American Spy
- Klett-Cotta
- Erschienen: Juli 2020
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- aus dem Englischen von Antje Althans, Anne Emmert, Katrin Harlaß und Jenny Merling
- Broschur, 368 Seiten
Berührende Episode im auslaufenden Kalten Krieg der Supermächte
Marie Mitchell, Special Agent beim FBI, hat sich vor einigen Jahren von der CIA für einen besonderen Einsatz anheuern lassen. Obwohl, es war gar nicht die CIA, nur eine mit dem Geheimdienst zusammenarbeitende private Sicherheitsfirma. Aber als Marie das erfahren hat, steckte sie bereits in Burkina Faso in einer Mission, die sich als höchst gefährlich herausstellte.
Die Erinnerungen an diese Zeit schildert sie in einem Brief an ihre Söhne, den sie im selbstgewählten Exil auf der Insel Martinique schreibt. Dorthin ist sie mit ihren Kindern geflohen, nachdem ein Mann in der Nacht in ihr Haus in Connecticut eingedrungen ist und sie ihn in Notwehr erschossen hat. Im Haus ihrer Mutter auf der Karibik-Insel will sie sich und ihre beiden Jungs verstecken, bis sie herausgefunden hat, was oder wer hinter dem Überfall steckt ...
Familiengeschichte wird schnell langatmig und weitschweifig
Der Beginn der Geschichte mit dem erschossenen Einbrecher ist hochinteressant. Als dann aber Marie beginnt, ihre Geschichte für ihre Söhne aufzuzeichnen, die jetzt noch zu jung sind, um das alles verstehen zu können, wird es schnell langatmig und weitschweifig. Die Familiengeschichte und Maries kurze Karriere als Spionin können den Leser durchaus zu fesseln, aber Spannung im kriminalistischen Sinne vermag die Autorin nicht aufzubauen.
Die Frage jedoch, wie es in dem Spionagefall weitergeht und welches Ende das Ganze nimmt, übt schon eine gewisse Faszination aus. Marie hat nach ihrer Zeit auf der “Farm” (so wird das Ausbildungszentrum des FBI in Quantico intern genannt) einen langweiligen Job bekommen. Sie landet für zwei Jahre in Indianapolis, erst danach kann sie sich in ihrer Heimatstadt New York versetzen lassen. Aber auch dort muss sie sich nur mit dem Rekrutieren von Informanten befassen, spannende Fälle bleiben ihr vorenthalten.
Weil es mit ihrer Karriere als Bundespolizistin nicht so vorangeht, wie sie es sich vorgestellt hat, folgt Marie dem Wunsch ihres Vorgesetzten und lässt sich von der CIA für eine verdeckte Operation bei den Vereinten Nationen anwerben - und später dann auch für einen Einsatz in Burkina Faso. Es geht, wie so oft beim amerikanischen Auslandsgeheimdienst, um das Infiltrieren eines unliebsamen kommunistischen Regimes - schließlich spielt dieser Teil der Handlung 1987, also noch zur Zeit des Kalten Krieges und der Stellvertreterkriege in Afrika.
Die Autorin erzählt nicht nur eine interessante Geschichte, sie hat offensichtlich auch gut recherchiert. Burkina Faso - früher war das westafrikanische Land als Obervolta bekannt - steht gewöhnlich nicht wirklich im Fokus der Weltöffentlichkeit. Aber ein sozialistisches Regime in Afrika weckt immer die Aufmerksamkeit des “Weltpolizisten” USA - jedenfalls war das 1987 noch so.
Marie Mitchell wird als Person ausführlich dargestellt, der Leser kennt nach der Lektüre einige Facetten ihrer Persönlichkeit. Alle weiteren Figuren bleiben eher blass, aber das ist auch der Fixierung auf die Hauptfigur geschildert. Zum Abschluss kommt es in Burkina Faso noch zu etwas Action, aber das ist zu spät und zu wenig, um das Buch tatsächlich als Thriller durchgehen zu lassen.
Fazit
Lauren Wilkinson hat einen lesenswerten und durchaus spannenden Roman vorgelegt. Aber das Buch ist alles mögliche, nur kein Thriller. Die Autorin vermag den Leser mit ihrer interessanten und facettenreichen Familiengeschichte durchaus zu fesseln, aber für einen Agenten- oder Spionage-Thriller ist das alles viel zu dünn. Wer sich für die politischen Verhältnisse im nord-westlichen Afrika, das Land Burkina Faso und die übliche Einflussnahme der Amerikaner dort - in der einen oder anderen Form - interessiert, wird hier bestens unterhalten. Aber ein wirklicher Thrill stellt sich niemals ein - dafür ist die Geschichte am Ende doch zu bieder.
Lauren Wilkinson, Klett-Cotta
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