Nachttod

  • Heyne
  • Erschienen: Juli 2021
  • 8

- OT: Nattsångaren

- aus dem Schwedischen von Ulrike Brauns

- TB, 496 Seiten

- Bd. 1 [Hanna Duncker]

Nachttod
Nachttod
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Andreas Kurth
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2023

Schwierige Rückkehr für die Tochter eines Mörders

Im Auftakt der Krimi-Reihe um die eigenwillige schwedische Ermittlerin Hanna Duncker geht es um den rätselhaften Tod eines Jungen auf der Ostsee-Insel Öland. Duncker stammt von der Insel, hat ihre Heimat allerdings vor 16 Jahren verlassen, nachdem ihr Vater Lars wegen Mordes verurteilt wurde. Der Leser/Hörer erfährt, dass hier auch der Grund für Hannas Berufswahl zu suchen ist. In der Hauptstadt Stockholm ist sie zu einer routinierten und erfolgreichen Ermittlerin geworden, die jetzt aber zur Kriminalpolizei in der Hafenstadt Kalmar geht. Die Insel Öland gehört zur schwedischen Provinz Kalmar.

Psychische Befindlichkeiten stehen deutlich im Vordergrund

Um es vorweg zu sagen: Der Roman ist sehr schwedisch, sehr skandinavisch. Action ist nicht zu finden, es wird viel und in aller Ruhe von der Polizei ermittelt. Es geht um die psychischen Befindlichkeiten etlicher Protagonisten. Da ist die Mutter des getöteten Jungen, eine alte Freundin von Hanna Duncker. Da sind die Nachbarn der Familie des Toten, die Kolleginnen und Kollegen von Hanna Duncker, ihr Chef und im Laufe der Erzählung der eine oder andere Verdächtige.

Der Spannungsbogen wird für meinen Geschmack nur sehr schleppend aufgebaut. Zwar ermitteln Duncker und ihre Kollegen fleißig, aber es geht eben viel um die Protagonistin und ihre überaus schwierige Rückkehr in die Heimat. Da sind merkwürdige Blicke der Kolleginnen und Kollegen, da ist die Mutter des toten Jungen, Hannas ehemals beste Freundin Rebecca. All diese Umstände machen die Arbeit für die ehrgeizige Ermittlerin nicht leichter, zumal sie noch Fragen zum Fall ihres Vaters vor vielen Jahren hat. Dennoch ist Hanna Duncker glücklich, wieder auf Öland zu sein - das wird mehrfach deutlich zum Ausdruck gebracht.

In Rückblicke wird der letzte Lebenstag des Toten geschildert

Gefallen haben mir die vielen Rückblicke auf den letzten Lebenstag von Joel, so heißt der getötete Junge. Die Autorin springt geschickt zwischen den unterschiedlichen Perspektiven hin und her. Für den Leser/Hörer sammeln sich so einige Erkenntnisse an, die den Ermittlern nicht - oder noch nicht - zur Verfügung stehen. Das macht die Lektüre reizvoller.

Johanna Mo hat einen Erzählstil, der sehr im Plauderton gehalten ist. Überraschende Tempowechsel gibt es nicht. Dazu trägt auch das getragene Vorlesen des Textes in der Hörbuch-Ausgabe bei. Das muss man nicht schlecht finden, es wird auch Leser/Hörer geben, denen das gut gefällt. Auf jeden Fall passt die Art des Lesens zum Erzählstil des gesamten Romans.

Während die Ermittler-Gruppe ordentlich im Nebel herumstochert und nicht so recht voran kommt, denkt Hanna Duncker viel über den Fall ihres Vaters nach. Sie bekommt schließlich die Ermittlungsakten ausgehändigt - aber damit beschäftigt sie sich offenbar erst im nächsten Band der Reihe eingehender.

Die Insel Öland ist ein perfekter Schauplatz für Kriminalromane

Während die rund um den Todesfall auftauchenden Rätsel dann doch noch etwas Spannung aufbauen, wird weiter das Setting für die Reihe aufgebaut. Öland mit seinem begrenzten Mikrokosmos eignet sich gut für eine Krimireihe, und auch die Ermittler mit ihrer beharrlichen Art passen da gut hin. Johanna Mo ist in Kalmar geboren - da lag offenbar die Wahl des Schauplatzes für ihre Krimireihe nahe.

Die Polizeiarbeit wird eingehend beschrieben, wer solche Romane mag, kommt hier voll auf seine oder ihre Kosten. So wird beispielsweise eine Lippenleserin hinzugezogen, um das Gespräch auf einem Überwachungsvideo entziffern zu können. Richtig gut gefallen hat mir das Finale. Bei vielen gut erzählten Kriminalgeschichten haben die Autorinnen und Autoren ein Problem damit, ein passendes Ende für ihre Erzählung zu finden. Das ist Johanna Mo gut gelungen.

Fazit

Ein Schweden-Krimi mit viel Psychologie, persönlichen Befindlichkeiten, Beziehungsfragen und solider Polizeiarbeit. In meinen Augen steht hier nicht die Spannung im Vordergrund, daran hapert es eher deutlich, sondern die Einführung der Ermittlerin zum Start einer neuen Reihe. In den kommenden Bänden dürfte es etwas spannender werden.  Dennoch die perfekte Lektüre für einen Regen-Nachmittag auf dem Sofa - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Nachttod

Johanna Mo, Heyne

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