmord eines jungen Konditorgehilfen, der sich 1878 in Berlin ereignete.

Nicht nur hier beweist Beer, dass sie es meisterhaft versteht, die Grenzen zwischen Zeitgeschichte und Fiktion aufzulösen und den Leser in die faszinierende Welt eines Berlins an der Schwelle zur Modernen mitzunehmen. Die oftmals wunderbaren Dialoge, eine Prise Humor und Beers Liebe für das Detail tragen ihr Übriges zu einem gelungenen Roman bei. Auch wenn man doch recht früh ahnt, wohin die Suche nach dem Täter führt, erzählt die Autorin eine spannende und wendungsreiche Geschichte, die bestens unterhält. Und für den Schluss hebt sich Alex Beer noch eine große Überraschung auf.

Fazit

Alex Beer stellt erneut unter Beweis, warum sie die Meisterin des historischen Kriminalromans ist. Auch wenn ihr Sound diesmal ein ganz anderer ist, gelingt ihr erneut eine spannende Geschichte mit wunderbaren Figuren vor dem Hintergrund eines faszinierenden Berlins. Ein exzellent recherchiertes und packendes Gaunerstück. Besonderes das ungewöhnliche Ermittlerduo macht Beers neue Reihe so lesenswert.

Felix Blom - Der Häftling aus Moabit

Alex Beer, Limes

Felix Blom - Der Häftling aus Moabit

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