Das Protokoll
- Penguin
- Erschienen: Mai 2021
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- aus dem Englischen von Simone Schroth
- TB, 336 Seiten
Wenn die Regeln missachtet werden
Athena ist eine Geheimorganisation, die international gegen das Verbrechen kämpft. Oberste Regel ist dabei, dass geholfen wird, ohne zu töten. Ein Einsatz in Afrika läuft dann jedoch aus dem Ruder, als der Chef eines Mädchenhändlerrings eine Geisel tötet. Jessie Archer, eine der Feld-Agentinnen im Einsatz, verliert daraufhin komplett die Nerven und tötet den Mann. Sie wird anschließend von ihren Kolleginnen entwaffnet und nach London, in die Zentrale von Athena gebracht. Dort merkt Jessie schnell, dass sie jetzt für ihre Mitstreiterinnen eine Außenseiterin ist.
Rauswurf für Jessie ist unvermeidlich
Die drei Gründerinnen der Organisation, darunter Jessies Mutter Kit, treffen nach eingehenden Beratungen die unvermeidliche Entscheidung, dass Jessie nicht mehr für Athena arbeiten darf. Die junge Frau ist geschockt, obwohl sie die strengen Regeln kannte und genau weiß, dass sie dagegen verstoßen hat. Nach ihrem Rauswurf macht sich Jessie viele Gedanken über ihr Leben und ihre engagierte Arbeit für Athena, und ist im Grunde nicht bereit, den plötzlichen und folgenreichen Abschied von ihrem bisherigen Leben so ohne weiteres zu akzeptieren.
Das Team macht sich unterdessen bereit für einen Einsatz in Serbien. In Belgrad soll ein Mädchenhändler mit Verbindungen in die Justiz überführt werden. Es geht um eine wichtige, vor allem hochbrisante Mission. Jessie setzt sich über ihre Entlassung hinweg, trickst eine Kollegin im Büro aus, um sich wichtige Ausrüstungsgegenstände zu verschaffen, und macht sich damit heimlich auf den Weg nach Belgrad. Mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten will sie das Athena-Team heimlich und ungesehen unterstützen, um zu beweisen, dass sie im Grunde für ihre Kolleginnen unentbehrlich ist.
Heimliche Hilfe aus dem Hintergrund
Jessie reist also in die serbische Hauptstadt, beobachtet dort die kriminellen Machenschaften des Mädchenhändlerrings, und nutzt ihr Equipment und ihre erlernten Fähigkeiten, um sich einzumischen und ihr ehemaliges Team heimlich zu unterstützen. Dabei findet sie heraus, dass es nicht nur um Menschenhandel geht, sondern dass sogar Eizellen der betroffenen Frauen verkauft werden, und zwar in eine Klinik nach Russland. Im Zuge ihre Aktivitäten riskiert Jessie schließlich immer mehr, und gerät schließlich in tödliche Gefahr.
“Das Protokoll” ist ein Spannungsroman, aber kein Thriller.
Menschenhandel mit Frauen aus Osteuropa ist ein heißes Eisen, dem sich die Autorin mit ihrem Roman gewidmet hat. Leider braucht sie viel zu lange, um für den Leser die kriminellen Vorgänge auf dem Balkan näher zu beleuchten. Vielmehr geht es zunächst um das Innenleben von Athena, um Jessies komplexe Gedankenwelt, um ihr Verhältnis zu ihrer Mutter und zu ihren Kolleginnen. Das alles hat schon seinen Platz, wird von der Autorin aber viel zu breit ausgewalzt.
Die Jagd auf die Organhändler wird erst deutlich zu spät zum Thema gemacht, und ist dann auch immer wieder von den anderen Aspekten überlagert. Shamim Sarif ist ohne Zweifel eine gute Erzählerin, aber sie verirrt sich zu oft in Nebengeschichten. Alles kein Grund, um den Roman vor dem Ende beiseite zu legen, das Schlussdrittel wird dann durchaus spannend, aber ich hatte mir vom Klappentext und der Buchankündigung etwas anderes erhofft.
“Das Protokoll” ist ein Spannungsroman, aber ganz gewiss kein Thriller. Die Einstufung als Thriller wird in meinen Augen in jüngster Zeit von vielen Verlagen zu leichtfertig vorgenommen, auch wenn das nicht der Struktur des Romans entspricht. der im Ansatz hochinteressante Plot wird dann verschenkt, und am Aufbau eines Spannungsbogens muss die Autorin noch arbeiten.
Fazit:
Shamim Sarif hat ein lesenswertes Buch geschrieben, aber es sollte schon von Beginn an beim Leser kribbeln, und nicht erst nach der Hälfte der Seiten.
Shamim Sarif, Penguin
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