Die Blutliste (Martin Abel 4)

  • Lübbe
  • Erschienen: August 2022
  • 8

- Taschenbuch

- 400 Seiten

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Thomas Gisbertz
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonOkt 2022

Spannend, brutal, abstoßend - Die langersehnte Fortsetzung der Martin-Abel-Reihe

Friedhof Köln-Worringen, kurz nach Mitternacht, Dauerregen. Als der Friedhofswärter Jan Willner von seinem Chef gebeten wird, wegen verdächtiger Beobachtungen trotz des nasskalten Aprilwetters einmal nachzuschauen, ahnt er noch nicht, welch grässlicher Anblick sich ihm bieten wird: Er findet in einem Grab die entsetzlich zugerichtete Leiche eines Mannes: Das Opfer wurde gepfählt und ihm wurde die Gesichtshaut abgezogen.

Wie sich später herausstellen wird, ist gleichzeitig der Leichnam einer jungen Frau, die dort begraben sein sollte, verschwunden. Auch sie war das Opfer einer Bluttat. Welche Verbindung gibt es zwischen den Toten? Konrad Greiner, Hauptkommissar beim K11, weiß, dass ihm nur ein alter Bekannter helfen kann: Fallanalytiker Martin Abel. Dieser wird umgehend vom LKA in Stuttgart nach Köln beordert. Er findet heraus, dass Spuren auf einen lange zurückliegenden Mord weisen - und dass der Schlüssel zur Klärung des aktuellen Falls in der Familie dieses allerersten Mordopfers liegen muss.

Aber dann wird ein weiterer verstümmelter Toter in einem fremden Grab gefunden und Abel erkennt, dass das nächste Opfer schon auf der Liste steht. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt und der Täter scheint ihm immer einen Schritt voraus zu sein.

Fortsetzung nach langer Pause

Rainer Löffler, geb. 1961 und im „Hauptberuf“ technischer Kaufmann, begann mit dem Schreiben beim deutschen MAD-Magazin unter Herbert Feuerstein. Danach folgten einige erfolgreiche Science-Fiction-Romane für die Serien „Atlan“ und „Perry Rhodan“. Gleich sein erster Thriller „Blutsommer“ (2012, erschienen bei Rowohlt, 2022 bei Lübbe neu aufgelegt) landete auf Platz 12 der Spiegel-Bestsellerliste. Nach „Blutdämmerung“ (2014) wurde die Reihe beim Lübbe Verlag 2017 mit „Der Näher“ fortgesetzt. Nun erscheint nach fünf Jahren Pause der vierte Thriller um den Fallanalytiker Martin Abel.

Brutale Gräueltaten

Die Fans der Reihe um den Fallanalytiker Martin Abel haben lange warten müssen, bis nun der neue Band erschien. Aber es hat sich gelohnt, denn „Blutliste“ steht den Vorgängerbänden in nichts nach. Wer mit der Reihe nicht vertraut ist, sollte aber wissen, dass diese keine leichte Kost ist. Ähnlich wie der Smoky-Barrett-Zyklus des amerikanischen Autors Cody McFadyen oder Chris Carters Thriller-Reihe um Ermittler und Profiler Robert Hunter sind die Fälle des Martin Abel nichts für Zartbesaitete. Rainer Löffler liebt es nämlich, tief in den Abgrund der menschlichen Seele zu blicken und den Leser daran teilhaben zu lassen. Wer sich von chirurgischen Experimenten, mittelalterlichen Foltermethoden und dem Fluchtverhalten von Nagetieren nicht abschrecken lässt, der wird den aktuellen Roman nicht aus der Hand legen können.

Fallanalytiker und verzweifelter Vater

Es fällt auf, dass sich Martin Abel im Laufe der Reihe weiterentwickelt hat. Aus dem einstigen „Kotzbrocken“ und Einzelgänger wird zunehmend ein mit seinem Schicksal hadernder Mann, der kurz davor steht, erneut Vater zu werden. Seine besondere Fähigkeit, winzigste Details der Tathergänge zu erkennen, machen ihn zu einen der Besten seiner Zunft - auch wenn er dafür ständig mit dem Tod konfrontiert wird.

Diesmal ist dies allerdings nicht nur seinem Beruf geschuldet, denn er stößt auch unverhofft auf Hinweise zu einem Flugzeugabsturz vor fünf Jahren in Las Vegas, bei dem seine fünfzehnjährige Tochter Sarah starb. Diesen Tag kann und will er einfach nicht vergessen und das schreckliche Ereignis quält ihn fortwährend. Dadurch wird Abels verletzliche Seite zunehmend deutlich.

Starke Dialoge

Unterstützung erhält Abel auch diesem Mal von der Gummersbacher Polizistin Doris Stange, die ihm und seiner Freundin Hannah vor wenigen Monaten das Leben gerettet hat („Der Näher“). Die ironischen, überaus unterhaltsamen Gespräche zwischen den beiden ungleichen Typen stellen eine willkommene Abwechslung zu den doch oftmals recht harten und kaum zu ertragenden Folterszenen des psychopathischen Täters dar. Abel weiß, dass er sich blind auf Stange verlassen kann - beruflich wie auch als Freundin. Denn keinem gegenüber ist der Fallanalytiker so offen und ehrlich.

Unnötige Brutalität

Wenn man die Romane Löfflers liest, fragt man sich, warum er die dunklen Seiten seiner Täter und ihre Gräueltaten derart detailliert darstellen muss, zumal sie in keiner Weise zur Profilierung der Mörder beitragen. Dies gelingt dem Autor wie in diesem Fall eher mithilfe der Dialoge, die Opfer und Täter miteinander führen. Hier ist Löffler meist präzise und zeigt die tief verletzte, aber wütende und auf Rache sinnende Seele des Mörders. Der Rest ist eher Effekthascherei. Aber es ist wohl gerade diese hemmungslose, übersteigerte Darstellung, die einige Leser an der Reihe besonders mögen. Man muss diese Szenen aber aushalten können.

Fazit

Eine spannende, aber erneut überaus brutale Fortsetzung der Reihe um den Fallanalytiker Martin Abel. Der Roman ist nichts für Zartbesaitete, überzeugt aber mit einer wirklich guten Story und einigen Überraschungen. Fans der Reihe werden jedenfalls begeistert sein.

Die Blutliste (Martin Abel 4)

Rainer Löffler, Lübbe

Die Blutliste (Martin Abel 4)

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