Das Mädchen Jannie
- Diana
- Erschienen: August 2019
- 5
Langeweile hat einen neuen Namen
Würde man aufgefordert, die Handlung des Buches „Das Mädche Jannie“ mit eigenen Worten wiederzugeben, dann gäbe es so einige Probleme. Die Handlung beginnt mit dem Mord an einer Prostituierten, wendet sich dann den Umtrieben einer rumänischen Sippe zu, widmet sich der geplanten Ermordung eines Kindes, richtet sich dann auf die mögliche Ermordung und Misshandlung einer Pflegebedürftigen und nicht zuletzt noch auf die angedachte Tötung einer Buchkritikerin, wobei aber der beabsichtigte Mord an dem Kind doch nicht ganz außer Acht gelassen und als möglicher „Plan B“ weiter verfolgt wird. Zuletzt soll dann doch lieber das außereheliche Verhältnis des Buchkritikerin-Ehegatten gemeuchelt werden und vielleicht doch das Kind – man weiß es nicht so genau.
Petra Hammesfahr schafft es in ihrem neuen Roman, den ahnungslosen Leser auf rund 510 Seiten unendlich zu langweilen - oder ihm zumindest die Freude am Lesen zu nehmen. Gut und spannend geschrieben ist allein das erste Kapitel, und damit der Einstieg in die Geschichte. Was danach folgt, geht dermaßen steil in den Keller, dass ich mich teilweise fragte, ob diese Eröffnung lediglich dazu angedacht ist, den Leser so zu ködern, wie es die Venus-Fliegenfalle bei der hungrigen Fliege macht.
Auch was laut Klappentext als spannende und neugierig machende Wendung beschrieben wird, nämlich dass ein Kind in das Haus eines Psychopathen gelangt und einzig seine gelähmte und pflegebedürftige Mutter versucht, mittels Morsezeichen – nämlich durch das Öffnen und Schließen der Augen – eine Warnung auszusprechen, wird hier innerhalb eines kurzen Kapitels als Idee regelrecht „verheizt“, bevor andere Wendungen installiert werden. Die tragen aber nicht dazu bei, die Handlung – möglicherweise sogar noch spannend - fortzuführen, sondern bilden vollkommen neue, größtenteils belanglose Stränge, bei denen sich der Leser immer wieder fragt, warum sie eingerichtet wurden, oder warum sie in dieser Langatmigkeit dargelegt werden.
Romanhandlung wirft viele unbefriedigende Fragen auf
Wenn eine im Roman beschriebene Buchkritikerin, der es tatsächlich und aus unklaren Gründen gelungen ist, einen Mann zu becircen, der Meinung ist, dass es während der Schwangerschaft immer noch geboten ist, für zwei – oder hier möglicherweise sogar für drei - zu essen, und ansonsten auf der Couch herumzugammeln, warum muss der Leser fast über jede zugeführte Kalorie informiert werden und warum darf ihm auch nicht verschwiegen werden, dass die Ursache für eine Zwischenblutung dann doch nur eine geplatzte Hämorrhoide ist? Warum wird der Hauptbösewicht unter dem wirklich aber so richtig Angst machenden Pseudonym „Black Devil“ als übler Bösewicht eingeführt, verbringt aber andererseits viel Zeit und Mühe damit, die Pflege seiner verhassten und bewegungsunfähigen Mutter, zu planen und zu organisieren und zum Beispiel eine Auswahl an abwechslungsreichen Tees für sie zusammenzustellen?
Warum wird der Leser mit seitenlangen Berichten über die Ausstattung des unerwarteten, quasi „zugelaufenen“ Pflegekindes Jannie in den Schlaf gewiegt? Warum will genannter Bösewicht zu Ruhm und Ehre mit einer Buchveröffentlichung - angelehnt an das Schicksal eines kleinen Mädchens - gelangen, wenn eine wesentlich größere Sensation in Form der Tagebücher eines ihrer Leidensgenossen möglich und greifbar wäre. Immerhin – irgendwann ist es besser die Grübeleien über diese sinnlosen Schnörkel, Umwege und Schlenker aufzugeben und einfach anzunehmen, dass sich ein Werk mit 500 Seiten besser verkauft als eines mit 150, und Fragen der Logik oder der Spannung gar nicht mehr zu stellen.
Blass und farblos bleiben auch die bereits aus Vorgängerromanen bekannten Personen der Ermittler. Arno Klinkhammer versucht als ermittelnder Kommissar – wie immer – sein Bestes zu geben, und der Leser fragt sich lange Zeit, warum es bei den meisten Ermittlungen keinen Schritt weiter geht, und warum ein gestandener Kommissar nicht in der Lage ist, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine Staatsanwältin zu verfassen, die fröhlich und offensichtlich in Unkenntnis aller datenschutzrechtlicher Bestimmungen oft und gerne seine private Handynummer weiter reicht. Immerhin – darf man den Schilderungen des Romans glauben - weiß man anschließend, warum auch der talentloseste Schriftsteller es schaffen kann, seine Werke zu veröffentlichen, und das erklärt dann doch so einiges.
Fazit:
Als Fazit ist festzuhalten, dass das Mädchen Jannie eine ausgezeichnete Einschlafhilfe liefert, sollte man an Schlafstörungen leiden. Gute Ideen sind grundsätzlich vorhanden, werden aber verschenkt, und wieder ist auch das Ende des Romans lieb- und belanglos. Man könnte fast glauben, auch Frau Hammesfahr war froh, dass sie es hinter sich hatte. Ich war es in jedem Fall.
Petra Hammesfahr, Diana
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