Fräulein Gold: Schatten und Licht
- Rowohlt Polaris
- Erschienen: Juni 2020
- 1
- Broschur, 400 Seiten
Eigenständig, eigenwillig und selbstbewusst – Auftakt einer dreibändigen Reihe
Eine eigenständige und eigenwillige junge Frau schlägt sich im Berlin der 20er durch. Ihr Beruf und auch ihre Leidenschaft ist es, Kinder auf die Welt zu bringen und den Müttern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Hulda Gold ist gewitzt, unerschrocken und beliebt. Die äußeren Umstände, in denen das junge Deutschland steckt, treffen auch sie: Hunger, Armut, Sorgen. Hulda gibt aber nicht auf; sie ist engagiert und weiß immer eine Lösung. Auch gegen aufdringliche Männer weiß sie sich zur Wehr zu setzen. Als sie bei einer ihrer Patientinnen ist, erzählt ihr diese, dass ihre Nachbarin, die ihr sehr am Herzen liegt, verschwunden sei. Hulda wird neugierig und beginnt zu recherchieren. Erschüttert erfährt sie, dass die Nachbarin tot im Kanal aufgefunden wurde. An die Theorie eines Selbstmordes will sie nicht glauben, auch wenn die Dame im berüchtigten Bülowbogen lebte und es wahrlich nicht einfach hatte. Die Hebamme macht Bekanntschaft mit Kriminalkommissar Karl North und gerät so manches Mal mit ihm aneinander, wenn sie wieder Nachforschungen anstellt. Der Fall ist nämlich doch brisanter als zunächst gedacht…
Kein Krimi – eher ein Gesellschaftsroman
Es ist schwierig, die Handlung in eine bestimmte Schublade zu stecken…
Für einen richtigen Krimi ist das Geschehen nicht genug auf den Fall ausgerichtet, es geschieht so viel darum herum. Der Fall plätschert dahin und wird durch andere Geschehnisse - sei es im privaten als auch im beruflichen Leben der Hebamme - überlagert. Dabei scheint der Tod der Nachbarin – trotz seiner Brisanz – eher wie eine Nebenhandlung. Schwierig zu verstehen ist auch, wieso sich Hulda so sehr in den Fall kniet und sofort neugierig ist, diesen zu lösen. Weder kennt sie die Frau, noch wird sie explizit darum gebeten (oder steht überhaupt im Raum, dass es wirklich Mord sein könnte). Nur ihre Patientin ist erschüttert und kann sich einen Selbstmord nicht vorstellen. Dabei hat die Hebamme eigentlich auch so schon mehr als genug zu tun.
Natürlich darf die obligatorische Liebesgeschichte nicht fehlen, denn die beiden Hauptprotagonisten nähern sich natürlich an. Das scheint nicht verwunderlich, denn irgendwie erwartet man das aufgrund der Handlung, wobei es sich aber auch nicht um einen typischen Liebesroman handelt.
Die Schilderungen rund um die junge Republik muten doch eher historisch an. Hartgesottene Krimifans werden enttäuscht sein. Wenig überraschend, aber stereotypisch, ist die Charakterisierung Huldas: Sie ist selbstbewusst, lässt sich von Männern nichts sagen, wirkt burschikos und eckt damit an einigen Stellen an.
Fazit
Wer ein Gemisch aus historischen Schilderungen rund um das Leben in Berlin in den Goldenen Zwanzigern, einer sich anbahnenden Liebesgeschichte und einem kriminalistischen Mordfall mag, der ist hier richtig. Flüssig und einfach geschrieben, lässt sich der Roman zügig lesen. Aber eine wirklich packende Story sieht leider anders aus; die Idee und die Umsetzung sind nicht wirklich neu – teils zu viele Zufälle und schon recht vorhersehbar. Schade eigentlich!
Anne Stern, Rowohlt Polaris
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