Der Antarktisvertrag

  • Benevento
  • Erschienen: Februar 2020
  • 0
Wertung wird geladen
Carola Krauße-Reim
33°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2020

Viel Wissenschaft und sehr wenig Spannung

Der Antarktisvertrag soll neu verhandelt werden, denn die Öl-Ressourcen dieses hochempfindlichen Ökosystems wecken Begehrlichkeiten. Um bei Unfällen schnell gegensteuern zu können, soll das neu entwickelte Wundermittel Oilex eingesetzt werden, doch seine Unbedenklichkeit muss erst noch während einer Forschungsexpedition nachgewiesen werden. Mit an Bord sind Mia und Henrik, zwei norwegische Meeresbiologen. Ihre Forschungsergebnisse gehen nicht konform mit den Ankündigungen von Oilex. Und dann ist Henrik plötzlich spurlos verschwunden.

Die Autorin ist Meeresbiologin

Rachel Franklin ist promovierte Meeresbiologin. Das merkt man dem Thriller an, denn Franklin weiß, wovon sie schreibt – zumindest was das Wissenschaftliche angeht. Das Leben abgeschottet auf einem Schiff, forschen auf engstem Raum und viel Hintergrundwissen sind in die Geschichte gepackt, aber leider auf Kosten der Spannung.

Penibel wird die Vorbereitung der Expedition beschrieben, das Packen der Kisten bis hin zu den geliebten Süßigkeiten (was jeder, der schon mal an einer wissenschaftlichen Exkursion teilgenommen hat, gut nachvollziehen kann) und natürlich die Vorfreude sich einen lang gehegten Traum erfüllen zu können. Genauso penibel geht es dann wieder an das Auspacken an Bord des Schiffes. Ich glaube, der Leser dürfte nach der Lektüre halbwegs in der Lage sein, ein seetüchtiges Labor einzurichten.

Und dann geht es ans Forschen und was soll ich sagen, auch das ist sehr ausführlich beschrieben. Erst auf Seite 100 von insgesamt 267 Seiten ist Henrik auf einmal spurlos verschwunden, und so langsam erahnt der Leser einen Hauch von Spannung am Horizont. Aber, weit gefehlt – dann muss Mia eben alleine weiter forschen. Erst als sich herausstellt, dass mit den Proben etwas nicht stimmen kann, wird es ein wenig unwissenschaftlicher, aber von packendem Thrill kann keine Rede sein.

Und so zieht sich die Geschichte ins schier Unendliche. Nur wenige Wendungen und Überraschungen hindern den Leser am Einschlafen, und selbst diese Raritäten sind zu erahnen oder sehr der Dramaturgie geschuldet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine fast nackte Frau, die nur ein paar lumpige Decken zum Wärmen hat, in einer zugigen Holzkiste mehrere Stunden in der Antarktis überleben kann. Das ist denn doch ein bisschen zu viel frische Luft.

Die Charaktere sind gut herausgearbeitet

Aber, die Liebe zur Meeresbiologie hat die Autorin auch befähigt, ihre Charaktere gut zu beschreiben. Die Forscher gehen ganz in ihrem Fachgebiet auf, arbeiten zu allen möglichen Zeiten und nehmen gerne die Unannehmlichkeiten des beengten Lebens auf dem Schiff in Kauf. Der Kapitän und seine Mannschaft leben in einem Paralleluniversum nur für das Schiff und die Sicherheit von Mannschaft und Forschern.

Man kann sich als Leser gut in Mia hinein versetzen und nimmt Teil an ihrem Leben an Bord. Die Kabine zu zweit, Tischtennis als Freizeitvergnügen, Essen in der Messe und Enge im Labor  - das ist zum Greifen nah beim Lesen. Aber, leider ist das auch das einzig Positive an diesem Buch. Selbst die Schilderung der einmaligen Gegend mit den Eisbergen, den Eisschollen und was die Arktis sonst noch alles zu bieten hat, bleibt auf der Strecke. Das ist doch sehr bedauerlich, hätte man doch hier mal so richtig Atmosphäre bieten können.

„(…) außerdem liegt ihr der Schutz des fragilen Ökosystems Meer sehr am Herzen“

Dieses Zitat steht in der Vorstellung der Autorin im Buch - und unter dieser Prämisse ist die ganze Geschichte zu sehen. Franklin macht den Leser aufmerksam auf die Umweltprobleme, die drohen, wenn die Arktis nicht mehr geschützt sein sollte. Die Debatte um die Ressourcen, ihre Ausbeutung, die möglichen Gefahren für den ganzen Planeten und die Arbeit der Wissenschaftler wird dem Leser gut vor Augen geführt. Dadurch ist das Buch zwar ganz informativ, aber eben leider kein Thriller. Selbst der Schluss fällt dem Öko-Thema zum Opfer und ist dadurch doch sehr an den Haaren herbei gezogen.

Fazit:

„Der Antarktisvertrag“ ist Rachel Franklins Debütroman, und nur etwas für Umwelt-interessierte Leser. Der vom Verlag propagierte „fundierte wissenschaftliche Hintergrund“ erweist sich leider als Spannungskiller - und so verkommt der angekündigte Thriller zum dahinplätschernden Forschungsroman mit zwar wichtiger Botschaft, aber ansonsten wenig Dramatik. Wer Nervenkitzel und einen komplizierten Plot mit Hochspannung möchte, wird hier definitiv nicht fündig.

Der Antarktisvertrag

Rachel Franklin, Benevento

Der Antarktisvertrag

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Der Antarktisvertrag«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren