Die Stiefmutter

  • Goldmann
  • Erschienen: Februar 2022
  • 1

- OT: The Second Wife

- aus dem Englischen von Ivana Marinovic

- TB, 412 Seiten

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Sabine Bongenberg
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonMär 2022

Ein altes Thema – fesselnd erzählt

Sie war schon immer ein beliebtes Thema in der Literatur oder auch in den Erzählungen vieler Epochen: Die Stiefmutter. Gerne wurde sie böse und gemein dargestellt. Hässlich war sie nicht immer, zumindest nicht äußerlich. In der Moderne wurden die Vorurteile gegen die böse Stiefmutter überwunden – bei den vielen Patchwork-Familien muss das sicherlich auch nicht überraschen. Dennoch können diese Vorurteile schneller als gedacht wieder aufbrechen, wenn sich zwischen Stiefmutter und Stiefkind plötzlich eigenartige Vorfälle häufen. Wo die jetzt anfangen und aufhören – so genau weiß es sicherlich keiner. Ist es seltsam, wenn die Stieftochter erzählt, dass ein eigenartiger Typ regelmäßig vor ihrer Schule auftaucht und sie anzustarren scheint? Ist es übertrieben, die Polizei zu rufen, wenn dieser Mann plötzlich im Haus gesehen wird? Was machen, wenn man von einem lockeren Treffen mit den Kollegen nach Hause kommt, das Haus steht in Flammen und das Kind wird nicht gefunden? Hat vielleicht doch die Stiefmutter etwas mit diesen Vorkommnissen zu tun?

Ich weiß nicht, wie es passiert ist…

Die britische Autorin Rebecca Fleet erzählt in ihrem zweiten Roman von der Ehe zwischen Alex und Natalie, die plötzlich mehr als nur ein paar Schrammen und Risse bekommt. Es ist aber auch ein Albtraum in den Alex plötzlich gekickt wird: Nach dem Tod seiner ersten Frau hatte er mit Natalie ein neues Glück gefunden, ganz einfach war alles nicht, weil Tochter Jade nicht immer ganz hundertprozentig mit der neuen Frau in seinem Leben auskam und jetzt ist das Kind nach einem Hausbrand knapp mit dem Leben davongekommen und einiges erscheint doch sehr rätselhaft.

Das ist natürlich erst einmal nur seine Sicht und manchmal fragt sich der Leser, ob er Natalie nicht ganz gewaltig Unrecht tut. Denn manchmal passieren einfach Unglücke und niemand ist dafür verantwortlich. Abwechselnd erzählen beide Protagonisten, wie sie das Feuer erlebt haben. Beide Standpunkte kann der Leser sicherlich nachvollziehen – zumindest so lange, bis die Geschichte in die Vergangenheit wandert und die Geschichte zweier Schwestern erzählt - und ab da ändert sich so Einiges.

Ein solider, moderner Krimi

Ich fand den Roman spannend und gut erzählt, aber ich fieberte den Strängen aus der Vergangenheit wesentlich mehr entgegen, waren diese doch für meinen Geschmack noch einmal ein bisschen fesselnder. Dennoch – gebe ich zu – hatte ich von dem Buch etwas anderes erwartet und das liegt meiner Meinung nach an der Aufmachung des Covers: Der Leser blickt auf eine Hausfassade, wo sich im oberen Stockwerk eines erleuchteten Zimmers eine Frauensilhouette abzeichnet, die offensichtlich die namensgebende Stiefmutter darstellen soll. Mit diesem Bild aber wird man auf eine Atmosphäre im „Gaslighting“-Stil eingestimmt. Ich zumindest erwartete so etwas wie flackernde Lichteffekte, eine Stiefmutter mit einem starren Blick und einem strengen Dutt und all’ solchen Attributen, die es nicht ins 21. Jahrhundert geschafft haben, aber dennoch in unserer Phantasie noch eine Rolle spielen. Diese Erwartung kann der Roman natürlich nicht erfüllen, aber ein bisschen hätte ich es mir doch gewünscht. Das was erzählt wird, ist ein solider, moderner Krimi mit einer durchgehenden Spannungskurve und ohne Schnick-Schnack – und natürlich ohne flackernde Gaslaternen.

Fazit:

Rebecca Fleet präsentiert einen soliden Krimi mit einer neuen Aufarbeitung des neuen, alten Themas. Wer hier die Stiefmutter mit den vergifteten Äpfeln und mit der üblichen Bösartigkeit erwartet hatte, wird wohl enttäuscht sein. Ob aber die modernen Stiefmütter tatsächlich nur zu liebevollen Managerinnen einer kleinen Patchwork-Familie mutiert sind, das bleibt sicher auch noch zu klären.

Die Stiefmutter

Rebecca Fleet, Goldmann

Die Stiefmutter

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