Blacktop Wasteland

  • Ars vivendi
  • Erschienen: Mai 2021
  • 2

- aus dem Englischen von Jürgen Bürger

- HC, 340 Seiten

Blacktop Wasteland
Blacktop Wasteland
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Sabine Bongenberg
95°1001

Krimi-Couch Rezension vonJul 2021

Ein Ritt auf der Rasierklinge

Beauregard Montage ist damals nach dem letzten großen Coup ausgestiegen. Er hat vom Anteil seiner Beute seine Schulden bezahlt, eine Werkstatt gekauft und ist in das bürgerliche Leben gewechselt. Aber jetzt wachsen ihm die Probleme über den Kopf: Die Werkstatt läuft schlecht, die Kinder brauchen Brillen und Zahnspangen, das Seniorenheim seiner pflegebedürftigen Mutter verlangt eine Nachzahlung, die Tochter will das College besuchen und natürlich ist die Bank nicht gewillt, auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Beauregard wäre verzweifelt, wenn nicht eine leise Stimme in ihm sagen würde, dass sich Geld auch wesentlich einfacher verdienen lässt…

Dein Stern ist zu hell für einen Ort wie diesen.

S.A. Cosby beschreibt in seinem ersten in die deutsche Sprache übersetzten Roman ein Leben, wie es sich für viele Schwarze in den Südstaaten bis heute gestaltet: Es ist eine ständige Wanderung zwischen bitterer Armut mit Hoffnungslosigkeit und dem Versuch, irgendwie dann doch aus dieser Misere herauszukommen und dafür zu sorgen, dass sich wenigstens den Kindern eine bessere Perspektive bietet. Dennoch müssen viele erkennen, dass der Versuch eine bessere Bildung und damit einen besseren Job zu bekommen genauso aussichtsreich ist, wie eine baldige Reise zum Mars.

In dieser Atmosphäre lässt S.A. Cosby seinen Helden Beauregard „Bug“ Montage an der amerikanischen Rezession verzweifeln. Von großen Träumen auf tolle Jobs ist nicht viel geblieben, ehrlich bezahlte Arbeit ist kaum zu finden, Kunden die bereit sind, Geld für diese Arbeit zu leisten noch weniger und so wird der Lockruf des „unehrlichen“ Geldes immer lauter. Beauregard indes ist ein – egal ob im bürgerlichen Leben oder im kriminellen Milieu – ein fleißiger, ernsthafter Arbeiter, der nichts ohne gründliche Vorbereitung angeht. Unglücklicherweise ist er damit allein auf weiter Flur und so ist es wieder seinem – überwiegend – weißen Umfeld zu verdanken, dass auch seine umfassenden Vorbereitungen nicht mit genügend Erfolg gekrönt werden.

“Time to fly“

S.A. Cosby hat einen grandiosen, atemlos machenden, rasanten Krimi mit lebensechten und glaubhaften Personen geschaffen. Wie das Genre verlangt, ist einiges abschnittsweise brutal, es gibt herabwürdigende Sprüche gegen Schwarze und Übergewichtige, da aber S.A. Cosby zu beiden Gruppen – zumindest augenscheinlich – gehört, darf er das. Auch sein Held ist nicht nur durchweg sympathisch, sondern macht keinen Hehl daraus, dass er Männer, die nach ihrer Mutter geschrieen haben, in die Schrottpresse gejagt hat, aber bei aller Tragik ist zuletzt auch das nachvollziehbar. Dennoch ist „Blacktop Wasteland“ nicht nur ein frustrierendes Buch, sondern gelegentlich blitzt auch eine überraschende Komik auf, so zum Beispiel als die heruntergekommenen weißen Rednecks in der allerletzten, abgerockten Billigsex-Spelunke nicht gerade erbaut von Beauregards Besuch sind.

„Können wir nicht wenigstens einen Ort haben, an dem ihr nicht eure Visage reinsteckt? Verdammt, ihr habt doch schon das Weiße Haus.“

Fazit:

Es gibt Bücher, die in den USA hochgelobt und –dekoriert wurden und die in Europa dennoch nicht so recht funktionieren. Davon kann bei „Blacktop Wasteland“ nicht die Rede sein. S.A. Cosby gelingt es den Süden der USA, dem außer seiner Geschichte und seinem Stolz nicht mehr viel geblieben zu sein scheint, mit seinem Staub, seiner Trockenheit und seinen verlassenen Gebäuden, die vom wilden Grün überwuchert werden, so lebensecht zu präsentieren, dass der Leser alles hautnah zu spüren meint. Herausgekommen ist ein beeindruckendes Werk und wesentlich mehr als ein reiner Unterhaltungskrimi. Sollte übrigens bisher noch keiner die Filmrechte erworben haben, wäre ich in jedem Fall interessiert…
 

Blacktop Wasteland

S. A. Cosby, Ars vivendi

Blacktop Wasteland

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