Tod in Siebenbürgen
- Eichborn
- Erschienen: Januar 2023
- 15
- Paul Schwartzmüller ermittelt 1
- Paperback
- 400 Seiten
Krimigeschehen spielt nur die zweite Geige
Paul Schwartzmüller ist ein „Heruntergekommener“: Der Siebenbürger Sachse verließ als Jugendlicher mit seinem Vater Rumänien in Richtung Deutschland. Bis dahin hatte er die Sommer bei seiner Tante Zinzi verbracht, auf ihrem Hof in einem kleinen Dorf in Siebenbürgen. Jetzt ist Tante Zinzi tot und Paul macht sich auf den Weg, um sein Erbe anzutreten. Doch seine Rückkehr nach so langer Zeit wird von den Dorfbewohnern kritisch betrachtet. Lediglich sein Jugendfreund Sorin scheint sich wirklich zu freuen. Als man im Dracula-Schloss Bran einen Toten entdeckt, wird ausgerechnet Sorin des Mordes verdächtigt. Investigativ-Journalist Paul kann das nicht glauben und beginnt mit eigenen Recherchen, die ihn immer tiefer in die lokalen Probleme und die eigene Familiengeschichte führen.
Die Autorin
Lioba Werrelmann arbeitete für verschiedene Tageszeitungen als Redakteurin und Kommentatorin. Doch eine Erkrankung zwang sie etwas ruhiger zu treten – sie wurde Autorin. Unter dem Pseudonym Lilly Beistein verfasste die passionierte Schreiberin zahlreiche historische Romane, bevor sie mit „Hinterhaus“ ihr preisgekröntes Krimi-Debüt ablieferte. Mit „Tod in Siebenbürgen“ beginnt sie eine ganze Krimi-Serie, in der Journalist Paul Schwartzmüller Fälle lösen soll.
Siebenbürgen ist der Protagonist in diesem Krimi
Eigentlich ist Paul Schwartzmüller die Hauptfigur – leicht verschusselt und den kulinarischen Köstlichkeiten Rumäniens sehr zugetan, tappt er von einem Fettnäpfchen ins nächste, meist mit drückendem Magen und alkoholumnebeltem Hirn. Ein gut gelungener liebenswerter Chaot, den man gerne begleitet. Doch im Gegensatz zu ihm, schwächeln die Nebencharaktere gewaltig. Zu sehr wird hier in der Klischeekiste gekramt. Herauskommen ist eine zusammengewürfelte Dorfgemeinschaft aus Rumänen und Siebenbürger Sachsen, die entweder tief im Volksglauben verharren oder skrupellosen Geschäften nachgehen. Und natürlich dürfen auch die rumänischen Sinti und Roma, die Ţigani, nicht fehlen. Doch der eigentliche Protagonist ist Siebenbürgen, die Region in Rumänien, die von den Deutschstämmigen und von Vlad Tepes oder besser Dracula, dem Fürsten der Finsternis aus der Feder Bram Stokers, geprägt ist.
Werrelmann taucht tief in die Welt der Siebenbürger Sachsen ein. Der alte Volksglaube, Vampire, Strigoi und Nachzehrer werden genauso bemüht, wie die einzigartige Architektur der Region. Die deftige Küche und der anscheinend unausweichliche Schnapsgenuss tun ihr Übriges, um auch hier alle Klischees, die man mit Rumänien verbindet, abzuarbeiten. Die Autorin scheint ganz vernarrt in diesen Landstrich zu sein. Keine Seite vergeht, ohne dass ein Gericht oder ein dörfliches Detail erwähnt wird.
Die Krimi-Handlung kommt zu kurz
Leider leidet dadurch die Krimi-Handlung und natürlich zwangsläufig die Spannung. Pauls Recherchen gehen zwischen Essen, leichter Verliebtheit und den erwähnten allgegenwärtigen Fettnäpfchen fast unter. Die Frage, wer für den Toten in Schloss Bran verantwortlich ist, scheint für Paul nur marginal wichtig und damit für die Leserschaft auch. Und wenn es doch einmal ein wenig knifflig wird, verrennt sich die Autorin auch hier in Klischees und bemüht die tragische Geschichte Rumäniens zu sehr. Die Zeit der Diktatur, die grauenhaften Zustände der Waisenhäuser und die Korruption in heutiger Zeit lassen kaum Platz für eine spannende selbstständige Geschichte. Obwohl Werrelman unterschiedliche Perspektiven einsetzt und sogar Humor hier und da aufblitzen lässt, ist „Tod in Siebenbürgen“ eher ein laues Unterhaltungs-Lüftchen als ein packender Krimi. In diesem Zusammenhang passt auch die wenig aufregende Lösung der ganzen Misere zum Rest der Geschichte.
Fazit
Ein Krimi, bei dem die Handlung zu sehr von der Geschichte und den Bräuchen Siebenbürgens bestimmt wird. Wer mehr über diese Region in Rumänien erfahren will, ist hier genau richtig. Wer aber einen spannenden Krimi erwartet, wohl eher weniger. Wo der zweite Teil der Serie spielen wird, ist fraglich, jedoch hoffe ich, dass Lioba Werrelmann dann mehr Gewicht auf eine spannende Handlung legt als auf gutes Essen und bizarren Volksglauben.
Lioba Werrelmann, Eichborn
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