Say You're Sorry
- Berkley
- Erschienen: Februar 2019
- 1
Sacramento: Ein Serienkiller, ein Joint Lock und ein Papihuahua
Karen Roses neuestes Buch, „Say You’re Sorry“, ist der erste Band einer neuen romantic thriller-Reihe und spielt in Sacramento, Kalifornien. Im Zentrum stehen Daisy Dawson, die einen Abschluss in Journalistik hat und als Radiomoderatorin arbeitet, sowie Special Agent Gideon Reynolds. Beide kennen sich nicht persönlich, gehen sich sogar aus dem Weg, weil ihre gemeinsame mütterliche Freundin Irina Sokolov sie seit einem halben Jahr verkuppeln will.
Das ändert sich, als ein maskierter Mann versucht, Daisy zu entführen. Er hält sie aufgrund ihrer Statur für leichte Beute, doch sie kann ihn abwehren und fliehen. Dabei verletzt sie ihn und reißt ihm ein Medaillon vom Hals.
Das Medaillon ist eine wichtige Spur, denn die Gravur ist spezifisch für eine Sekte, die sich The Church of Second Eden nennt. Gideon kennt das Muster nur zu gut, trägt es als Tattoo auf der Brust, denn er gehörte bis zu seiner dramatischen Flucht als Dreizehnjähriger selbst dieser Sekte an. Seit siebzehn Jahren versucht er sie aufzuspüren. Da der Maskierte wegen seiner Äußerungen ein Serientäter sein und sie ihn identifizieren könnte, wird Daisy unter Gideons Schutz gestellt.
Daisy und Gideon werden zum Ziel des Täters. Um ihre Adresse zu erfahren, foltert und tötet er Daisys Freundin Trish und hinterlässt dabei seine Signatur: er schneidet Buchstaben in ihren Bauch. Durch einen Datenabgleich realisiert die Polizei von Sacramento, dass sie es mit einem Serienkiller zu tun hat, der in diversen anderen Bundesstaaten mindestens zehn Frauen getötet hat – später stellt sich heraus, es sind weit mehr. Die Buchstaben bilden den Namen Sydney.
Solche und solche Familien
Rose erzählt schnell und wechselt dabei immer wieder die Perspektiven zwischen Täter, Opfer und Ermittler. Es ist interessant, sukzessive zu erfahren, wie der Täter denkt, was ihn motiviert, welche Strategien und Muster er entwickelt, nach welchen Kriterien er seine Opfer auswählt, wie es ihm gelungen ist, seine Aktionen zu perfektionieren und jahrelang unentdeckt zu bleiben, bis er einen gravierenden Fehler macht. Thematisiert wird dabei immer wieder seine dysfunktionale Familie, bestehend aus Vater und Stiefmutter. Der Killer ist durchaus nicht ohne Gefühle. Er kümmert sich um seinen Hund, auch wenn er ihn abwertend Mutt nennt, und um ein Baby. Doch für seine Opfer empfindet er keinerlei Mitgefühl – das braucht er für sich selbst.
Die Agenda der Autorin ist klar und eindeutig. Der Böse ist böse, weil er sich dafür entschieden hat. Dafür gehört er zur Rechenschaft gezogen. Rose beschreibt die Qualen und Ängste der Opfer am Beispiel der Staatsanwältin Zandra in all ihren grausamen und blutigen Details, schonungslos und mit großer Intensität, für manche Leser könnte das schwer erträglich sein. Der Täter will sie zwingen, einen bestimmten Satz zu sagen, doch Zandra weigert sich. Sie ahnt, dass dieser Satz ihr letzter ist. Rose zeigt, welche Überlebensstrategien Zandra entwickelt, was sie dem Killer entgegensetzt.
Teil des Heldenensembles der neuen Sac-Reihe wird vorgestellt
Der Fokus des Romans liegt auf den Ermittlern, Special Agent Gideon Reynolds, mehrsprachiger Linguist und Übersetzer für das FBI, Rafe Sokolov vom SacPD, sowie auf die Journalistin Daisy Dawson. Sie alle kennen sich direkt oder indirekt. Sie gehören durch Verwandtschaft, Adoption oder Freundschaft zur Familie Sokolov, deren Mitglieder, soweit eingeführt, Helfer aus Berufung sind, und sind Teil des Heldenensembles der neuen Sac-Reihe.
Gideon Reynolds ist als Dreizehnjähriger der dubiosen Eden-Sekte entkommen und wurde von Karl und Irina Sokolov aufgenommen. Die Sokolovs und seine Schwester Mercy, die auch in der Sekte war, bilden seine Familie. Daisy, eigentlich Eleanor Marie, arbeitet für Karls Radiosender und ist Rafes Mieterin. Karl und Daisys Vater Frederick sind alte Kriegskameraden. Daisy hat außer ihren Vater, dem sie entfremdet ist, noch zwei Schwestern und eine Stiefschwester. Alle leben weit entfernt von Sacramento.
Beide Hauptfiguren, Gideon und Daisy, sind stark beschädigt. Ihre persönlichen Dramen der Kindheit und Jugend werden stückweise im Romanverlauf erzählt. Daisy macht ihren Vater für ihre zerstörte Kindheit und Jugend verantwortlich. Sie ist Alkoholikerin, aber seit Jahren trocken.
Gideon ist traumatisiert durch die Erlebnisse in der Sekte, in der es schwere Misshandlungen, sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung gab. Er hat einen Menschen getötet, einen anderen schwer verletzt. Seine Schwester Mercy konnte ebenfalls fliehen, seine Mutter wurde ermordet. Seit seiner Flucht wird Gideon von einer Mission getrieben: er will die Sekte finden, um seine Mutter und seine Schwester zu rächen. Wie Daisy und Frederick sind sich auch Gideon und Mercy entfremdet. Mercy meidet Gideon, ohne den Grund zu kennen.
Rose verknüpft das Schicksal der Figuren und die drei Handlungsstränge auf erzähltechnisch gekonnte Weise miteinander: den Kriminalfall, die privaten Dramen und das Sektenthema. Wie Puzzleteile fügen sich die einzelnen Stücke zu einem Gesamtbild zusammen. Gelegentlich überkonstruiert die Autorin im privaten Weltenbau, doch die Geschichte des Serienkillers, das Leben in der Sekte, Arbeit und Lingo von Polizei und Journalisten sind realistisch beschrieben, basieren auf solider Recherchearbeit.
Fazit:
Ein packender, actionreicher romantic thriller über die Jagd nach einem in mehreren Bundesstaaten aktiven Serienkiller, mit überraschenden Wendungen und skurrilen Situationen. In einer Nebenhandlung geht es um Einblicke in das Wirken einer Sekte, die der New Religious Movement zuzurechnen ist. Erfolgsautorin Karen Rose findet mit Sacramento einen neuen Handlungsort und neue Figuren, bleibt jedoch ihren aus der Cincinnati- und Baltimore-Reihe bekannten Erzählmustern und Typologien treu. Intensiv, emotional, knallhart, realitätsnah.
Karen Rose, Berkley
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