"Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!": Die Geschichte von Bonnie & Clyde

  • btb
  • Erschienen: Mai 2015
  • 0

- TB, 304 Seiten

"Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!": Die Geschichte von Bonnie & Clyde
"Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!": Die Geschichte von Bonnie & Clyde
Wertung wird geladen
Sabine Bongenberg
80°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2021

Lesenswertes und spannendes Sachbuch über Bonnie und Clyde

Sie trugen seinerzeit die malerischen Namen „Pretty Boy Floyd“ oder „Baby Face Nelson“ und sie prägten eine Ära: Zu ihnen gehörten auch Bonnie Elizabeth Parker und Clyde Chestnut Barrow, und tatsächlich waren sie alle nur Gangster, die während der „großen Depression“ in Amerika für Angst und Schrecken sorgten. Dennoch bewegen insbesondere Bonnie und Clyde bis heute die Gemüter. Woran kann das liegen? Waren sie womöglich die Nacheiferer von Robin Hood, die den „Reichen stahlen und dafür den Armen gaben“? Waren sie reine Opfer einer Zeit, die mit dem Begriff „große Depression“ heute fast romantische Gefühle erweckt? Oder wurden sie einfach durch den berühmten Film, der 1967 für diverse Oskars nominiert wurde und durch die wunderschöne Faye Dunaway und den draufgängerischen Warren Beatty besticht, unsterblich? 

Die große Depression und ihre Kinder

Die deutsche Politikwissenschaftlerin Michaela Karl erzählt in der Biografie eines der berühmtesten Gangsterpaare dessen Entwicklung vom Liebespaar, das langsam aus dem bürgerlichen Raster abrutschte, bis zu den beiden zerschossenen Leichnamen, die irgendwann neben der Straße aufgebahrt wurden. Karl zeigt beide als Kinder ihrer Zeit, die von der politischen und gesellschaftlichen Situation in den USA geprägt wurden: Nach dem großen Börsensturz und dem „schwarzen Donnerstag“ des Jahres 1929 waren weite Teile der Bevölkerung vollkommen verarmt. Das große amerikanische Ziel, sich aus eigener Kraft nach oben zu arbeiten, konnte von fast niemandem mehr erreicht werden, die Regierung der USA sah sich nicht in der Lage, die Not der Bevölkerung zu lindern und es herrschte eine allgemeine Hoffnungslosigkeit. Bonnie und Clyde lehnten sich gegen diese allgemeine Stimmung auf: Sie wollten ein Stück vom Kuchen abhaben – allerdings erzwangen sie ihren Anteil gewaltsam.

Karl führt die Leser von der Kindheit der beiden Akteure über Verbrechen mit der „Barrow-Bande“ bis zu ihrem gewaltsamen Ende. Sie berichtet interessant und anschaulich über die Hintergründe, die zu diesem Weg führten: über die verzweifelte Situation der einfachen Leute nach der Weltwirtschaftskrise, über die Rechtsprechung und ein Justizsystem, das es dem einmal Gestrauchelten fast unmöglich machte, wieder in die Gesellschaft zurückzufinden - aber auch darüber, wie einfach es schon war, sich dem Arm des Gesetzes zu entziehen. Manchmal meint die Autorin es aber zu gut mit den ganzen geschichtlichen Hintergründen – gelegentlich fühlte ich mich schlicht und einfach überfordert. Karl vergleicht ihre Helden auch mit dem berühmten Film aus dem Jahr 1967, der seine eigene Realität erschuf und nicht nur die Geschichte der beiden romantisierte, sondern auch ihre Bandenmitglieder nicht unbedingt wirklichkeitsnah zeichnete.

Sie war kein „Flintenweib“

Die Geschichte des Gangsterpärchens, seiner Bande und seiner Familie erzählt ein wichtiges Kapitel der amerikanischen Geschichte - und natürlich auch die Geschichte eines verbrecherischen Liebespaars, oder eines sich liebenden Verbrecherpaars. Gelegentlich passiert das zu ausführlich: Manchmal droht sich der Leser im Gewirr der vielen auftretenden Personen zu verwirren, ab und zu fehlte mir ein wenig Distanz zu den beiden Tätern; aber dennoch wird der Leser immer wieder von dieser fesselnden Geschichte eingefangen. Mir gefiel auch, dass einige wenige Fotos, die Bonnie und Clyde sowie ihre Familien- und Bandenangehörigen zeigen, in dem Buch zu finden sind und auch die Hintergründe dieser Bilder erklärt werden. So hatte Bonnie nur zum Spaß bei dem berühmten Foto von ihr als „Pistolenbraut“ posiert und ärgerte sich später immer wieder über dessen Verbreitung.

Fazit

Michaela Karl zeigt mit Ladies und Gentlemen, das ist ein Überfall einen spannenden und lesenswerten Einblick in die US-amerikanische Geschichte, die dazu beitrug (wenn auch sicher nicht für alles verantwortlich war), wie das Leben von Bonnie und Clyde verlief. Wer sich für Geschichte und natürlich auch für das berühmte Gangsterpärchen interessiert, der findet hier eine spannende und sicherlich auch sehr lehrreiche Lektüre.

"Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!": Die Geschichte von Bonnie & Clyde

Michaela Karl, btb

"Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!": Die Geschichte von Bonnie & Clyde

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »"Ladies and Gentlemen, das ist ein Überfall!": Die Geschichte von Bonnie & Clyde«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren