NEON - Er tötet dich
- HarperCollins
- Erschienen: März 2020
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Ulrike Wasel, Klaus Timmermann (Übersetzung)
Gute Idee, mäßige Ausführung
Offensichtlich ist er ein Mörder, der sich auch als Künstler sieht: Die Frauen, die er verschleppt und erwürgt, werden Mittelpunkt seiner Lichtinstallationen, denen er seinen Spitznamen „Neon“ verdankt. Immer ist er der Polizei mindestens um ein paar Schritte voraus, niemand weiß wo er als nächstes zuschlägt. Niemand rechnet auch damit, dass er sich gegen die Vertreter der Polizei selbst richten könnte.
Detective Matt Jackson trauert so um seine Frau Polly, die ebenfalls ein Opfer des Killers wurde. Offensichtlich kommt die Polizei bei ihren Ermittlungen keinen Schritt weiter und so kommt Matt nach den Schrecken und Verwicklungen seiner jüngsten Geschichte auf eine wahnwitzige Idee: Er beauftragt die Auftragskillerin Iris mit der Suche nach Neon, und natürlich soll sie ihn nicht nur suchen, sondern auch das tun, womit sie auch sonst ihre Brötchen verdient.
Sollen sich die Gangster gegenseitig umlegen?
Grundsätzlich wäre es gar keine schlechte Idee: Warum soll sich die Unterwelt nicht selbst mit ihren Auswüchsen befassen und diese richten? Laut gängiger Einschätzung bringt ein Auftragskiller die um die Ecke, für die er bezahlt wird. Warum nicht den Auftrag so erweitern, dass er den um-die-Ecke-zu-bringenden erst selbst sucht und dann den Auftrag selbständig beendet. So gesehen, könnte man sich theoretisch auch einen großen Teil des Polizeiapparates sparen.
Dennoch bleibt es in G.S. Lockes Roman „Neon – Er tötet dich“ unglücklicherweise nur bei dem guten Ansatz. Die Handlung basiert auf verschiedenen Handlungssträngen bei denen der Ermittler Matt Jackson, die Auftragsmörderin Iris und der Serienmörder Neon jeweils abschnittsweise im Focus stehen. Der Leser hat von Anfang an den Ermittelnden einiges voraus, denn er hat den Mörder schon kennen gelernt. Die Spannung, die ein Whodunnit immer zu vermitteln weiß, bleibt damit schon einmal grundsätzlich aus.
Insgesamt wirft der Krimi verschiedene Fragen auf. So zum Beispiel die, warum ein Serienmörder, dem es ja daran gelegen sein muss, seine Verbrechen weiterhin auszuführen, so daran gelegen sein kann, erwischt zu werden? Denn schließlich ist das Arbeiten mit Lichtinstallationen nicht ein Hobby, das die Breite der Bevölkerung ausübt. Natürlich stellt sich bei diesem Modus Operandi auch immer die Frage, wie zum Teufel das denn eigentlich in der Realität umgesetzt werden sollte?
Inhaltlich zuweilen etwas unrund
Dazu kommt die Frage, warum es dem Täter einerseits gelungen ist, eine gutbürgerliche Existenz nebst Ehefrau aufzubauen und er diese bereit ist kalt lächelnd zu opfern, sofern diese ihm nicht mehr in dem Kram passt. Auf der Gegenseite ist schwer nachvollziehbar, was die Polizei eigentlich ermittelt, wenn sie doch keinen Schritt weiter kommt, ob sie von Datenschutz bzw. dem Gebot der Verschwiegenheit schon einmal etwas gehört hat und aus welchem Grund der Held Matt immer wieder so geschockt reagiert, wenn sich heraus stellt, dass die Killerin Iris auch weiterhin ihrem Job nachgeht, denn schließlich muss sie ja von irgendetwas leben. Unrund erscheint auch, dass der Täter abschnittsweise auch aus Motiven handelte, die die des eigentlichen reinen „Lustmordes“ übersteigen.
Auf der Habenseite ist die Idee dagegen interessant, dass die Unterwelt vermutlich wesentlich eher bereit ist, Informationen beizusteuern, sofern sie nicht von der Polizei sondern von „einer der ihren“ erfragt werden. Hier ergeben sich lesenswerte Entwicklungen und Dialoge. Gut gemacht auch der detaillierte und ruhige Aufbau der Handlung und die Standortwechsel der einzelnen Personen, die immer wieder neues Leben in die Handlung bringen.
Fazit:
Als Fazit bleibt dennoch, dass aus einer grundsätzlich guten Idee für ein mehr als ungewöhnliches Ermittlerduo doch recht wenig herausgeholt wurde und somit im Ergebnis – mal wieder – ein Krimi über einen recht simplen Serienmörder vorgelegt wurde, dem nur ein paar zusätzliche Arabesken beigefügt wurden. Will man beim Vergleich des Lichts bleiben, ist es eher eine flackernde Neonröhre als eine gleißende Installation und da hätte man doch schon mehr erwartet.
G. S. Locke, HarperCollins
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