Das schwarze Band

  • Blanvalet
  • Erschienen: Mai 2020
  • 3

- Die Kriminalinspektor-Emmerich-Reihe (4)

- Hardcover mit Schutzumschlag

- 352 Seiten

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Jörg Kijanski
85°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2020

Die Republik steht auf dem Spiel

Wien. Juli 1921. Noch immer ist die Nachkriegssituation eine Katastrophe. Es fehlt an allem, insbesondere an Wohnraum, wie Kriminalinspektor August Emmerich leidvoll zu spüren bekommt. Seit seine große Liebe vor sieben Monaten von ihrem Ehemann ermordet wurde, hat er sich deren drei Kinder angenommen. Zum wachsenden Unwillen seiner Vermieterin Frau Seidl, die häufig als Kinderbetreuung aushelfen muss. Jetzt droht weiteres Ungemach, denn Emmerich wurde zu einem Disziplinarkurs für gutes Benehmen verdonnert.

Hätte er doch nur vor drei Wochen seinen Mund gehalten. Stattdessen warf er Polizeipräsident Johann Schober lautstark vor, für das Amt des Bundeskanzlers ungeeignet zu sein. Ausgerechnet auf der Feier, in der Schober seine Berufung zum Kanzler bejubelte. Jetzt muss er also für zehn Tage in einer Kaserne einsitzen, dabei wäre sein Einsatz bei der Polizei dringend gefragt.
„Wir haben auch keine Ahnung, wie und wo genau die Sie töten wollen. Alles, was wir wissen, ist, dass es morgen passieren soll. Bis dahin seien Sie auf der Hut. Am besten, Sie ziehen sich an einen sicheren Ort zurück und teilen niemandem mit, wo Sie sich aufhalten.“
„Ich kann mich doch nicht verstecken wie ein feiger Hund. Was sendet das für ein Signal?“
„Dass Sie am Leben hängen.“

Zwei junge Nackttänzerinnen wurden ermordet, von einer weiteren Frau, die in der gleichen Wohnung lebte, fehlt jede Spur. Sein Mitarbeiter Ferdinand Winter muss somit erstmals in einem Mordfall eigenständig ermitteln und gerät dabei in einen moralischen Sumpf, der für den früheren Freiherrn bis dato unvorstellbar war. Derweil langweilt sich Emmerich bei seinem Seminar, welches teilweise ausgerechnet sein verhasster Kollege Peter Brühl leitet. Doch dann geschieht in der Kaserne ein Mord und Emmerich kann endlich wieder sein Können zeigen. Dabei kommt es fast zur nationalen Katastrophe…

August Emmerich ermittelt in seinem vierten Fall gekonnt hemdsärmelig

Die August-Emmerich-Reihe (unter anderem mit dem Österreichischen Krimipreis 2019 prämiert) erfreut sich unter Fans (nicht nur) historischer Kriminalromane großer Beliebtheit. Daniela Larcher alias Alex Beer schickt einen durchaus sympathischen Ermittler ins Rennen, der aus seiner „normalen“ Herkunft keinen Hehl macht. Dabei wüsste er schon zu gerne, wer eigentlich seine Mutter war und auch seinen Vater lernte er nie kennen. Trotzdem versteht er sich gut mit dem ehemaligen Freiherrn von Winter; Ferdinand ist ihm ans Herz gewachsen und dass dieser ausgerechnet in zwielichtigen Bars und Bordellen seinen ersten Mordfall lösen soll, bereitet Emmerich Kopfzerbrechen. Gleiches gilt für seine prekäre Unterbringung, denn die resolute Frau Seidl kommt mit den quirligen Stiefkindern kaum parat.

„Armut und Not gab es vorher auch schon. Nur, dass du sie niemals mitbekommen hast. Der einzige Unterschied zu früher ist der, dass das Elend jetzt alle gleichermaßen trifft.“
„Dann macht es für Sie ja keinen Unterschied, wer den Staat lenkt.“

„Oh doch, das tut es. Das Herrenhaus, Wahlrechtsprivilegien, die ausgebeutete Arbeiterklasse, die Tatsache, dass eine Minderheit der Gesellschaft der Mehrheit ihren Willen aufzwingt: All das ist endlich Geschichte.“
„Glauben Sie das wirklich?“

Wie schon in den Vorgängern gibt es reichlich Zündstoff und Reibereien mit seinem Kollegen Peter Brühl, der ihm noch immer das größere Büro neidet. Auch der ehemalige Unterweltkönig Veit Kolja spielt wieder eine wichtige Rolle. Der inzwischen zum Parlamentsabgeordneten aufgestiegene Ex-Ganove muss mehr als einmal eingreifen, um Emmerich und Winter aus der Patsche zu helfen. Die Lebensumstände sowie die angespannte politische Situation werden ebenfalls gekonnt effektiv dargestellt.

Hier die arme Bevölkerung, dort der ausschweifend feiernde Geldadel; Hungersnot hier, kein Gewissen dort. Emmerich ist mehr als einmal deutlich über dem Ruhepuls und seine Kommentare entbehren nicht einer beißenden Sozialkritik. Im Gegenteil. Den politischen Hintergrund des Romans bildet der Westungarnkonflikt und die Versuche von Kaiser Karl wieder an die Macht zu kommen.

Fazit:

Sympathische Figuren, ein spannender Plot und intensive Einblicke in die politische und gesellschaftliche Lage Wiens im Hitzesommer 1921 prägen diesen Roman. Dazu ein paar bissig-humorvolle Verbalgefechte, fertig ist der vierte Band dieser ausgezeichneten Reihe.

Das schwarze Band

Alex Beer, Blanvalet

Das schwarze Band

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