Die Frau im grünen Regenmantel
- Kampa
- Erschienen: März 2020
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Sepp Leeb (Übersetzung)
Routiniert abgewickelt
Tess Monaghan darf nicht mehr ermitteln. Anders formuliert: Sie kann nicht mehr ermitteln, denn sie muss das Bett hüten. Der Grund dafür ist eigentlich ein recht schöner – wenn auch unerwarteter – denn Tess und ihr Lebensgefährte „Crow“ werden Eltern. Aber entscheiden ist wieder, was „hinten rauskommt“ und so muss eine neugierige Privatdetektivin zum Nichtstun verdammt auf der Couchliegen und kann nur aus dem Fenster starren. Aber je länger sie die Leute in der Welt draußen beobachtet, umso mehr kommt sie zu dem Ergebnis, dass das auch gar nicht so uninteressant ist.
Da ist zum Beispiel die Frau im grünen Regenmantel und den dazu passenden Schuhen, die ständig mit dem Handy am Ohr und dem Hund an der Leine unterwegs ist. Aber eines Tages läuft der Hund alleine durch den Park und die Frau ist verschwunden. Das ist eigenartig, findet Tess und beginnt zu ermitteln.
Es wird richtig spannend
Bestimmt ist jeder, der einmal den Klassiker „Das Fenster zum Hof“ mit dem knarzigen James Stewart und der wunderschönen Grace Kelly gesehen hat, schnell von dieser Krimi-Idee angetan: Jemand der viel Zeit hat, seine Mitmenschen zu beobachten, stellt fest, dass irgendetwas da nicht stimmt. Eine vertraute Person fehlt, eine Lücke entsteht und die Begleitumstände sind rätselhaft. Wenn es jetzt noch soweit kommt, dass der Ehemann einer so verschwundenen Frau darauf beharrt, sie sie nur auf einer Geschäftsreise dann wird die Geschichte richtig spannend.
Die amerikanische Autorin Laura Lippmann greift in ihrem elften Roman um die Privatdetektivin Tess Monaghan diese Idee auf. Auch ihre Heldin ist an das Bett gefesselt, auch ihrer Heldin glaubt – außer ihrer besten Freundin – niemand. Lippmann füllt aber – anders als Hitchcock – die Erzählung nicht mit Randgeschichten um die Nachbarschaft auf, sondern sie erzählt amüsante Geschichten aus der amerikanischen Kultur und der Geschichte Baltimores. Wer in diesen Bereichen bewandert ist, der findet diese kleinen Exkurse sicherlich witzig und erfrischend. Für meine Person gesehen, konnte ich das nicht so bejahen und so kam ich zu dem Eindruck, dass das was Amerikanern komplett geläufig ist und als leichtes Geplauder gilt, hier eher Fragezeichen hervorruft und mit federleichten Geschichten nicht viel am Hut hat.
Erschwerend mag dazu kommen, dass der Kampa Verlag zuerst den elften Band um die Erlebnisse der Tess Monaghan veröffentlichte und ihr Debutauftritt „Der Geliebte der Verlobten“ erst im September 2020 erscheint. Damit lässt sich dann auch erklären, dass die Mitstreiterinnen der an die Couch gefesselten Heldin nur relativ knapp und oberflächlich vorgestellt werden. Wer eine Heldin bereits durch diverse Abenteuer begleitet hat, der geht natürlich nicht mehr auf jede einzelne Besonderheit im Hinblick auf den Charakter und die Gewohnheiten ein.
Dennoch bestreite ich nicht, dass „Die Frau im grünen Regenmantel“ begeisterte Leser finden wird. Aber ich hatte eine Spannungskurve ähnlich der von Alfred Hitchcock erwartet und die kann innerhalb der Plaudereien einfach nicht geboten werden. Dazu kamen – für meine Begriffe – zu viele Exkursionen über nervige Köter und ein paar „hormonelle Holpler“ die eigenartige Verhaltensweisen der Heldin an den Tag legten.
Fazit:
Sagen wir wie es ist – Tess Monaghan und ich, wir wurden einfach nicht richtig warm. So etwas kann passieren und muss nicht heißen, dass das bei allen Lesern so ist. Aber vielleicht stürze ich mich dann doch noch in ihr erstes Abenteuer und vielleicht findet sich da weniger Geplapper und etwas mehr Handlung. Dennoch gibt es eine Sache, die ich auch noch einmal erwähnen möchte und das ist die einfach schöne Aufmachung des Büchleins. Ein gut gemachter fester Einband mit einer schönen stilisierten Titel-Aufmachung und einer sehr angenehmen Größe für die Handtasche – das findet man heute auch nicht mehr so häufig.
Laura Lippmann, Kampa
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