Lügenmeer
- C. Bertelsmann
- Erschienen: März 2019
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Wenn Hilfsbereitschaft nur der Manipulation dient
Susanne Kliem bezeichnet ihre Bücher selbst als „psychologische Spannungsromane“ in denen „die Eskalation menschlicher Beziehungen...um einen spannenden, raffinierten Plot, der den Leser alles um sich herum vergessen lässt“ thematisiert werden. Um es vorweg zu nehmen, Psychologie spielt in „Lügenmeer“ schon eine Rolle, aber spannend und raffiniert war die Handlung nicht.
Dabei hätte der Tod einer jungen Frau vor 19 Jahren, die Rückkehr ihres zu Unrecht beschuldigten Freundes in den Heimatort und seine Suche nach der Wahrheit durchaus genügend Material für einen Thriller geboten. Doch was herauskam ist allenfalls die Beschreibung zwischenmenschlicher Beziehungen, die durch den Tod der Freundin bis in die Gegenwart beeinflusst werden.
„Das magische Dreieck“ - Magnus, Milla und Svenja
Das Hauptgeschehen findet im Frühjahr 2018 statt, doch durch Rückblicke in die Zeit kurz vor Millas Tod werden die Charaktere eingeführt und ihre Beziehungen verdeutlicht. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive von Svenja, Magnus und ihrer Freundin Annik. Schnell wird klar, dass Annik in der Vergangenheit immer die scheue Mitläuferin war, die gerne zur Clique gehört hätte, aber nie richtig akzeptiert wurde. Anders Magnus, Svenja und Milla, die als „magisches Dreieck“ bezeichnet, der Mittelpunkt der Freunde waren. Susanne Kliem hat die Charaktere gut beschrieben, sowohl in der Zeit ihrer Jugend, als auch im Erwachsenenalter 2018.
Alle stecken mehr oder weniger in der Vergangenheit fest, haben sie das Geschehen rund um Millas Sturz in die Tiefe doch nie richtig verarbeitet. Dennoch bleibt eine Distanz zwischen Leser, Protagonisten und auch allen anderen Handelnden, vielleicht, weil sie teilweise mehr als unsympathisch, teilweise einfach zu unglaubwürdig sind. So ist es mir ein Rätsel, dass Magnus nicht weiß, warum Milla vom Sprungturm gestürzt ist, obwohl nur er und Svenja dabei anwesend waren, und er unmittelbar am Geschehen beteiligt war. Svenja selbst entpuppt sich schnell als labile manipulative Egoistin, die alle durch ihre nervige Hilfsbereitschaft auf eine subtile Art dahin bringt, wo sie sie haben will und für diesen „Liebesdienst“ dann auch noch Anerkennung erhalten will. Bleibt diese aus, ist Schluss mit lustig. Und Milla ist durch ihre ständigen Provokationen einfach unsympathisch.
Die Spannung köchelt auf kleiner Flamme
Die Frage, wer für Millas Sturz verantwortlich ist, wird bereits auf Seite 54 beantwortet. Was dann kommt ist nur mehr die Aufarbeitung des Warum und der Frage, ob sich Magnus und Svenja endlich mit der Vergangenheit aussöhnen können. Spannung kommt hier nicht auf. Das Geschehen plätschert vor sich hin und wird auch durch die kurzen Kapitel nicht beschleunigt. Das Ganze gipfelt dann in der Schilderung der Umstände um Millas Sturz vom Sprungturm.
Hier versucht die Autorin noch einmal mit aller Gewalt Spannung zu erzeugen, indem sie den letzten Minuten vor Millas Tod jeweils ein eigenes Kapitel widmet, doch auch dieses stilistische Mittel greift nicht. Der präsentierte Grund für das Drama ist so unglaubwürdig, dass man das Geschehen einfach nicht als realistisch ansehen kann und ziemlich desinteressiert das Buch zu Ende liest. Völlig unnötig ist auch der Konflikt zwischen Svenja und ihrem Vater, der eine Nebenstranghandlung bildet. Lediglich Svenjas Charakterbeschreibung wird hier noch einmal untermauert, aber, dass sie intrigant und psychisch angeschlagen ist zeigt die Resthandlung auch.
Fazit:
Hier ist der Anspruch der Autorin an ihren Roman einfach zu hoch. „Lügenmeer“ ist kein psychologischer Spannungsroman. Es ist ein Roman, der die Psyche von Menschen beleuchtet, die den Weg aus der Vergangenheit in die Gegenwart finden müssen um eine Zukunft haben zu können – mehr nicht. Wer also auf atemraubende Spannung aus ist, ist hier falsch. Trotzdem ist „Lügenmeer“ lesenswert, da es unter der Prämisse zwischenmenschliche Beziehungen zu beschreiben zwar nicht immer logisch, aber durchaus gelungen ist. Wieder einmal traurig ist es, dass der Klappentext fehlerhaft ist. Annik und nicht, wie angegeben Svenja, heißt mit Nachnamen Voigt. So eklatante Fehler sollten nicht passieren und implizieren nur, dass hier mit wenig Sorgfalt gearbeitet wurde.
Susanne Kliem, C. Bertelsmann
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