Stranded - Die Insel
- Lübbe
- Erschienen: März 2023
- 7
- Übersetzung: Dr. Holger Hanowell
- Taschenbuch
- 400 Seiten
Kurzweiliger, spannender Survival-Thriller.
Eigentlich wollte Madeline Holinstead auf der einsamen schottischen Insel Buidseach Island Abstand von Ihrem Leben gewinnen, um es endlich neu auszurichten. Doch verbringt sie hier nicht etwa einen entspannten Urlaub. Sie hat sich für „Die letzte Zuflucht“ angemeldet, einer neuen Reality-Show. Ein Jahr, acht Fremde, kein Kontakt zur Außenwelt, kein Proviant und keine moderne Ausrüstung. Natürlich geht das schief…
Sieben Tote, eine Überlebende
… und so wissen wir auch gleich zu Beginn, dass sich Dramatisches auf der Insel ereignen wird. Madeline erzählt rückblickend von den Ereignissen, knüpft dabei immer wieder kurz in der Gegenwart an - als einzige Überlebende.
Zugegeben, ich mag dieses - zwar bereits häufig und nicht nur literarisch verwertete - Setting und war entsprechend neugierig, was Sarah Goodwin in ihrem Thriller-Debüt daraus macht. Auch sie schickt erstmal eine Gruppe ausgewählter Personen auf unbekanntes Terrain. Mit karger Ausstattung sollen sie sich hier organisieren, für das gemeinsame Überleben und natürlich für Unterhaltung sorgen.
Insel-Abenteuer mit Lagerfeuer-Romantik…
Sarah Goodwin schafft eine gute Balance aus den Schilderungen des Insel-Alltags und der sich mit der Zeit verändernden Gruppendynamik. Die Abgeschiedenheit auf Buidseach Island wird stimmungsvoll eingefangen, ohne sie mit allzu vielen Details übermäßig auszuschmücken. Beinahe romantisch verklärt geht es nach der Ankunft auf der Insel zu. Alle Teilnehmer widmen sich in kooperativer Eintracht dem ungewöhnlichen Abenteuer, bringen ihre Stärken und Eigenheiten ein.
Die Charaktere sind zu Beginn noch äußerst austauschbar - Madeline eingeschlossen. Auf ihr hält Sarah Goodwin durchweg den Fokus, schärft ihre Figur mit Schilderungen aus der Vergangenheit. Madelines Elternhaus - und dort vor allem die Mutter - hat maßgeblich zu ihrer derzeitigen psychischen Verfassung beigetragen. Und so wird diese auch den Aufenthalt und das Miteinander auf Buidseach Island beeinflussen. Erst wenn der offensichtliche Antagonist positioniert wird, erhalten auch weitere Charaktere etwas mehr Substanz, bleiben aber insgesamt doch eher oberflächlich gezeichnet. Madeline sieht sich jedenfalls einer wachsenden Bedrohungslage gegenüber.
… wird zum tödlichen Alptraum.
Die Geschichte baut sich eher gemächlich auf, gewinnt dennoch kontinuierlich an Spannung durch das Wissen und die Erwartung, dass sich Schlimmes ereignen wird. In der Repetition von den Abläufen auf der Insel - Aufbau der Unterkünfte, Speisezubereitung, Diskussionen zur Verwendung von Ressourcen - mag Eintönigkeit aufkommen. Doch in diesen nuancierten Wiederholungen offenbaren sich das stetig wachsende Misstrauen und immer mehr zuspitzende Konflikte umso deutlicher. Aus einem sich verhärtenden Hierarchiekonstrukt entstehen erste Anfeindungen.
Kürzlich habe ich einen Comic rezensiert, der mich in manchen Aspekten der Figurenkonstellation an „Herr der Fliegen“ - den Klassiker von William Golding - erinnert. Und auch in „Stranded“ wird aus der weitläufigen Insel ein enger Mikrokosmos mit fragilem sozialen und psychologischen Geflecht unter besonderen Bedingungen. So spielt Sarah Goodwin wunderbar mit einfachen dramaturgischen Mitteln und entwirft aus ihnen dichte und eindringliche Momente, nah an ihrer Hauptfigur. Es bleibt kaum Zeit manche vermeintliche Lücke in der Logik oder auch fragwürdiges Verhalten zu hinterfragen. Die Reality-Show als eigentlicher Grund für die Zusammenkunft nimmt nur wenig Raum ein.
Vieles auf der Insel scheint vorhersehbar und doch, wenn sich Situationen dann wie vermutet entwickeln, schafft es Sarah Goodwin diese dennoch äußerst packend zu erzählen. Schade, dass das Ende dann doch die aufgebaute Spannung ausbremst und nicht ganz so knackig ausfällt, wie der Anfang noch versprochen hat.
Fazit
Hier wird das Genre sicher wieder nicht neu definiert. Aber Sarah Goodwin meistert ihr Debüt überaus souverän, geht fokussiert zu Werke und entführt uns mit ihrem kurzweiligen und geradlinigen Survival-Thriller auf das abgelegene Buidseach Island. Dort lässt sie uns mitfiebern, mit einer jungen Frau, deren Aufenthalt sich schon bald zu einer wahren Tour de Force entwickelt.
Sarah Goodwin, Lübbe
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