Abgetaucht
- Heyne
- Erschienen: Juli 2020
- 2
- OT: A Minute to Midnight
- aus dem Englischen von Norbert Jakober
- HC, 527 Seiten
- Bd. 2 [Atlee Pine]
Killer ermordet ohne Skrupel scheinbar harmlose Porno-Stars
David Baldacci ist ein Autor, der regelmäßig neue Kriminalromane vorlegt. Von vielen Lesern und Kritikern wird diese Art des Schreibens vermutlich als Mainstream bezeichnet; dieser Einstufung kann ich nur zustimmen. Wer also derartige Krimis nicht mag, kann gleich die Finger von Baldaccis Büchern lassen. Wer allerdings gut unterhalten werden möchte, dem Autor viel dichterische Freiheit zubilligt, dabei aber auf pfiffige Dialoge und originelle Figuren Wert legt, ist hier bestens aufgehoben; denn der Leser bekommt Mainstream in seiner besten Form geboten.
Abgetaucht ist bereits das zweite Buch um die junge und überaus eigenwillige FBI-Agentin Attlee Pine und ihre lebenskluge Assistentin Carol Blum. Es beginnt damit, dass Pine eine Entführung beendet, den Täter aber unangemessen heftig verprügelt. Um Gras über die Sache wachsen zu lassen, gibt ihr Vorgesetzter ihr frei - damit sie die ungelöste Frage um das Verschwinden ihrer Schwester endlich klären kann. Blum fährt mit ihr nach Andersonville, wo Pine aufgewachsen ist und ihre Schwester damals entführt wurde.
Dort wird kurz nach der Ankunft des Duos eine weibliche Leiche gefunden, und unversehens stecken die beiden in den komplizierten Ermittlungen zu einer Mordserie - denn die örtliche Polizei bittet Pine um informelle Unterstützung. Als weitere Morde passieren, die in Zusammenhang miteinander stehen, werden Blum und Pine nachhaltig von ihren Recherchen zum Verschwinden von Pines Schwester Mercy abgelenkt. Dennoch befragen sie etliche der Freunde von Pines Eltern und andere Zeugen aus der Zeit von vor über 20 Jahren. Aber diese Ermittlungen gestalten sich überaus zäh - und auch die Suche nach dem Serientäter erfordert viel Einsatz und Geschick. Immerhin wird - nach vielen Irrungen und Wirrungen - der aktuelle Fall schließlich gelöst.
Attlee Pine erfährt schockierende Geheimnisse über ihre Familie
Im Hinblick auf ihre Familie und deren Vergangenheit erfährt Attlee Pine einige schockierende Geheimnisse, was ihr endlich einen einigermaßen brauchbaren Ermittlungsansatz liefert. Aber die weitere Suche nach ihrer Schwester und ihrer Mutter ist wohl dem nächsten Thriller um das dynamische FBI-Duo vorbehalten.
David Baldacci versteht es wieder einmal meisterhaft, Ermittler und Leser mit falschen Fährten und überraschenden Wendungen auf Trab zu halten. Bei den witzigen Dialogen zwischen den zwei so unterschiedlichen Frauen ist Carol Blum mit ihrem trockenen Humor auch in dieser Episode der heimliche Star: Sie zeigt immer wieder, wie wichtig ihre Lebenserfahrung ist, und Pine ist mehr als dankbar, diese Assistentin an ihrer Seite zu haben.
Doppel-Ermittlungen sind ein guter dramaturgischer Kniff
Der Autor hat mit den Doppel-Ermittlungen einen guten dramaturgischen Kniff gewählt. Wenn es in dem einen Fall hakt, wird im anderen weiterermittelt - bis der kleine Hänger durch Zeitablauf überwunden ist, und es wieder mit dem anderen Handlungsstrang weitergeht. Dieser stete Wechsel sorgt für große Dynamik, und der Leser wird wirklich gefesselt, weil ständig eine neue Entwicklung möglich scheint. Es gibt nämlich viele lose Fäden, die Spannung nimmt dadurch immer weiter zu. Als dann auch noch die Recherchen des einen Falles im anderen relevant werden, ist die Verknüpfung der Ereignisse nahezu perfekt. Aber auch der thematische Rahmen ist interessant: Es geht um skrupellose Geschäftemacher und die schmierige Pornobranche - kombiniert mit Drogenhandel und anderen Verbrechen; aber auch um große Gefühle, Mutterinstinkte, und die tiefe Sehnsucht nach einer heilen Familie.
Fazit
David Baldacci ist ein Geschichtenerzähler der Extra-Klasse. Das Buch ist - wie so oft bei diesem Autor - locker und leicht zu lesen, fesselt bei der Lektüre von Beginn an. Attlee Pine und Carol Blum sind ein perfektes Duo, ergänzen sich hervorragend; und für eine Assistentin liefert Blum bemerkenswert viele Erkenntnisse zu den Ermittlungen. An Baldacci und seinen Thrillern scheiden sich die Geister: man mag diese Bücher, oder eben nicht. Ich fühle mich stets gut unterhalten, das ist großes Lesekino - und das Duo Pine/Blum würde ich gerne mal im Film erleben.
David Baldacci, Heyne
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