White Sleep - Unschuldig in den Tod
- HarperCollins
- Erschienen: Juni 2020
- 2
Sybille Uplegger (Übersetzung)
Ein bisschen zu viel des Guten – dennoch solide und gute Unterhaltung
Gerade haben sie noch gefeiert, dass sie ihren letzten Fall – wenn auch mit Blessuren und Verletzungen – gelöst haben, da gibt es schon wieder Arbeit für die Psychologin Holly Wakefield und den Polizeibeamten William Bishop: Ein 13jähriger Junge wurde ermordet aufgefunden, seine Leiche wurde so aufgebahrt, dass es so wirkt als schlafe er nur. Schon bei diesem Szenario klingeln bei Holly Wakefield die ersten Alarmglocken, denn hier wurden offensichtlich die Phantasien eines Täters ausgelebt, der sich möglicherweise nicht mit einem einzigen Mord begnügen wird.
atsächlich verschwinden weitere Jugendliche, bitten verzweifelte Eltern um Hilfe - und müssen alle Hoffnung fahren lassen, wenn sie ihre ermordeten Kinder identifizieren müssen. Alle Opfer haben eines gemeinsam, sie alle halten eine Engelsfigur in ihrer Hand. Für Wakefield und Bishop beginnt ein Rennen gegen die Zeit, aber der gewitzte Täter scheint ihnen immer ein gutes Stück voraus zu sein.
Sorgfältig strukturierte Geschichte
Der britische Autor Mark Griffin lässt seine beiden Helden in seinem zweiten Band um deren erfolgreiche Zusammenarbeit auf einen Täter treffen, der seine Opfer im Milieu der Kinder und Jugendlichen sucht und dort zuschlägt. Griffin nimmt sich die Zeit, seine Erzählung sorgfältig aufzubauen. Er schildert mit einem ruhigen und angenehm undramatischen Erzählfluss die Entwicklungen um den neu aufgetretenen Serienkiller. Lange Zeit bleiben – zumindest dem Leser, der den Band I nicht kennt – die Figuren aber distanziert und fremd. Möglicherweise liegt das daran, dass von Anfang an ein großer Personenkreis eingeführt wird und die Psychiaterin Holly gerne ihre psychologische Expertise dadurch unter Beweis stellt, dass sie die „buntesten“ Fälle aus den Fahndungsbüchern schildert.
Das sorgt aber für einen zu großen Informationsfluss und erschwert es dem Leser, sich auf die Einzelfälle zu konzentrieren. Erst mit Fortschritt der Geschichte und mit einer gewissen Vertrautheit zu den Personen kommt die Bindung des Lesers zu den Figuren zustande, die dann tatsächlich für Mit-Leiden und Mit-Fiebern sorgt. Griffin erschafft seine Spannungsmomente nicht durch anschauliche Gewaltmomente, sondern durch die subtile Schilderung der Morde und deren Aufbau. Besonders gelingt das damit, dass auch aus der Perspektive des Mörders berichtet wird und somit dessen raffinierte Fallen vom Leser mitverfolgt werden können. Stark geschildert ist die „Banalität des Bösen“ und die Tarnung eines Serienkillers, die verhindert, dass sein Umfeld Verdacht schöpfe kann.
Dennoch weist auch dieses Buch einige Mankos auf. So ist zum Beispiel komplett unverständlich, warum sich die die Psychologin Holly, die so umsichtig in ihrer Fallarbeit ist und so sorgfältig untersucht, immer wieder haarsträubend in Gefahr bringt. Für übertrieben halte ich auch die abschließende Auflösung mit der gesamten Klaviatur der mörderischen Tätereigenschaften und der damit verbundenen Erschaffung eines vollkommen Geisteskranken.
Wenn auch dieser letzte Twist noch einmal eine weitere Spannungskurve aufbaut, erscheint diese zusätzliche Wendung doch als zu fantastisch. Mit der ohnehin spannenden Auflösung, verbunden mit einem Rennen um die Zeit, wäre ein nochmaliger Dreh ohnehin unnötig gewesen. Sehr weit hergeholt dürfte auch die wichtigste Spur bei der Auflösung der Mordserie sein, die hier leider, leider nicht verraten werden darf, auch wenn diese mit einem besonderen Humor glänzt.
Fazit:
Unterm Strich bietet „The White sleep – Unschuldig in den Tod“ eine solide und spannende Lektüre, die noch ein wenig glaubhafter und damit spannender angemutet hätte, wenn der Autor hier ein paar Schleifen und Wendungen weg gelassen hätte. Es gibt also noch ein wenig Luft nach oben, dennoch können sich die Leser bestimmt schon gespannt auf den nächsten Band der erfolgreichen Zusammenarbeit Wakefield/Bishop freuen.
Mark Griffin, HarperCollins
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