Lied des Zorns

  • Piper
  • Erschienen: April 2020
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Thomas Gisbertz
70°1001

Krimi-Couch Rezension vonMai 2020

Terror, Thrill und Tote

Die ehemalige Elitesoldatin Wiebke Meinert ist erschüttert, als sie vom Mord an ihrer Schwester erfährt: Saskia stirbt bei einer Autoexplosion. Sie war Geheimagentin und einer gefährlichen Verschwörung auf der Spur. Was hatte sie herausgefunden? Wer war hinter ihr her? Von einem Kontakt beim Verfassungsschutz erfährt Wiebke, dass es eine akute Terrorwarnung gibt – und die Uhr tickt.

Um den Anschlag zu verhindern, muss sie zurück in ihr altes Leben. Stoppt sie die Täter, findet sie garantiert Hinweise auf die Mörder ihrer Schwester. Wiebke wurde ausgebildet, um zu töten. Sie hat keine Angst vor ihren Gegnern. Und sie mag es nicht, wenn man ihr Vorschriften macht.

Im Auftrag der Geheimpolizei

Eigentlich gilt in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg auf Drängen der Alliierten eine klare Trennung zwischen Nachrichtendienst und Polizei. Nirgends auf der Welt wird so sehr auf dieses Gebot geachtet wie hier. Ungeachtet dessen arbeitet Saskia Meinert unter dem Deckmantel des Entwicklungsministerium für die deutsche Geheimpolizei im Ausland.

Gegründet nach dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz 2014 ist diese ausgestattet mit sämtlichen Befugnissen von Polizei und Nachrichtendienst - und das Ganze unter Aufsicht des Bundesinnenministeriums. Als Saskia im Rahmen ihrer Arbeit getötet wird, erhält ihre Zwillingsschwester Wiebke die Möglichkeit, sie zu rächen und gleichzeitig einen Terroranschlag zu vereiteln. Die ausgebildete Elite-Fallschirmjägerin der Division „Schnelle Krisen-Intervention“ macht sich auf die Suche nach den Tätern.

Polizist als Thrillerautor

Mark Fahnert, geboren 1973, ist seit 1990 bei der Polizei. Mehrere Jahre ermittelte er verdeckt als szenekundiger Beamter, bevor er seinen Dienst bei der Autobahnpolizei versah. Heute befasst er sich mit politisch und religiös motivierten Delikten. Durch seine lange und vielseitige Polizeilaufbahn ist er mit den Mechanismen der deutschen Sicherheitsbehörden bestens vertraut.

Bereits 2001 veröffentlichte Fahnert seinen ersten Thriller „EDOM“. Nach mehreren Jahren Pause erscheint nun im Piper Verlag „Lied des Zorns“, der Auftakt einer Reihe um die Agentin Wiebke Meinert, die den Tod ihrer Zwillingsschwester aufklären will. Der zweite Band, „Klang des Feuers“, soll im November folgen.

Realität oder Fiktion?

Der neue Roman von Mark Fahnert wird allen, die gerne Agententhriller lesen, sicherlich gefallen: ein hochaktuelles Thema, viel Action und zahlreiche Handlungsorte rund um den Globus. Die Ereignisse überschlagen sich regelrecht, was überwiegend für Spannung sorgt. Die Figurendarstellung geht zwar nicht in die Tiefe, muss es aber auch für den ein oder anderen Leser bei einem Agententhriller nicht unbedingt.

Dafür zeigt der Autor die weltweite Verstrickung der einzelnen Geheimdienste auf. Dabei greift Fahnert immer wieder auf sein großes Insiderwissen zurück. Des Weiteren findet man zahlreiche aktuelle Anknüpfungspunkte. Die Realität - so scheint es - hat die Fiktion oftmals längst hinter sich gelassen. Man denke hier nur an den Fall des Whistleblowers Edward Snowden oder an Prism, das streng geheime Überwachungsprogramm des US-Geheimdienstes NSA. Die Grenzen von Fiktion und Realität verwischen - nicht nur in diesem Thriller - immer mehr.

Kurze Informationswege

Im Zentrum des Thrillers steht die (fiktive) Geheimpolizei, die unter dem Namen des Entwicklungsministerium vor allem im Ausland agiert. Hierzulande hat man daran seit dem Zweiten Weltkrieg keine guten Erinnerungen. Er derart exekutives staatliches Organ kennt man heute noch aus totalitären Staaten. Die Verbindung aus Polizei und Nachrichtendienst, die im Thriller notwendig erscheint, um vor allem den Informationsfluss zu steigern und schneller agieren zu können, scheint gerade in Zeiten von Terroranschlägen zumindest eine Option.

Etwas Besonderes ist diese Idee in einem Thriller allemal. Leider wirkt die Darstellung nicht konsequent genug, da zum Beispiel ihre Legitimation nicht ansatzweise kritisch betrachtet wird. Was jetzt genau der Unterschied zum Bundesnachrichtendienst ist, erschließt sich nicht in Gänze.

Etwas zu viel des Guten

Bei allem Lob für den Roman, so hakt es hier und da noch etwas beim Lesefluss. So schön kurze Kapitel und zahlreiche Ortswechsel sind, da sie für Tempo und Dynamik sorgen, es kann auch Verwirrung stiften. Geheimdienste, Agenten, Polizisten, Terroristen etc. gibt es in diesem Thriller zuhauf: ob in Tel Aviv, Syrien, Ammam, Berlin, London, Paris, Jerusalem, Spanien, Polen - oder sonstwo auf der Welt. Das ist meines Erachtens zu komplex, da die Geschichte um Wiebke Meinert dadurch ständig unterbrochen wird. Sicherlich will Fahnert auf die globale Verflechtung hinweisen, aber man muss schon sehr genau lesen, um alle Protagonisten und Handlungsorte zuordnen zu können. Insgesamt fehlt es etwas an der notwendigen gedanklichen Geschlossenheit.

Da „Lied des Zorns“ der Auftakt einer Reihe ist, hätte man sich eine genauere Charakterisierung Wiebkes gewünscht. Diese kommt sehr taff und selbstbewusst daher. Dass sie nun den Tod ihre Schwester rächen möchte, verwundert insofern etwas, da sie jahrelang nichts von ihr hören wollte. Auch ihre Vergangenheit liegt noch überwiegend im Dunkeln. Die ehemalige Elitesoldatin tritt kompromisslos auf und macht rücksichtslos Jagd auf Terroristen. Sie wirkt nahezu unverwundbar. Es fällt dem Leser aber aufgrund der nur rudimentären Charakterisierung schwer, sie einzuschätzen und einzuordnen.

Fazit: 

Mark Fahnert gelingt ein temporeicher, unterhaltsamer Thriller, der thematisch näher an der Wirklichkeit ist als inhaltlich. Die zahlreichen Orts- und Personenwechsel sorgen für Kurzweil, man kann dadurch aber auch leicht den Überblick verlieren. Es bleiben noch einige Fragen offen, die der Autor im nächsten Band der Reihe vielleicht beantworten wird. Für Liebhaber aktueller Agententhriller auf jeden Fall eine Empfehlung.

Lied des Zorns

Mark Fahnert, Piper

Lied des Zorns

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