Verborgen im Gletscher
- Lübbe
- Erschienen: Oktober 2019
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- OT: Myrkrid Veit
- aus dem Isländischen von Anika Wolff
- TB, 368 Seiten
Beginn der Kommissar-Konráð-Reihe
Arnaldur Indriðason ist der erfolgreichste Krimiautor Islands. Neben zahlreichen Stand-Alone Büchern ist er vor allem durch seine Kommissar-Erlendur- und Flóvent-Thorsson-Reihen bekannt geworden. Doch damit nicht genug – 2019 initiierte er mit „Verborgen im Gletscher“ den Auftakt zur Serie rund um den pensionierten Kommissar Konráð.
Eine Leiche taucht auf
Auf dem Lanjöküll-Gletscher wird die Leiche eines seit vielen Jahren vermissten Mannes gefunden. Damals verdächtigte man seinen Geschäftspartner, aber ohne Leiche fehlten die Beweise. Kommissar Konráð ermittelte ohne Erfolg. Jetzt ist er längst pensioniert, doch lässt ihn der Fall nicht los, vor allem, nachdem Hinweise auftauchen, dass ein Junge den Täter damals gesehen haben könnte, dieser Junge aber einige Jahre später bei einem mysteriösen Autounfall ums Leben kam. Konráð will Klarheit und mischt sich ein.
Ein typischer Indriðason
Wer Bücher dieses Autors kennt, weiß, dass die Dramatik hier auf Minimalniveau gehalten wird. Es gibt keine brutalen Actionszenen, keine rasanten Verfolgungsjagden oder coole Supercops. Ganz bedächtig und langsam wird hier ermittelt.
So auch in „Verborgen im Gletscher“. Indriðason hat schon zur Genüge bewiesen, dass auch ein solcher Krimi durchaus packend sein kann, doch dieses Mal ist ihm das nur bedingt gelungen. Konráð ermittelt zwar durchaus logisch, bewegt sich sogar manchmal am Rande der Legalität, jedoch generiert das nicht unbedingt Spannung. Diese wird zu Beginn der Handlung zwar gehörig geschürt, geht dann aber doch ziemlich schnell unter. Indriðason treibt seine typische Ausführlichkeit auf die Spitze und ergeht sich in teilweise unnötigen Dialogen oder eingehend beschriebenen Figuren, die dann aber kaum zum Handlungsfortschritt beitragen.
Es ist anzunehmen, dass die ebenfalls zahlreichen Nebenhandlungen der Einführung eines neuen Protagonisten geschuldet sind, doch nehmen sie, wie auch die Ausführlichkeit, viel Intensität aus dem Geschehen. Hier ist Geduld gefragt, auch wenn einige Wendungen immer mehr ans Licht bringen und man daher stets auf neue hofft. Jedoch ist die Lösung dann eher enttäuschend und etwas zu trivial- da habe ich mir mehr erwartet.
Der Mann für die alten Fälle
Mit Konráð führt Indriðason einen Charakter ein, der nicht leicht zu fassen ist. Wir lernen den pensionierten Kommissar durch seine eigenen Gedanken und Erinnerungen näher kennen und erleben einen Mann, der Probleme hatte und hat. Er ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber doch eine gut gezeichnete Figur. Passend zu seinem Status als Rentner lässt ihn Indriðason Cold-Cases bearbeiten, wobei Konráð auf die Unterstützung seiner ehemaligen Kollegen setzen kann. Durch ihn erfährt der Leser einiges von den Problemen in Island – Alkohol und Drogen sind dort ein ebenso brisantes Thema, wie die Wirtschaftskrise und der Klimawandel, der die Gletscher schmelzen lässt.
Die gut geschilderte Atmosphäre ist dann auch wieder ein Pluspunkt des Buches. Die teilweise katastrophalen Zustände in der Stadt sind fassbar, aber auch die Natur und die besonderen Gegebenheiten der Insel mit den zahlreichen Vulkanen und den großen Gletschern.
Fazit
„Verborgen im Gletscher“ ist ein typischer Indriðason. Leicht schleppend erzählt, fügen sich die Teile ganz langsam zu einem komplexen Fall zusammen – nichts für Liebhaber durchgehend action- und spannungsgeladener Krimis, aber etwas für Leser, die mit einem akribischen Aufbau gut zurechtkommen. Auf die wartet dann auch schon „Das Mädchen an der Brücke“, der zweite Teil der Kommissar-Konráð-Reihe.
Arnaldur Indriðason, Lübbe
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