Das Landhaus
- Goldmann
- Erschienen: März 2021
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- OT: Only Truth
- aus dem Englischen von Rainer Schmidt
- TB, 432 Seiten
Eine Geschichte wird abgearbeitet
Isabel liebt London, doch weil ihr Mann sich einen Traum erfüllen möchte, zieht sie mit ihm in ein einsam gelegenes Landhaus mit riesigem Garten. Sie fühlt sich dort nicht wohl und hat das Gefühl, nicht zum ersten Mal in diesem Haus zu sein. Als sie dann in der Remise eine versteckte Kammer mit Einritzungen an den Wänden findet, weiß sie, dass hier etwas Schlimmes geschehen sein muss ...
Isabel hat einiges durchgemacht
Die Isabel von heute gibt es erst seit ein paar Jahren - denn nach einer schweren Kopfverletzung musste sie sich erst wieder ins Leben zurückkämpfen. An den fast tödlichen Angriff kann sie sich nicht mehr erinnern. Die lange Rekonvaleszenz, die Verletzungen und die völlige Änderung ihrer Lebensumstände haben ihren Charakter verändert: Sie neigt zu unkontrollierten Ausbrüchen, kann ihre Emotionen nicht immer steuern
und trinkt manchmal zu viel Alkohol. Cameron macht aus dieser gezeichneten Frau zwar keine Sympathieträgerin, aber einen glaubhaften Charakter, auch wenn sie teilweise etwas zu sehr in Stereotype abdriftet. Das gleiche gilt für ihren Mann Tom und den Täter, den der Leser in aus seiner Sicht erzählten Kapiteln kennenlernt. Tom scheint der entnervend liebevolle Beschützer zu sein, und denkt doch nur an sich. Der Täter wird als Psychopath nach Lehrbuch beschrieben, was ihn zwar charakterisiert, aber nicht unbedingt interessant macht.
Ein (fast) zu schönes Setting
Wer kennt sie nicht, die wunderbaren Landhäuser der britischen Insel? In einem großen Garten steht ein pittoreskes, leicht heruntergekommenes Haus mit vielen Zimmern und noch mehr Atmosphäre. Wie viele andere scheint auch die Autorin von einem solchen Anwesen zu träumen, denn hier wird alles einfach zu schön - selbst die unheimliche Remise wird zum gekonnt ausgebauten Atelier für Isabel. Geldsorgen hat hier niemand, die Renovierung von Haus und Garten läuft problemlos und heraus kommt das Ideal von einem Landhaus. Da hat sich Cameron wohl den eigenen Wunsch nach heimischer Idylle von der Seele geschrieben, oder aber ganz tief in die Banalitätenkiste gegriffen: zu wenig Ecken und Kanten, zu wenig Probleme außerhalb des eigentlichen Thriller-Geschehens - nicht gerade sehr glaubwürdig; doch sie hätten dem Buch mehr Tiefe gegeben, den Hauch von Realität und Glaubwürdigkeit.
Ein Paukenschlag eröffnet den Thriller
Der Prolog eröffnet den Thriller gleich mit einem Paukenschlag und zieht den Leser damit blitzschnell in die Geschichte. Doch was dann folgt, ist nur noch eine Abarbeitung. Eine unglückliche Andeutung folgt der nächsten. Die Spannung verpufft und wird durch den gesamten Thriller auf niedrigem Niveau gehalten. Der Leser erfährt alles schon am Beginn, und was ihm nicht direkt aufgetischt wird, wird durch viel zu offensichtliche Hinweise offenbart. Die einzige offene Frage ist die nach der Identität des Täters, deren Lösung durch einige wenig gekonnt angelegte Möglichkeiten herausgezögert werden soll. Am Ende wird auch diese Frage geklärt, wobei die Autorin noch einmal versucht, das ganze interessant zu machen, aber nur noch Klischees parat hat, die dem Schluss jede Spannung nehmen. Ein wenig anspruchsvoller Stil und leider zu viele banale Dialoge ziehen das Erzählte in die Länge, ohne dem Leser Höhepunkte zu bieten.
Fazit
Das Landhaus ist ein sehr unaufgeregter Thriller, der durch zu viele Hinweise zu viel verrät und ein Thema bearbeitet, das man schon kennt. Man muss der Autorin zugutehalten, dass es ihr Debüt ist - doch ein bisschen mehr Realität und ein bisschen weniger Banalität hätten nicht geschadet.
Julie Cameron, Goldmann
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