Sanatorium des Todes

  • Ullstein
  • Erschienen: Januar 1980
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Originalausgabe erschienen unter dem Titel „Ellery Queen, Master Detective“/„The Vanishing Corpse“

- New York : Grosset & Dunlap 1941

- Frankfurt/Main : Ullstein Verlag (Ullstein Krimi 1306/1307 = Doppelband mit „Rosa unter den Geranien“ von William C. Gault]. Übersetzung: Brigitte Fock. 125 [bzw. 193] Seiten. [keine ISBN]

- Frankfurt/Main - Berlin - Wien : Ullstein Verlag 1974 (Ullstein Krimi 1601). Übersetzung: Brigitte Fock. 125 Seiten. ISBN-10: 3-548-01601-4

- Frankfurt/Main - Berlin - Wien : Ullstein Verlag 1980 (Ullstein Krimi 10093 = Dreifachband „Ellery Queen“ mit „Besuch in der Nacht“ u. „Mord im 9. Monat“]. Übersetzung: Brigitte Fock. 125 Seiten. ISBN-10: 3548100937 / 9783548100937

Sanatorium des Todes
Sanatorium des Todes
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Michael Drewniok
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2021

Testament wird Todesurteil

„In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“ - dies ist John Browns Devise. Er lebt sie nicht nur, was ihm einen Athletenkörper bescherte, sondern konnte sie auch in blanke Münze verwandeln: Ratgeber und Nahrungszusätze haben ihn reich gemacht. Wer sich direkt von ihm ‚behandeln‘ lassen will (und es sich leisten kann), checkt im „Tempel der Gesundheit“ ein. Der Mensch John Brown ist allerdings ein Despot und Widerling, der die eigene Tochter aus dem Haus ekelte. Barbara ist bei einer Freundin, der angehenden Schriftstellerin Nikki Porter, untergekommen und hadert mit ihrem Schicksal, das u. a. darin besteht, mit Dr. Jim Rogers verlobt zu sein, der für ihren Vater arbeitet. Selbstverständlich ist Brown gegen die Verbindung.

Als ausgerechnet bei Brown eine unheilbare Krankheit festgestellt wird, fühlt er sich verraten und will sein lukratives Imperium liquidieren. Seine Mitarbeiter betrachtet er als Versager, die er auf die Straße setzt. In seinem neuen Testament bedenkt er nur seine Gattin, während Barbara enterbt wird. Dies alles verkündet Brown den Betroffenen schadenfroh in großer Runde. Kurz darauf liegt er mit durchschnittener Kehle in seinem von innen verschlossenen Arbeitszimmer.

Tatverdächtig ist ausgerechnet Nikki Porter, die sich neugierig ins Sanatorium und in Browns Räumlichkeiten geschlichen hat. Als der Hausherr plötzlich dort auftauchte, hat sie sich in einem Schrank versteckt und vom Mord nichts bemerkt; nun sitzt Nikki mit der Leiche fest. Der Privatdetektiv Ellery Queen kann sie erst einmal vor der Festnahme bewahren. Doch die Polizei weiß von Nikki und ist ihr, der Hauptverdächtigen, hart auf den Fersen. Die Zeit drängt, während Queen versucht, wider sämtliche Indizien Nikkis Unschuld zu beweisen und den wahren Täter zu überführen …

Große Namen, kleiner Rahmen

Anfang der 1940er Jahre war Ellery Queen als Figur fest in der Kriminalliteratur und im Radio-Hörspiel verankert. Auch das Kino hatte ihn keineswegs übersehen, doch obwohl das Autorenduo Frederick Dannay und Manfred B. Lee sogar nach Hollywood zog und dort an Drehbüchern arbeitete, gipfelte jahrelange Mühe nur in zwei schnell vergessenen EQ-Filmen (1935 und 1937). Erst 1941 zeigte das Studio Columbia Interesse an einer ganzen Serie jener kostengünstigen B-Movies, die man im Kino vor dem ‚Hauptfilm‘ zeigte. Sie wurden in den ‚Rest-Kulissen‘ ‚großer‘ Filmproduktionen heruntergekurbelt; oft entstanden mehrere Streifen jährlich.

Die Ellery-Queen-Serie sollte zunächst acht Folgen umfassen. Obwohl der Sparstrumpf diktierte, arbeiteten vor und hinter der Kamera hochprofessionelle Leute. Ellery Queen, Master Detective - der Auftaktfilm - wurde von Kurt Neumann (1908-1958) inszeniert, der als Regisseur u. a. die Phantastik-Klassiker Rocketship X-M (1950, Rakete Mond startet) und The Fly (1958, Die Fliege) realisierte.

Die Hauptrolle ging an den viel beschäftigten, aber weiterhin auf den Durchbruch wartenden Ralph Bellamy (1904-1991), der nach dem vierten Film durch William Gargan (1905-1979) ersetzt wurde. 1942 starb Produzent Larry Darmour, die treibende Kraft hinter der Serie. Aufgrund des ohnehin moderaten Publikumsinteresses setzte Columbia die insgesamt siebenteilige Reihe ab. (Ellery Queens Stunde kam - nach dem Zweiten Weltkrieg und mit dem Triumphzug des Fernsehens.)

Was machen die mit unserem Kind?

Die Ellery-Queen-Filme entstanden - den Gesetzen Hollywoods folgend - ohne direkte Mitwirkung der Schöpfer, die ihre 1928 geschaffene Figur eigentlich am besten kannten. Obwohl Dannay & Lee als Drehbuchautoren tätig waren - so arbeiteten sie 1941 (ungenannt) am Script des Films Shadow of the Thin Man (Der Schatten des dünnen Mannes) mit - wurde das Buch für Ellery Queen, Master Detective vom Routinier Eric Taylor (1897-1952) verfasst - nach Schema F.

Columbia interessierte sich nicht für einen penibel ermittelnden Detektiv. Aus Ellery Queen wurde ein Klischee-Held - jung und energisch, der mit einem Witz auf den Lippen die jeweiligen Strolche (ebenfalls Flach-Figuren) aufmischte. Selbstverständlich konnte ein solches Mannsbild nicht ohne Frau an seiner Seite bleiben: Als „love interest“ wurde Queen Nikki Porter zugewiesen - als ‚Privatsekretärin‘, denn selbstverständlich musste sich diese Beziehung im zeitgenössisch engen Rahmen des Schicklichen bewegen. Die unterschätzte Margaret Lindsey (1910-1981) übernahm die undankbare Rolle in sämtlichen Filme der Reihe.

Während sie sich zunehmend frustriert in Hollywood abmühten, schrieben Dannay & Lee mehrere Ellery-Queen-Romane, die von ihren Erfahrungen in der Filmstadt profitierten. Für die Romane zur Serie wurden sie nicht herangezogen. Ellery Queen, Master Detective, der hierzulande unter dem Titel Sanatorium des Todes erschien, wurde von Lawrence Dwight Smith (1895-1952) ‚geghostet‘. Er war ein Vielschreiber, der vor allem für die „Pulps“ textete sowie knappe Termine einhalten konnte.

Erinnert immerhin an die Vorlage

Nach dieser ausführlichen, aber notwendigen (und hoffentlich interessanten) Einleitung ist klar, wieso sich Sanatorium des Todes so gar nicht wie ein ‚echter‘ Ellery-Queen-Krimi liest: Von einem komplexen Fall, der durch intensives Nachdenken und Ermitteln gelöst wird, kann keine Rede sein. Auf der Leinwand ist Bewegung wichtiger als die endlose Sichtung von Indizien, Dialoge finden weniger zwischen dem Ermittler und den Verdächtigen statt, sondern spiegeln lautstark ausgetragene Konflikte oder zweideutiges Balzen wider - denn Ellery Queen ist hier ‚ein ganzer Mann‘, der sich zwar mit seinem Vater eine Wohnung teilt, aber ein schnittiges Cabriolet fährt und auch sonst ganz auf der Höhe seiner Zeit ist.

Dazu gehörte (nicht nur 1941) das manische Flirten mit hübschen „Mädchen“, was über Wortgefechte natürlich nie hinausging. Um Ellery Queen diesbezüglich zu erden, wurde ihm Nikki Porter zur Seite gestellt (bzw. als Mühlstein um den Hals gehängt). Sie existierte auch in den ‚echten‘ EQ-Romanen, wo sie - vorsichtig - in die Rolle einer beziehungslockeren Dauerfreundin schlüpfte. In der Filmreihe von 1940/42 und folglich auch im Sanatorium des Todes ist Nikki niedlich, aber übereifrig. Sie ignoriert Ellerys freundliche (und gönnerhafte) Ratschläge und bringt sich dadurch in Gefahr, bis Ellery als Retter in der Not auftaucht.

Aus der Romanvorlage wurden Inspektor Richard Queen und Sergeant Velie übernommen. Ersterer verkörpert das redliche, aber stets fehlgeleitete Gesetz, dem Ellery im Dienste der Gerechtigkeit zeitweise ein Schnippchen schlagen muss, während letzterer als hirnzellenarmer, trinkfreudiger Klischee-Cop für grobe Gags und Körpereinsatz zuständig ist. Zusätzliche Verwirrung stiftet der alte, (vielleicht) verrückte Amos, der von einem sprechenden Raben begleitet wird. Die Auflösung behauptet Ermittler-Genialität; tatsächlich ist der Fall künstlich umständlich statt vertrackt. Nichtsdestotrotz ist Sanatorium des Todes - zumal angemessen seitenarm - lesbar und auch wegen der Hintergrundgeschichte interessant.

Fazit

Dieser Ellery-Queen-Krimi, bei dem es sich um einen „Roman zum Film“ handelt, mit dem die Originalautoren nur am Rande zu tun hatten, ist in Plot und Handlung simpel gestrickt, wird aber vom Als-ob-Verfasser zügig über die Runden gebracht: eine Übung in Reißbrett-Unterhaltung und als solche keineswegs schlecht, aber eben kein ‚echter‘ Ellery Queen.

Sanatorium des Todes

Ellery Queen, Ullstein

Sanatorium des Todes

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