Natrium Chlorid
- Der Audio Verlag
- Erschienen: November 2021
- 12
Thriller mit ein paar Durchhängern
Vielschreiber Jussi Adler-Olsen legt mit „Natrium Chlorid“ seinen mittlerweile 9. Fall für das Sonderdezernat Q und damit für Carl Mørck und sein ungewöhnliches Team vor.
Ein alter Fall wird schnell wieder aktuell
Eine Frau begeht an ihrem 60. Geburtstag Selbstmord. Ihre Geschichte führt zur Wiederaufnahme eines Falles aus dem Jahr 1988. Schnell wird Carl Mørck und seinem Team klar, dass hier ein perfider Serientäter am Werk sein muss, der bereits seit Jahrzehnten tötet. Als alles auf ein weiteres Opfer in absehbarer Zukunft hinweist, gerät das Sonderdezernat Q in Zeitnot, denn nicht nur der Fall macht ihnen zu schaffen auch das Corona-Virus und Anschuldigungen gegen Carl machen ihnen das Leben und die Ermittlungen schwer.
Perspektiven werden ständig gewechselt
Obwohl die Ermittlungen und damit die eigentliche Geschichte einen relativ kurzen Zeitraum von nur wenigen Tagen im Dezember 2020 umfassen, muss sich der Hörer auch mit der Vergangenheit befassen. In zahlreichen Rückblicken, die nicht unbedingt chronologisch sind, werden Vorkommnisse beschrieben, die für die Gegenwart relevant sind. Und nicht nur das, auch die Protagonisten dieser Rückblicke sind immer andere. Dazwischen begleiten wir Rose, Gordon, Carl und Assad bei ihren akribischen Ermittlungen. Diese Wechsel könnten eine Bereicherung für die Geschichte sein und wären geeignet, die Spannung kontinuierlich hoch zu halten. Doch leider hat dieser kleine Trick nicht gezündet.
Der Thriller schwächelt im Mittelteil enorm
Der Beginn des neuen Falles ist fulminant und bindet den Zuhörer gleich an das Geschehen. Doch zu schnell offenbart sich der Täter und die Spannung wird nur noch aus der Frage generiert, ob Carl und Co. ihn schnell genug fassen können, bevor er erneut tötet.
So wird der Mittelteil des Thrillers doch sehr zäh. Zwar ist es spannend, wie das Team immer mehr Details zutage fördert, die zudem mehr als ungewöhnlich sind, doch unnötig lange Erörterungen lassen die mühsam aufblitzende Spannung immer wieder in sich zusammenfallen. Hier hätte eine fesselnde Stimme noch so einiges aus dem spannungsarmen Text herausholen können. Doch Wolfram Koch liest mit einer absolut sonoren Stimme, mit nur wenig Modulation und nicht selten in einer, wie ich es empfand, falschen Betonung. Diese Monotonie ergänzt damit den wenig packenden Text auf bedauerliche Weise und fordert das Durchhaltevermögen des Zuhörers enorm, denn immerhin sind über 16,5 Stunden durchzuhalten!
Erst zum Schluss wird es wieder packend und selbst Kochs unmotivierte Lesung verhindert nicht, dass man nun doch noch gefesselt ist.
Typischer aber irritierender Stil
Das Sonderdezernat Q ist ein ungewöhnliches Team mit ganz besonderen Ermittlern. Auch wenn man ihnen jetzt zum ersten Mal begegnet, ist schnell klar, dass hier wahre Individualisten am Werk sind. Chef Carl ist eigentlich ein Einzelgänger, kämpft mit seinem Zigarettenkonsum und wird ausgerechnet jetzt von seiner Vergangenheit eingeholt, die ihm große Schwierigkeiten bereitet. Assad hat mit seiner aus dem Irak geflohenen Familie auch Probleme, haut wieder einen Kamelwitz nach dem anderen raus und wartet mit ganz speziellen Wortverdrehungen auf. Gordon als Jüngster im Team verkörpert die nächste Generation von Ermittlern, mit gekonntem Umgang mit den neuen Medien, jedoch noch viel Lernbedarf in anderen Bereichen. Rose als einzige Frau im Team, ist wie immer mürrisch und impulsiv unterwegs, aber damit ein Gegenpol zum bedacht agierenden Carl.
Adler-Olsen bleibt seinen Protagonisten treu, genauso wie seinem gewöhnungsbedürftigen Stil. Ausschweifend und teilweise sehr langatmig schildert er das Geschehen. Dabei fallen vor allem die Dialoge auf, die so wohl kaum in der Realität ablaufen würden – mit zahlreichen Nebensätzen gespickt und wenig umgangssprachlich, sind sie in einer peniblen Schriftsprache abgefasst, die sie teilweise fast schon absurd erscheinen lassen.
Fazit
„Natrium Chlorid“ ist ein Thriller mit einigen Durchhängern im Mittelteil, die durch die sonore Stimme mit wenig Modulation des Sprechers Wolfram Koch leider nicht aufgefangen werden. Wer die Serie um das Sonderdezernat Q bis hierher verfolgt hat, wird auch diesen 9. Fall hören wollen und sich auf die, im Schluss schon in Aussicht gestellte Fortsetzung der Reihe freuen. Für alle anderen dürften die mehr als 16,5 Stunden Hördauer eine Herausforderung werden.
Jussi Adler-Olsen, Der Audio Verlag
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