Dunkeltot, wie deine Seele
- Edition M
- Erschienen: Januar 2021
- 2
- TB, 346 Seiten
- Bd. 3 [Targa Hendricks]
Stasi-Buddys, dunkle Bunker und Killer aus einer sinistren Sekte
Targa Hendricks wurde vor knapp 30 Jahren zusammen mit ihrer Schwester auf den Stufen eines Krankenhauses ausgesetzt. Ihre Mutter und ihre Schwester überlebten die Nacht nicht - Targa schon. Sie ist beziehungsunfähig, trotz aller Bemühungen ihrer Adoptivmutter, einer Krankenschwester aus der Klinik damals. Jetzt ist Hendricks Undercover-Zielfahnderin beim Bundeskriminalamt, in einer speziellen Abteilung des BKA, dem K2 - und das mit einer bemerkenswerten Erfolgsquote. Sie wird bei ganz besonderen Fällen eingesetzt und hat mit ihren höchst eigenwilligen Ermittlungsmethoden bereits mehrere Serienmörder überführt.
Auf dem Buchrücken wird schon verraten, worum es geht, und auch die Mörder sind - wie bei B.C. Schiller üblich -, von Beginn an bekannt. Das mindert die Spannung aber überhaupt nicht, denn der Leser fragt sich: Wie will Targa Hendricks den mörderischen Geschwistern nahekommen, um sie schließlich zu überführen? Und wird es ein Wettlauf mit der Zeit, weil die beiden weiter morden, und noch mehr junge Frauen sterben müssen? Wie immer bei ihren Ermittlungen fühlt sie sich in die Situation der ermordeten Frauen ein, nachdem Volker Lundt, ihr Vorgesetzter beim BKA, sie in das kleine Blumenthal gebracht hat, wo die Geschwister ein exklusives College besuchen.
“Targa schließt die Augen, hält den Atem an. Der Gummigestank wird immer stärker. Heiße Luft schlägt ihr ins Gesicht. Der Motor heult auf. Dann ist Stille.
‚Du bist ganz schön neben der Spur!‘
Targa öffnet die Augen. Lundt steht über ihr. Sein Gesicht ist kreidebleich. ‚Ich hätte dich fast überfahren.‘
‚Lisbeth dachte zuletzt an Hunger und Dunkelheit‘, flüstert Targa und steht auf. Hund läuft schwanzwedelnd auf sie zu und leckt ihre Hände.
‚Was hat das zu bedeuten?‘ Lundt kratzt sich verwirrt am Kopf.
‚Das kann ich noch nicht beurteilen.‘ Targa wischt sich nachdenklich die Handflächen an ihrer Latzhose ab. ‚Aber dieser Auftrag ist eine Reise ins Herz der Finsternis.‘ ”
Und diese Reise beginnt mit Targas Vorstellung als neue Sportlehrerin und Psychologin in der Lehranstalt. Sie parkt plötzlich mit ihrem VW-Bus, in dem sie zusammen mit ihrem Hund - der auch einfach Hund heißt - wohnt, vor dem Tor zum Gelände. Es kommt zu einem spektakulären Auftritt, bei dem Targa die Geschwister Zoey und Adam Yankowski gleich als seltsame Menschen erlebt. Das schräge und rätselhafte Paar versucht, die neue Lehrkraft zu provozieren, aber Targa Hendricks ist erfahren und cool genug, die Verbal-Attacken zu parieren. Und so beginnt das Katz- und-Maus-Spiel zwischen den Killern und der Fahnderin, das sich zu einem lebensgefährlichen Kräftemessen auswachsen wird.
Es gibt einen weiteren Handlungsstrang um eine sinistre Sekte in Dänemark, der später im Hinblick auf die Vergangenheit der Geschwister wichtig und aufschlussreich wird. Ohnehin streut das Autorenpaar Barbara und Christian Schiller im dritten Band ihrer Reihe um die so sonderbare Undercover-Agentin des BKA wieder etliche Rätsel und Nebengeschichten ein. Targa wird dem Leser - wenn er oder sie die ersten zwei Bände gelesen hat - immer vertrauter. Aber auch Volker Lundt rückt etwas mehr in den Vordergrund. Es geht auch um alte Stasi-Seilschaften; Ex-Offiziere helfen und erpressen sich gegenseitig. Der Gipfel ist dann, dass die jungen Frauen in alten DDR-Bunkersystemen gefangen gehalten und getötet werden.
“Auf Zehenspitzen schleicht Zoey zu dem zweiten Raum. In der allgegenwärtigen Finsternis kann sie nur die Umrisse des Mädchens erkennen. Paula sitzt auf dem Boden. Sie lehnt mit dem Rücken an der Betonwand.
‚Bist du das, Adam?‘, flüstert sie plötzlich. Kriecht auf den Eingang zu. Blitzschnell dreht sich Zoey um und verschwindet wieder.
‚Adam, bist du es? Warum tust du mir das an? Was habe ich dir denn getan??‘, schluchzt Paula. Ihre Stimme dringt durch die Finsternis, erreicht aber Zoeys Herz nicht mehr. Ihre Seele ist bereits dunkeltot.
Die Autoren haben hier neben der Ermittlerin und ihrem Führungsoffizier ein interessantes Personaltableau aufgefahren: Nicht nur alte Stasi-Offiziere, die sich gegenseitig erpressen, sondern auch ein unheilvoll ambitionierter Dorfpolizist sorgen für Turbulenzen. Der Sidekick mit der Sekte in Dänemark ist zunächst nur rätselhaft, sorgt später aber für reichlich Dynamik im Plot. Überhaupt haben sich Barbara und Christian Schiller hier wieder eine Geschichte ausgedacht, die in meinen Augen durchaus nahe an der Realität entlangschrammt.
Sekten aller Art sind ja durchaus in großer Zahl zu finden, und auch etliche ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit haben sich unerkannt in vielen Bereichen der Sicherheitsbehörden eingenistet. Personal und Schauplätze passen hier perfekt zueinander, und bei ihren Dialogen sind die Autoren stets in der Lage, ihre Leser auf vielfältige Weise gut zu unterhalten. Targa Hendricks ist mittlerweile für die Leser dieser Reihe zu einer Vertrauten geworden, die man gerne begleitet - und mit ihr leidet, wenn sie in Gefahr gerät.
Fazit
Ob der dritte Band der bisher beste aus der Targa-Hendricks-Reihe ist, kann man sicherlich unterschiedlich sehen. Auf jeden Fall bieten Barbara und Christian Schiller hier aus meiner Sicht eine Figur an, die sich kontinuierlich weiterentwickelt und es dem Leser sehr schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Wer einen Thriller möchte, bekommt hier alles geliefert, was dazugehört: Spannung, zwielichtige Protagonisten, einen durchdachten Plot und ein Setting, das keine Wünsche offenlässt. Lesekino der feinsten Art.
B.C. Schiller, Edition M
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