Viral. Blutrausch
- Benevento
- Erschienen: Januar 2022
- 2
- HC, 320 Seiten
Mehr Drumherum als Ermittlungen
Hauptkommissarin Peterson steht vor einem so ungewöhnlichen Fall, dass sie sich nicht nur Hilfe von externen Ermittelnden holen muss, sondern auch schnell die Aufmerksamkeit der Presse auf sich zieht.
Die Leiche einer jungen Frau wurde mitten auf der Straße drapiert, die Todesursache: zu hoher Blutverlust. Jedoch nicht durch großflächige Wunden oder ähnliches – ihr wurde mit chirurgischer Präzision fast das komplette Blut entnommen.
Politischer Fall
Eine brauchbare Spur scheint es nicht zu geben und während Peterson und ihr Team ermitteln, steigt der Druck von außen. Eine zweite Leiche wird gefunden. Durch Medienberichte alarmiert, werden Proteste von Menschen laut, die sich nicht mehr sicher fühlen. Immer mehr Leute versammeln sich zu Demonstrationen, die zunehmend Einfluss auf die Ermittlungsarbeit des Teams nehmen. Die Lage spitzt sich soweit zu, dass Peterson, ihr Schützling Alina Brinkmeier sowie Janina Funke und Bastian Becker, die von außerhalb der Polizei zur Unterstützung hinzugezogen wurden, es mit Verschwörungsgläubigen zu tun bekommen.
Um den Mutmaßungen über die sogenannten Schneewittchen-Morde, die schon bald die Runde machen, keinen Raum mehr zu geben, nimmt schließlich das Innenministerium Kontakt mit Peterson auf. In diesem politischen Fall muss so schnell es geht ein Tatverdächtiger geliefert werden, bevor die gesellschaftlichen Spannungen eskalieren.
Viel Potenzial, das nicht ausgeschöpft wird
Der direkte Einstieg und Andeutungen auf aktuelle, diskussionswürdige Themen sorgen gleich zu Beginn für Spannung. Auch die wechselnde Perspektive macht neugierig auf das fünfköpfige Team. Jede Figur bringt ihre Laster mit, ohne allzu stereotyp zu wirken. Die überraschende Repräsentation queerer Beziehungen zeugt ebenfalls von gut angelegten, vielfältigen Charakteren.
Jedoch bleibt es hier, wie bei so vielem in diesem Buch, leider lediglich bei der Andeutung, der vagen Ahnung, von tatsächlicher Tiefe. Beinahe jedes Thema, das konfliktreich ist und somit für Spannung und Tiefgründigkeit sorgen könnte, wird nur oberflächlich behandelt.
Das Potenzial ist erkennbar, jedoch fehlt es oftmals an einer detaillierteren Ausarbeitung.
Durchschnittliche Ermittlungen
Der Fall an sich ist solide. Eine ungewöhnliche Ausgangssituation, die Ermittlungen selbst lesen sich wiederum eher durchschnittlich. Die Auflösung wird für geübte Krimileser*innen nicht überraschend sein, aber dafür plausibel.
Erster Roman des Autors
Es ist deutlich erkennbar, dass dies der erste Kriminalroman des Autors ist. Mit seinen fachlich orientierten und autobiografischen Büchern konnte der Kriminalbiologe Marc Benecke zwar bereits Bestsellerlisten stürmen, in das erzählende Genre muss er aber noch hineinfinden.
Der schnörkellose, variationsarme Schreibstil dürfte dabei noch seine Fans finden. Wenn sich aber ganze Sätze inhaltlich wiederholen und angedeutete Konflikte am Ende des Buches komplett ignoriert werden, ist das hingegen enttäuschend. Einige Kapitel mehr hätten dem Buch gutgetan; die 240 Seiten reichen bei weitem nicht, um der Größe der Themen gerecht zu werden.
Auch ein paar bestimmte Formulierungen sorgen für Stirnrunzeln: so wird einer Person beispielsweise aufgrund ihrer „kleinen, koboldartigen Gestalt“ von vorneherein ihre Kompetenz abgesprochen.
Fazit
Der Reihenauftakt nimmt sich für die wenigen Seiten zu viel vor und kratzt darum oft leider nur an der Oberfläche. Zurück bleibt die Hoffnung, dass das erkennbare Potenzial in den Folgebänden ausgeschöpft wird.
Mark Benecke, Benevento
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