Mord im Irrenhaus
- Atrium
- Erschienen: Februar 2020
- 2
Susann Rehlein (Übersetzung), Alfred Dunkel (Übersetzung)
Überarbeitete Neuauflage der Erstveröffentlichung von 1936
Nachdem der Broadway-Produzent Peter Duluth seine Frau auf tragische Weise verliert, ersäuft er seinen Kummer in zu viel Alkohol. Im Privatsanatorium von Dr. Lenz sucht er Hilfe, doch dort gehen merkwürdige Dinge vor. Eine Stimme prophezeit einen Mord, der dann auch bald geschieht. Duluth versucht Licht in das Dunkel zu bringen - und gerät bald selbst in Gefahr.
Patrick Quentin ist ein Pseudonym
Den Autor Patrick Quentin gab es nicht. Er war neben Q. Patrick und Jonathan Stagge das Pseudonym einer ganzen Autorengruppe, deren Zusammensetzung und Zusammenarbeit so komplex ist, dass sich Otto Penzler damit im Nachwort zum vorliegenden Buch ausführlich befasst. Im Fall von „Mord im Irrenhaus“ handelt es sich bei den Autoren um das Duo Richard Wilson Webb (1901- 1970) und Hugh Callingham Wheeler (1912-1987).
Webb schrieb hauptsächlich Kriminalromane, während Wheeler auch als erfolgreicher Musical-Autor tätig war. Mit „Mord im Irrenhaus“ erschien 1936 der Debütband rund um den Broadway-Produzenten Peter Duluth und seine Frau Iris, die zusammen jahrzehntelang zahlreiche Fälle lösten. Die Serie erfreute sich in den USA und Europa so großer Beliebtheit, dass einige der Bücher verfilmt wurden.
Eine Mischung aus Who-Dunit und Locked-Room-Mystery
Mit einem Sanatorium liegt zwar nicht der typische Locked-Room vor, aber auch hier kommt niemand rein oder raus, denn die Angestellten leben zusammen mit den Patienten in dem abgeschlossenen Gebäude. So steht nur eine begrenzte Anzahl an potentiellen Tätern zur Verfügung und die Frage um die sich alles dreht lautet: Wer von ihnen war es?
Hier ist eine genaue Beschreibung der einzelnen Personen unabdingbar, um sie zu unterscheidbaren Charakteren zu machen, die den Leser zum Mitermitteln animieren. Bei Patienten eines „Irrenhauses“ ist das nicht so schwierig, denn hier hat jeder seine eigene Macke. Da gibt es vom Narkoleptiker über die Kleptomanin und den vermeintlichen Drugstore-Angestellten bis zum durchgeknallten Stardirigenten alles was so ein Ort zu bieten haben könnte.
Auch das Personal ist durch eindeutige Verhaltensweisen gut geschildert, und so kommt neben allen anderen die gut aussehende Schwester Miss Brush genauso als Täterin in Betracht, wie der gottgleich in seinem Sanatorium herrschende Dr. Lenz. Neben der Jagd nach dem Mörder und der mysteriösen Flüsterstimme bauen die Autoren eine sich anbahnende Liebesgeschichte ein, die etwas unwahrscheinlich daher kommt, aber unabdingbar ist, trifft doch hier das zukünftige Detektiv-Paar, Peter und Iris, das erste Mal aufeinander.
Lesevergnügen aus einer anderen Zeit
Man merkt der Geschichte ihr Alter an. Hier gibt es keine technischen Raffinessen oder Schock-affine Elemente. Sie spiegelt die gesellschaftlichen und historischen Umstände ihrer Entstehungszeit wieder. 1936 existierte noch das Britisch Empire - und gute Theaterinszenierungen hatten den Stellenwert von heutigen Blockbustern. Es gibt den erfolgreichen Broadway-Produzenten, den englischen Gentlemen, der in Indien gedient hat und psychisch Kranke werden noch als Irre bezeichnet. Das Geschehen wird vom Ich-Erzähler Peter Duluth geschildert, der erst zögerlich und dann immer entschlossener vorgeht.
Doch dabei wird nur wenig Spannung aufgebaut. An Geisterstimmen glaubt wohl niemand so recht und die dahin dümpelnde Aufklärung wird nur durch wenige fade Vorkommnisse erweitert, die eine Spannungskurve nicht erkennen lassen. Dafür wird jede Handlung im Detail geschildert, sei es das Auffinden des bedauernswerten Opfers oder die täglichen Visiten beim Arzt. Das wurde 1936 bestimmt packender empfunden, aber heute in Zeiten von Grisham, Fitzek, Robotham und Co. ist der Leser anderes gewohnt. Der Schluss passt dann auch zur restlichen Geschichte. Er ist aus heutiger Sicht antiquiert und unwahrscheinlich, aber dennoch nicht vorhersehbar und dadurch überraschend.
Die Art und Weise, wie die Autoren das Geschehen schildern, lässt auf einen großen Einfluss von Hugh Callingham Wheeler schließen. Es erinnert an ein Theaterstück oder ein Hörspiel ganz in der Tradition von Francis Durbridge oder Alexandra und Rolf Becker. Es gibt keine Rückblicke oder Parallelhandlungen, die Personenzahl ist begrenzt, ebenso die Handlungsorte und, dass Peter Duluth auch noch ausgerechnet Produzent am berühmten Broadway ist, kommt bestimmt auch nicht von ungefähr.
Fazit:
Aus heutiger Sicht ist die Handlung nur bedingt interessant, aber nichts desto trotz ist „Mord im Irrenhaus“ sicherlich ein Meilenstein in der Geschichte der Kriminalliteratur, hat die Serie rund um Peter und Iris Duluth doch eine große Fangemeinde erobert. Als Hörspiel oder Theaterstück aufgeführt, würden seine Qualitäten auch heute noch gut zur Geltung kommen. So aber ist das Buch nur etwas für eingefleischte Krimi-Nostalgiker.
Patrick Quentin, Atrium
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