Ankertod
- Edition M
- Erschienen: September 2021
- 0
- TB, Seitenzahl unbekannt
- Bd. 2 [Kira Jensen ermittelt]
Wenig Spannendes aus Ostfriesland
Vielschreiber Stefan Wollschläger legt nach „Ankerschmerz“ den zweiten Teil der Kira-Jensen-Reihe vor. Wieder muss sie mit ihrem Vorgesetzten Tilmann Baer einen grausamen Mord an der idyllischen Nordseeküste aufklären.
Ein toter Journalist wirft Rätsel auf
In einem Feld nahe des Pilsumer Leuchtturms wird die Leiche eines nackten Mannes gefunden, auf dessen Brust ein merkwürdiges Symbol gemalt ist. Wie sich herausstellt, arbeitete er als Journalist und schrieb an einem Buch über Verschwörungstheorien. Lange tun sich Kira Jensen und Tilmann Baer schwer, denn sie tappen im Dunkeln und müssen zudem mit den Vorkommnissen aus der Vergangenheit fertig werden.
Die Spannung bleibt auf der Strecke
Das Auffinden der Leiche facht die Spannung gehörig an und man fragt sich, was da am idyllischen Nordseestrand so los ist. Doch schon bald stellt man ernüchtert fest: nicht viel! Zwar macht der Autor einen zweiten Handlungsstrang auf, doch auch hier wird nur wenig geboten. Lediglich die kleinen Querelen und ständigen Seitenhiebe zwischen Kira und ihrem Vorgesetzten geben der Geschichte etwas Schwung. Wobei man als Neueinsteiger in die Serie auch da manchmal sicherlich nur mit einem Fragezeichen im Gesicht weiterlesen wird. Wenn das Ganze dann zum Ende kommt, wirkt der Spannungsbogen und die Lösung so konstruiert, dass man es fast nicht glauben kann.
Ein Milchkaffee am Hafen muss sein
Wenn eine Geschichte an mangelnder Spannung krankt, können aber gut gezeichnete Figuren oder wechselnde Perspektiven diese noch retten. Ein Perspektivwechsel findet tatsächlich statt: wir begleiten die Kommissare auf ihrer Suche nach dem Täter auf der einen Seite und die heimgekehrte Eilika auf der anderen. Jedoch scheint es manchmal, als hätte der Autor seine Charaktere aus den Augen verloren. Zuerst lässt er Eilika jeden Cent zweimal herumdrehen, jeder Milchkaffee muss gestreckt werden und tut im Geldbeutel weh und dann...lässt sie es ohne Reue krachen mit unzähligen Cocktails, Sekt und sonstigem Luxus. Das ist wenig glaubhaft und macht aus der Empathie schürfenden, hintergangenen Geschäftsfrau eine wenig glaubwürdige Figur, die sich zudem an die Erstbeste hängt, bloß weil die ihr etwas Freundlichkeit entgegenbringt.
Die beiden Kommissare kommen leider auch nicht viel besser weg. Tilmann Baer ist das wandelnde Klischee eines Vorgesetzten, der lieber alleine agiert, und Kira Jensen ist im Kern zwar ganz glaubwürdig, aber in der Peripherie driftet auch sie ins Unglaubwürdige ab. Erst hat sie schwerste Bedenken sich psychologische Hilfe zu holen und dann sprudelt es beim ersten Schluck Tee nur so aus ihr heraus?
Schade, aber hier retten die Charaktere auch nichts mehr. Bleibt nur noch die Hoffnung auf ein atmosphärisch dicht geschildertes Setting, doch auch hier wird man weitgehend enttäuscht, denn außer einem kurzen Schwenk über den Hafen oder den Deich neben der Straße, könnte das Geschehen auch in Oberbayern spielen, so wenig werden die Charakteristika von Ostfriesland eingebunden.
Entspannung garantiert
Doch all diese Kritik kann man auch positiv nehmen: Das Buch bringt den Leser nicht um den Schlaf; er muss nicht jede Seite zweimal lesen um die lineare Handlung zu verstehen; der Schreibstil ist angenehm einfach und die Charaktere bedürfen keiner tiefschürfenden Analyse – kurzum „Ankertod“ ist das perfekte Buch für die Entspannung nach einem anstrengenden Tag, falls man auf eine komplizierte und vielschichtige Geschichte verzichten kann. Nur eine Frage bleibt offen: Auf was beruht der Titel „Ankertod“ - und schon beginnt man doch zu grübeln.
Fazit
„Ankertod“ ist ein unkomplizierter und leider auch wenig spannender Krimi, der aber deshalb genau das richtige zum Entspannen nach getaner Arbeit ist. Wer auf kompliziert konstruierte Geschichten mit vielfach wechselnden Perspektiven und Zeiten verzichten kann, ist hier genau richtig.
Stefan Wollschläger, Edition M
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