Miss Merkel: Mord in der Uckermark

  • Kindler
  • Erschienen: März 2021
  • 4

- TB, 320 Seiten

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Sabine Bongenberg
75°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2021

Ein sehr mäßiger Krimi – aber die Akteure machen es wett

Angela Merkel ist nicht mehr zur Bundestagswahl angetreten und genießt gemeinsam mit Mann Joachim und mit Putin ihre Rente. Äh, natürlich nicht mit dem russischen Oben-Ohne-Modell Wladimir Wladimirowitsch, sondern mit einem vierbeinigen Kollegen, dessen Namensgebung aber schon etwas mit dem nicht nur berühmten Politiker zu tun hat. Dennoch - Angela, die jahrelang nur mit den großen Playern aus Politik, Wirtschaft, und nicht zuletzt mit ansehnlichen jungen Fußballspielern zu tun hatte, fühlt sich ein wenig wie ein großer Fisch, der in einem kleinen ländlichen Tümpelchen gelangweilt seine Runden dreht. Zumindest so lange, bis der Gutsbesitzer Philipp von Baugenwitz offensichtlich gewaltsam zu Tode kommt und der zuständige Ermittler so gar nicht der Meinung ist, dass hier eine genaue Untersuchung der Todesumstände angezeigt ist. Aber da hat er nicht mit Angela gerechnet: Wer sich schon nicht von einem Nicolas Sarkozy herumkommandieren ließ, der … Pardon … die, zeigt auch hier, wer den roten Hosenanzug anhat!

David Safier kennen viele bisher von seinen Romanen Jesus liebt mich und natürlich Mieses Karma, die mit ihren verrückten Ideen und besonderen Akteuren zu punkten wussten. In seinem neuen Roman denkt er nun darüber nach, wie es der weiland berühmtesten Politikerin (und alsbald bekanntesten Ruheständlerin) der Welt wohl ergehen mag, wenn die großen Themen abgehandelt sind. Eines muss aber hier vorweg gesagt werden: Wer Spaß an diesem Buch haben möchte, der sollte zumindest Sympathie für die Noch-Kanzlerin hegen - alles andere macht einfach keinen Sinn. Ist diese wichtige Voraussetzung erfüllt, erfindet Safier einen - zugegeben - recht mäßigen Krimi, der aber immer wieder mit kleinen Anekdoten aus Angelas ehemaligem Berufsleben gespickt und gewürzt wird. So erfährt der Leser, wozu Barack Obama den geheimen Tunnel unter dem Weißen Haus nutzte (durch den Kennedy angeblich ehedem seine Geliebten zu schmuggeln pflegte), welchen Streich Sigmar Gabriel gerne Peter Altmaier spielte und in welchen Orden Merkels Pressesprecher nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst einzutreten plant. Diese kleinen - natürlich an den Haaren herbeigezogenen, aber sympathischen - Stilblüten lassen den Leser immer wieder schmunzeln und holen auch die große Weltpolitik ganz einfach von ihrem Sockel herunter.

     „Angela hatte in der Politik schnell gelernt, dass Schmeicheleien nur dazu da waren, jemanden einzuwickeln. So hatte Helmut Kohl beim ersten Treffen ihre Frisur gelobt. Und kaum hatte sie daraufhin freudig gelächelt, hatte er ihr schon aufgedrückt, sich um die Atommüllendlager zu kümmern.“

Natürlich kann auch die beste Miss Marple … Entschuldigung, Miss Merkel nur dann richtig ermitteln, wenn ihr der gute alte Mister Stringer zur Seite steht - und so wird auch Joachim Sauer gebührend in die Handlung eingebunden. Wenn ich auch tatsächlich große Zweifel daran hege, dass sich die Eheleute Merkel/Sauer mit den genannten Kosenamen ansprechen und die Kanzlerin diesen auch gelegentlich taktisch einsetzt, so trägt auch dies - neben Angelas neuem Hang zum Kuchenbacken - wiederum zur Wohlfühl-Atmosphäre des Romans bei. Hübsch ist außerdem gemacht, dass auch eine prominente Politikerin mit Ehemann von einem empörten Angestellten gnadenlos abgekanzelt werden können und sich auch nicht anders verhalten als zwei Teenager, die mit der ersten heimlichen Zigarette ertappt wurden.

     „Angela hatte in solchen Fällen immer ihren Pressesprecher nach vorne geschickt, der einst als smarter Mann in sein Amt gestartet war und inzwischen so graugesichtig wirkte, dass man denken könne, er stamme aus einem Schwarzweißfilm“

Fazit

David Safier ist nicht Agatha Christie, und das Niveau der „Queen of Crime“ kann er nicht erreichen. Tatsächlich spielt die Suche nach einem Mörder aber nur eine untergeordnete Rolle - der eigentliche „Krimi“ (wenn man denn so will) ist hier die Politik. Safier bringt die Leser aber über dieses trockene Thema und die Größen der Weltpolitik zum Schmunzeln, erscheinen sie doch plötzlich menschlich und damit gar nicht mehr so entrückt. Ob Angela Merkel tatsächlich so freundlich, schlagfertig und nicht zuletzt gütig ist, wie dargestellt - wer weiß es letztendlich (außer vielleicht tatsächlich ihr Mann)? Wünschen dürfen wir es uns allemal - und wenn wir einmal beim Wünschen sind: Natürlich wünscht auch die Krimicouch-Redaktion der Kanzlerin einen schönen und bestimmt nicht ganz so langweiligen Ruhestand!
 

Miss Merkel: Mord in der Uckermark

David Safier, Kindler

Miss Merkel: Mord in der Uckermark

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