Der Strand: Vermisst
- rororo
- Erschienen: Dezember 2022
- 19
- Engelhardt & Krieger ermitteln 1
- Taschenbuch
- 368 Seiten
Hier werden nur Fährten gelegt
Die gehörlose Lilli verschwindet spurlos, nur ihr Fahrrad wird aus einem Tümpel geborgen. Die junge Frau lebte bei ihren Großeltern in Sellnitz auf dem Darß. Alle Ermittlungen scheinen ins Leere zu laufen, doch dann taucht eine merkwürdige Handy-Nachricht auf. Kriminalhauptkommissar Engelhardt und Kryptologin Mascha Krieger vom LKA Schwerin stehen vor einem Rätsel und die Zeit, Lilli lebend zu finden, schwindet von Tag zu Tag.
Eine Vielschreiberin und ihre neue Reihe
Karen Sander ist eines der Pseudonyme von Sabine Klewe. Die Vielschreiberin verfasst neben spannenden Einzel-Titeln und fesselnden Histo-Serien, vor allem Thriller und das ebenfalls in diversen Serien. Dass ihr gerade die Spannungsliteratur am Herzen zu liegen scheint, zeigt Klewe auch durch ihre Dissertation über die schottische Kriminalschriftstellerin Val McDemid. Jetzt beginnt sie mit der Engelhard-Krieger-Reihe eine neue Serie, die aber etwas anders aufgebaut ist als allgemein üblich.
Eine Woche im September
Die Ereignisse umfassen eine Woche im September. Die kurzen Kapitel geben aus unterschiedlichen Perspektiven das Geschehen wieder, wobei schon durch diese Auswahl einige Spannung aus der Geschichte genommen wird – mehr will ich hier aber nicht verraten. Leider treiben auch nicht alle Kapitel den Krimi voran. Manche wirken regelrecht redundant. Es werden unendlich viele Fährten in sehr viele Richtungen gelegt, die aber bis zum Ende des Buches alle nicht verbunden werden. So ist es relativ frustrierend, wenn das Buch sehr abrupt endet und man genauso schlau ist wie am Anfang. Das kann ganz schön unbefriedigend sein und den Verdacht schüren, dass alles erst im letzten Band der Trilogie aufgeklärt werden wird. Es ist jedenfalls eindeutig eine Aufforderung den Folgeband zu kaufen, vor allem nachdem sich auch noch ein Auszug davon im Anhang befindet. Doch das Konzept eines Serien-überspannenden Kriminalfalles könnte nicht das einzige K.O.-Kriterium für die Reihe sein.
Wenig Atmosphäre und mäßige Spannung
Sander wählt mit der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst einen einmaligen Handlungsort mit interessanter Vergangenheit. Doch diese wird nur am Rande erwähnt, genauso wie die Lage an Ostsee und Bodden kaum aufgegriffen wird. Sehr bedauerlich, denn so könnte die Geschichte überall am Wasser in der ehemaligen DDR spielen. Das ist in einem Krimi noch halbwegs verzeihlich, die vor sich hindümpelnde Spannung aber weniger. Was durchaus vielversprechend beginnt, wird mit jedem Kapitel weniger interessant. Daran schuld ist nicht nur der teilweise sehr langatmige Stil der Autorin, auch ihr Faible zu Cliffhangern tut hier sein Übriges. Kaum ein Kapitel kommt an seinem Ende ohne einen aus. Manche werden dann erst viel später wieder aufgegriffen, andere gar nicht. So werden unglaublich viele Fährten gelegt und Geheimnisse werden angedeutet, bis der finale Cliffhanger den 1.Band beendet. Das ist aber kein Spannungsbogen, sondern eher das Gegenteil – eine nervige Sache, die fesselnde Spannung verhindert.
Alle haben ihre Probleme
Tom Engelhardt ist Witwer und Vater einer 5-jährigen Tochter. Der Tod seiner Frau und die Probleme als Alleinerziehender machen ihn interessant und er ist auf jeden Fall einmal ein neuer Ansatz für einen Protagonisten in einem Krimi. Doch prompt muss gleich wieder eine eventuelle amouröse Verwicklung mit Mascha Krieger angedeutet werden. Ich hoffe, hier bekommt die Autorin noch die Kurve, bevor es zu seicht wird, denn Krieger ist als Protagonistin schon pauschal genug. Natürlich hat mal wieder sie als Frau Probleme mit ihren Vorgesetzten und muss sich gegen diese behaupten. Auch die Nebenfiguren bewegen sich eher im Bereich der üblichen Klischees oder werden einfach zu wenig charakterisiert. Namen, wie „Baby Face“, „Duke“, „Laurel“ und „Hardy“ müssen hier schon mal als Figurenzeichnungen genügen, wenn nicht gleich von einer gescheiterten Reporterin oder einem korrupten Bauunternehmer die Rede ist, die – wie sollte es anders sein – alle ihre Geheimnisse haben.
Fazit
„Der Strand – Vermisst“ bietet viele Cliffhanger und legt relativ unspektakulär unzählige Fährten. Das Geschehen scheint über alle Bände der Trilogie angelegt zu sein und dürfte damit wahrscheinlich erst mit dem letzten die Auflösung bringen. Ob man sich auf dieses Konzept einlassen will, muss jeder selbst wissen, jedoch dürften die mäßige Spannung und die wenig interessante Figurenzeichnung kaum dazu animieren.
Karen Sander, rororo
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