Unnützes James Bond Wissen
- CrossCult
- Erschienen: Oktober 2020
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- TB, 457 Seiten
Eine Rezension in einem Satz – eher nicht
Unnützes James Bond Wissen: Mehr als 2500 Fakten über 007 unter seinem Titel abzuhaken, würde zu kurz greifen. Denn das dreihundertseitige Nachschlagerwerk hat mehr zu bieten, positiv wie negativ: da findet sich Wissenswertes neben Belanglosem, Anekdotisches neben Offensichtlichem, und leider haben sich auch ein paar (vermeidbare) Fehler eingeschlichen (von CrossCult-Eigenverlagswerbung abgesehen) - heißt, es werden frühere Übersetzungen mit den Neuauflagen aus dem CrossCult-Verlag verglichen. Dabei können die antiquierten, höchst unkorrekten, aber peppigen Erstübersetzungen gegenüber der entschärften, langweiligeren aktuellen Übertragung vor allem vom Unterhaltungsfaktor und dem innewohnenden Zeitkolorit her punkten.
James Bond: Lang lebe die Serie
Was Dr. Who fürs Fernsehen ist James Bond für das Kino: die langlebigste Serie um eine Hauptfigur, die von unterschiedlichen Darstellern interpretiert wird. Typisch britisch und gleichzeitig Kosmopolit, ein popkulturelles Phänomen. Doch wo Dr. Who mit Geschlechterklischees spielt und passenderweise aktuell als Frau (Jodie Whittaker) durch Zeit und Raum reist, ist die Saga von 007, dem Agenten mit der Lizenz zum Töten, die Geschichte eines traurigen Mannes, der sich verzweifelt in Kampf, Alkohol und Hedonismus suhlt, um nicht vergessen zu werden. Das gelingt erstaunlich gut.
Von Sean Connery bis Daniel Craig - vorerst
Sean Connery war das Urbild des konservativen Machismo, zur Abmilderung dezent ironisch verfremdet. Die moderne Gesellschaft ist ihm ein Graus, aktuelle Popkultur per se verdächtig ("Man trinkt nie einen 53er Dom Perignon, wenn er eine Temperatur von über acht Grad hat. Das wäre genauso, als wenn man den Beatles ohne Ohrenschützer zuhören würde", konstatiert 007 in Goldfinger). Für England und sein Ego stapft er über Leichenberge - was Timothy Dalton Jahrzehnte später zynisch überbetonte und gleichzeitig mit eigener Schwäche paarte. Das kam zu früh und wurde vom Publikum mit Missachtung bestraft (der finstere Lizenz zum Töten war ein Kassenflop, obwohl die Figur Bond dabei recht dicht am literarischen Original haftete und Paul „Death Wish“ Kersey im Gepäck hatte; erst mit den Jahren wuchs die Wertschätzung von Daltons Leistung).
Roger Moores Darstellung kippte das Konzept komplett ins Ironische (was nach Leben und Sterben lassen eine Freigabe der Filme ab 12 Jahren zur Folge hatte), Pierce Brosnan ins Aalglatte – und das trotz der Anweisung seitens des Regisseurs, sich nicht täglich zu rasieren, um verwegener zu verwirken.
Mit Daniel Craig schließlich wurde der Versuch unternommen, Bond als gebrochene Figur ins 21. Jahrhundert zu hieven, was mal ansprechend (Casino Royal), mal deprimierend öde gelang (Spectre, die wandelnde Modenschau). James Bond ist kein mit sich selbst hadernder Dark Knight, sondern ein mitunter wankendes Relikt, und vermag als solches immer noch eine gute Figur zu machen.
Geschüttelt und nicht gerührt – viele Infos unterschiedlicher Qualität
Unnützes James Bond Wissen beleuchtet all die unterschiedlichen Facetten, die die Darsteller, Autoren und Regisseure in die jeweilige James-Bond-Inkarnation packten. Allzu Kritisches darf man nicht erwarten, aber etliche Aspekte der Außenwahrnehmungen werden durchaus eingebracht. Ansonsten ist das Buch vollgepackt mit Anekdoten, Hintergrundwissen (Roger Moores Sohn Christian war dritter Regieassistent bei Golden Eye und ähnliches) und Fun Facts. Das ist mal erhellend, mal nur launig und nicht selten überflüssig - vor allem dann, wenn lediglich geschildert wird, was man im Film selbst wahrnimmt („Wai Lin benutzt einen in ihrer Stiefelsohle verborgenen Ninja-Stern und wirft ihn einem von Carvers Handlangern in den Hals.“ [S. 248] - Äh ja, das haben wir gesehen).
Leider schleichen sich auch einige überflüssige Fehler ein, was sowohl Externes wir Interna betrifft. So war Joan Collins keineswegs bei Dallas am Start, sondern das „Biest“ des Denver Clans. Und Dr. Kaufmans längste „Chakra-Folter“ dauerte nicht 72 Stunden bis der Tod des Gemarterten eintrat, sondern „bloß“ 52 (als ob das nicht lang genug wäre) - zudem wieder eine Info, die man Der Morgen stirbt nie selbst entnehmen kann; man muss nur dem beflissenen Götz Otto lauschen, der den tödlichen Rekord an Wai Lin und James Bond brechen möchte. Derartige Aussetzer sind nicht zahlreich, aber übers gesamte Buch verstreut wohl vorhanden.
Fazit: Ein lohnender Zeitvertreib mit Abzügen in der B-Note
Dies schmälert das Vergnügen an der Lektüre etwas, merzt es aber nicht aus. Denn Unnützes James Bond Wissen punktet mit einer Vielzahl aufschlussreicher Fakten und geizt auch nicht mit Charme.
Gelungen auch, dass Danny Morgenstern es nicht nur bei den Filmen bewenden lässt, sondern sich nach der Filmographie explizit Ian Fleming, den Bond-Darstellern, James Bond und anderen Romanfiguren sowie dem erweiterten Umfeld („Dies und das…“) widmet. Herausgekommen ist ein kurzweiliges „Fachbuch“, welches das Interesse am Agenten mit der Identifikationsnummer 007 im Geheimdienst ihrer Majestät weckt und hochhält.
Danny Morgenstern, CrossCult
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