Perfect Woman
- Heyne
- Erschienen: Juni 2021
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- OT: The Herd
- aus dem Englischen von Frank Dabrock
- TB, 448 Seiten
In New York fällt ein Fläschchen Nagellack um
Die attraktive, elegante Firmengründerin Eleanor Walsh hatte schon immer ein gutes Händchen darin bewiesen, sich mit guten Freundinnen zu umgeben, die ihr halfen, ihre Startups auf den Weg zu bringen. Da waren die beiden Schwestern Katie und Hana Bradley, die dazu beitrugen, ihr Unternehmen nach außen zu vertreten und natürlich die Künstlerin, Mikki, der es gelang, allem einen eigenen, unverwechselbaren Touch zu geben. Bei diesem unschlagbaren Team ist es kein Wunder, dass Eleanors Geschäfte laufen, wie das handelsübliche „geschnitten Brot“ – ihre eigene Kosmetiklinie „Gleam“ findet millionenfache willige Käuferinnen und auch ihre neuesten Ideen, die exklusiven „Co-Workin-Spaces“ für Frauen, schlagen ein wie Bomben. Eines hat Eleanor aber bei allem Erfolg vergessen: Nicht jeder gönnt ihr ihn.
Der Heyne Verlag und seine Autorin Andrea Bertz ködern ihre Leserinnen mit dem Versprechen auf einen Krimi, der in die Welt der Reichen und Schönen – und noch viel besser – in die Welt der reichen und schönen New Yorkerinnen führt. Natürlich funktioniert das erst einmal hervorragend, denn wer möchte nicht gerne einmal ein bisschen in diese Welt spähen und ist nicht begierig darauf zu lesen, dass auch in dieser Glamour-Welt offensichtlich nicht alles fair und charmant abläuft? Zumindest war das meine Erwartungshaltung. Unglücklicherweise wird die Geschichte aber anhand derart nichtssagender und blass bleibender Charaktere erzählt, dass ich mir nach diversen Seiten noch immer nicht deren Namen, Beruf oder hervorstechendsten Charakterzüge merken konnte und es mich – zugegebenerweise – auch irgendwann nicht mehr interessierte.
Ein schreckliches Verbrechen – Einbruch und Sachbeschädigung
Bartz lässt auf 444 Seiten einen Krimi stattfinden, der sich so in die Länge zieht, dass von Coolness oder Schick nicht mehr übrig bleibt. Tatsächlich regen sich ihre beteiligten Akteure auf rund 100 Seiten darüber auf, dass in einige Filialen ihres Unternehmens eingebrochen und dort die Wände mit rüden Schimpfworten beschmiert wurden. Abgesehen davon, dass tatsächlich ein Verbrechen vorliegt, ist das natürlich tatsächlich eine Frechheit und eine Beleidigung, ich selbst habe diese Schimpfworte aber schon gehört, nur weil eine Kollegin nicht schnell genug abgebogen ist und konnte dennoch in der folgenden Nacht ruhig schlafen. Auf diesen langatmig erzählten Vorfall, folgt das ebenso weitschweifig erzählte Verschwinden der „perfect woman“ und dann folgt der Rest der Geschichte, der sich den Ursachen ihres Verschwindens widmet und zu guter Letzt auch mit dem Gerücht aufräumt, dass es tatsächlich Menschen gibt, die einen perfekten Lebenswandel, perfekte Moral und natürlich eine perfekte Optik besitzen.
„Wie bei jeder Veranstaltung von The Herd war die Luft von fiebriger Erwartung erfüllt. Alle diese intelligenten ehrgeizigen Frauen in ihren eleganten Kleidern verzichteten auf die unzähligen anderen Dinge, die New York an diesem Dienstag zu bieten hatten.“
Andrea Bartz versuchte sich daran einen Krimi zu verfassen, der sich insbesondere mit den coolen Frauen befasst, die so respektvoll miteinander umgehen, mit den intelligenten und ehrgeizigen Frauen in ihren eleganten Kleidern, die unbedingt und um jeden Preis bei „The Herd“ mitmischen wollen und hat einen Krimi von der Spannung einer mittelmäßigen Modegala vorgelegt. Es reicht leider nicht, die coolen, ehrgeizigen, intelligenten Frauen auf gefühlt jeder dritten Seite zu beschreien; soll daraus ein spannender Krimi werden, bedarf es dann doch eines guten Plots, Tempos und insbesondere lebendiger Akteure - und dabei ist die Frage des Chromosomensatzes erst einmal eine nachrangige.
Fazit:
Das Unternehmen eines „Co-Working-Place“ mag auf Englisch halbwegs interessant klingen, aber auf deutsch ist es schlicht und ergreifend und wie Wikipedia erklärt, „eine Geschäftsidee, die Arbeitsplätze und Infrastruktur (Netzwerk, Drucker, Fax, Besprechungsräume) zeitlich befristet zur Verfügung stellt“. Soweit – so unsexy. Leider lässt sich genau dieses Urteil auch über ihre Heldinnen fällen.
Andrea Bartz, Heyne
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