Wand des Schweigens
- Lübbe
- Erschienen: September 2022
- 1
Wieder werden Vergangenheit und Gegenwart verknüpft
Arnaldur Indriðason ist mittlerweile mit etlichen renommierten Preisen ausgezeichnet. Sein Talent, einen Krimi auch ohne großes Blutvergießen und Schießereien spannend zu schreiben, zeigt er auch in dem inzwischen vierten Teil der Konráð-Reihe.
Ein Loch in der Wand und ein Räucherofen …
… das sind eigentlich die beiden Protagonisten in diesem Krimi. In einem Reykjavíker Wohnhaus stürzt eine Kellerwand ein, die über lange Zeit ein grausiges Geheimnis barg. Der ehemalige Kommissar Konráð versucht auf Drängen seiner Freundin Eygló mehr zu erfahren, doch seine Ex-Kollegen schweigen. Daher verlegt sich Konráð wieder auf die Suche nach dem Mörder seines Vaters, was ihm erst einmal eine ungeahnte Anschuldigung einbringt und dann zeigt, dass vielleicht beide Fälle zusammenhängen könnten. Hatte sein Vater und dessen Mörder etwas mit dem Fund hinter der Wand zu tun? Und wer war es, der sich nach dem Mord an seinem Vater im Räucherofen versteckte?
Unaufgeregt und dennoch spannend – wie immer
Es dürfte sich in den Kreisen der Krimi-Leserschaft herumgesprochen haben, dass Indriðasons Bücher nichts für Action-Fans und Massaker-Liebhaber sind. Doch gerade der sehr unaufgeregte Schreibstil benötigt andere Mittel um Spannung zu erzeugen und diese dann auch zu halten. Das schafft der Autor durch geschicktes Switchen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Mit jedem Rückblick wird die Verbindung zu heute offensichtlicher und der Fall immer komplexer und spannender. Allerdings nimmt Konráðs Suche nach dem Mörder seines Vaters dieses Mal einen sehr großen Teil der Geschichte ein. Doch auch das bringt die Reihe nicht nur in dieser Beziehung voran, sondern treibt auch die Figurenzeichnung noch ein Stück weiter. Konráð ist kein sehr sympathischer Zeitgenosse, was jetzt noch deutlicher wird. Er lügt seinen Sohn an; stößt Andere ohne Skrupel vor den Kopf; trinkt und raucht zu viel und war scheinbar schon als Jugendlicher ein ziemliches Ekel. Dennoch kann er sich mehr als alle anderen in die Ermittlungen denken und löst natürlich dadurch den Fall rund um das Loch im Keller, das in einer Wand des Schweigens klafft.
Krimi mit Gesellschaftskritik
In den Krimi, der immer mehr an Fahrt aufnimmt, schafft es Indriðason wieder einmal gehörig viel Gesellschaftskritik einzubringen. Der Drogen- und Alkoholkonsum auf Island, gerade in der dunklen Jahreszeit, wird wieder einmal deutlich und die Gewalt gegen Frauen und die Scham darüber dürfte, wie auch die relative Aussichtslosigkeit in Bezug auf Arbeit, nicht nur in der Vergangenheit Thema gewesen sein. Außerdem dürfen wir aber auch wieder einen kritikfreien Blick auf die Isländische Gesellschaft werfen und erfahren so einiges über die Menschen, die hier lebten und leben und über ihre Denkweisen und Traditionen.
Fazit
In „Wand des Schweigens“ verknüpft Arnaldur Indriðason wieder einmal Vergangenheit und Gegenwart, lässt Einblicke in die Gesellschaft Islands mit ihren Problemen zu und schafft dadurch einen unwiderstehlichen Krimi, der zwar ruhig und bedächtig erzählt wird, aber immer mehr an Spannung gewinnt. Da Konráð den Mörder seines Vaters noch immer nicht gefunden hat, dürfen wir uns auf eine Fortsetzung der Reihe freuen.
Arnaldur Indriðason, Lübbe
Deine Meinung zu »Wand des Schweigens«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!