Der Kriminalist (Der erste Fall für Detective Cross)
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2023
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- Der erste Fall für Detective Cross
- Übersetzung: Frauke Meier
- Originaltitel: "The Dentist (DS Cross 1)"
- Taschenbuch
- 496 Seiten
Reihenstart um einen ganz besonderen Ermittler
DS George Cross ist ein etwas anderer Ermittler: Dank seiner Besessenheit für Logik, Muster und jedes noch so kleine Detail, löst er fast jeden Fall. Diese Regelversessenheit ist genau das, was ihn zu einem der erfolgreichsten Ermittler von Somerset und Avon macht. Er hat enorme deduktive Fähigkeiten und ist bereits jetzt eine Legende im Verhörraum. Cross ist bekannt dafür, anders an die Fälle heranzugehen und vieles aus einem anderen Winkel zu betrachten. Gleichzeitig bereiten ihm soziale Kommunikation und Interaktion große Schwierigkeiten; Empathie ist ihm ebenso fremd wie ein Verständnis für Ironie. Für seine Kollegen ist der Umgang mit ihm oft schwierig. Dies alles hat einen Grund: DS George Cross hat Asperger, eine milde Form von Autismus.
Als eine Leiche in den Clifton Downs bei Bristol gefunden wird, hegt er sofort Zweifel, als seine Kollegen zu dem Schluss kommen, dass der Tod des Mannes die Folge eines Streits unter Obdachlosen sein müsse. Cross und seine Kollegin DS Ottey beginnen, in der Vergangenheit des Opfers zu graben, und müssen erkennen, dass es Verbindungen zu einem alten Fall gibt. Einem Mord, der fünfzehn Jahre nicht aufgeklärt wurde. Hat der Täter erneut zugeschlagen? Cross bereitet nicht nur die Suche nach dem Mörder Probleme. Auch so mancher Kollege kann mit dem exzentrischen Detective wenig anfangen.
Alleskönner Tim Sullivan
Der Engländer Tim Sullivan ist nicht nur Schriftsteller, sondern vor allem ein erfolgreicher Drehbuchautor, Regisseur und TV-Produzent, der unter anderem an den Filmen „Jack & Sarah“ und „Briefe an Julia“ mitwirkte. Zudem hat er Real- als auch Animationsfilme für Hollywood geschrieben. Tim Sullivan wurde in Deutschland geboren, wo sein Vater bei der Royal Air Force stationiert war. Heute lebt er mit seiner Frau, der Emmy-Gewinnerin und Produzentin Rachel Purnell, im Norden Londons.
Seine Reihe um den sozial unbeholfenen, aber brillanten und äußerst beharrlichen DS George Cross erfreut sich in Großbritannien großer Beliebtheit. Dort sind bereits fünf Romane um den unorthodoxen Ermittler erschienen, zuletzt im November 2022 „The Politican“.
Der etwas andere Ermittler
Wer die neue Krimireihe des Engländers Tim Sullivan liest, merkt schnell, dass hier nicht die Handlung, sondern der ungewöhnliche Ermittler DS Cross im Mittelpunkt steht. Um ihn dreht sich der gesamte Roman. Dabei ist der Plot durchaus gelungen, aber eben weniger speziell als der Protagonist. Unweigerlich fühlt man sich beim Auftreten des Polizeihauptmeisters aus Bristol an Adrian Monk, die Hauptfigur der gleichnamigen US-Serie, erinnert. Auch wenn Cross - anders als Monk - nicht unter diversen Phobien leidet, zeigen sich bei beiden gewisse Zwangsstörungen bzw. Rituale (z. B. beim Essen oder festen Terminen) sowie Probleme im Umgang mit Menschen. Beide Protagonisten zeichnen sich aber - auch wegen ihrer Genauigkeit und Besessenheit - als kluge, intelligente Ermittler aus.
Dem passionierten Orgelspieler Cross zur Seite gestellt wird DS Ottey, eine alleinerziehende, taffe Ermittlerin, die anscheinend die Einzige in der Abteilung ist, die es mit dem ungewöhnlichen Kollegen aushält. Dabei würde sie lieber heute als morgen mit einem anderen Partner zusammenarbeiten. Sie übernimmt die Funktion der Vermittlerin, wenn es bei Gesprächen mit Zeugen oder Verdächtigen zu Problemen kommt oder wenn Cross mit seiner besonderen Art beim Chef der Abteilung, DSI Carson, aneckt. Der 35-jährige Carson will nämlich noch hoch hinaus, da kann und will er sich das exzentrische Verhalten seines Ermittlers nicht leisten. Nicht vergessen werde darf die junge PSI-Auszubildende Alice Mackenzie, der es zunächst sehr schwerfällt, mit der direkten, wenig einfühlsamen und oftmals schroffen Art von Cross klarzukommen. Aber auch sie lernt schnell, sich mit der speziellen Art des beharrlichen Ermittlers zu arrangieren.
Erfolgreich trotz Einschränkungen
Zugegeben: Man braucht etwas Zeit, um mit der Figur des George Cross warm zu werden. Dies liegt weniger an seiner Art, Fälle anzugehen und Zeugen zu befragen, sondern vielmehr an der Ambivalenz seines Auftretens und der Fülle an „Informationen“, die der Autor dem Leser anfänglich über seine Hauptfigur und das Asperger-Syndrom vermittelt. Dies lenkt zunächst auch von der eigentlichen Ermittlungsarbeit und dem Mordfall ab. Tim Sullivan gelingt der Spagat aber zunehmend besser. Mehr noch: Der Autor macht deutlich, dass die Diagnose Asperger und die Tätigkeit als erfolgreicher Sergeant kein Widerspruch sein müssen. Im Gegenteil: Es wird sogar deutlich, wie zielführend und gewinnbringend Cross in seinem Beruf arbeitet - trotz seiner Einschränkungen.
Denn letztendlich ist es der Beharrlichkeit und Akribie eines DS Cross, der stets mit dem Fahrrad unterwegs ist und dabei aussieht wie eine Neowerbung für ein kommunales Fahrradsicherheitstraining, zu verdanken, dass der komplexe Fall auch internen Widerständen zum Trotz gelöst wird.
Fazit
Tim Sullivan gelingt mit dem Auftakt seiner Detective-Cross-Reihe ein besonderer Kriminalroman mit einem durchaus faszinierenden Ermittler und mit typisch britischer Spannung. Besonders überzeugt der Autor aber mit einer authentischen Figurendarstellung, die ebenso feinfühlig wie direkt ist. Man darf auf die nächsten Fälle um DS Cross gespannt sein.
Tim Sullivan, Blanvalet
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