Der Todgeweihte
- HarperCollins
- Erschienen: Februar 2020
- 1
Aus dem Schwedischen von Stefanie Werne
Wieder ein sehr persönlicher Fall für Johan Rokka
Im beschaulichen Hudiksvall fallen Schüsse. Ein junger Mann stirbt, seine Freundin wird schwer verletzt. Gleichzeitig verschwindet die Frau von Rokkas Cousin. Sie war auf dem Weg nach Shanghai um dort einen überlebenswichtigen Deal für ihre Firma abzuschließen, kam aber nie an. Die Frage liegt nahe, ob beide Fälle im Zusammenhang stehen. Rokka muss in der eigenen Familie ermitteln und darf sich gleichzeitig über die Rückkehr seines Bruders Daniel freuen, zu dem er jahrelang keinen Kontakt hatte.
Ullberg-Westin wird mit jedem Buch besser
Mit „Der Todgeweihte“ legt die Autorin das dritte Buch ihrer Johan-Rokka-Reihe vor. Während der erste Band noch an Unlogik krankte und der Plot unausgereift und überfrachtet war, hatte der Nachfolger „Der Läufer“ schon weitaus Besseres zu bieten. Ullberg-Westin lernt offensichtlich hinzu und merzt die Anfängerfehler aus. Mit dem jetzt vorliegenden Band hat sie sich endgültig in die erste Reihe der Nordic-Noir-Autoren geschrieben.
Der Plot ist gut durchdacht, verläuft in mehreren Strängen, die sich nach und nach verknüpfen und dann ein stimmiges Bild abgeben. Die Spannung wird schon durch den Prolog geschürt und bricht während der Handlung nur dann ein, wenn Rokka wieder einmal über seine Familie nachdenkt, was er eindeutig zu oft tut. Der Schluss ist zwar vorher zu erahnen, dennoch aber gut geschrieben. Das sehr sensible Thema des Kindesmissbrauchs ist gut in die Geschichte eingebunden und lässt über die Frage nachdenken, wie skrupellos weit jemand einen Täter decken könnte, wenn es seiner eigenen Situation dient.
Rokka bekommt Konkurrenz als Ermittler
Ullberg-Westin baut die Charaktere ihrer Protagonisten noch weiter aus. Rokka ist gewohnt grummelig, zeigt aber diesmal eine sehr menschliche Seite, die man so nicht an ihm vermutet hätte. Silje, die kleine Tochter seines Cousins, hat sein Herz erobert und lässt ihn über eine eigene Familie und ein Kind nachdenken. Hier wird der hartgesottene Bulle ziemlich weich.
Umso härter treffen ihn die Ermittlungen in der eigenen Familie, zu der er gerade erst wieder Kontakt bekommen hat und, die auch der Leser jetzt besser kennen lernt. Dieses Wissen macht wiederum die Person Johan Rokka verständlicher und erklärt seinen komplizierten Charakter immer mehr.
Auch Kriminaltechnikerin Janna entwickelt sich weiter. Schon in den Vorgänger-Bänden als äußert kompetent dargestellt, ergreift sie hier die Initiative und ermittelt über die Arbeit einer Kriminaltechnikerin hinaus. Mit ihrem unbestreitbaren Gefühl für Situationen und ihrer sehr guten Intuition gepaart mit logischer Kombinationsgabe läuft sie dem befangenen Rokka fast den Rang ab. Sie spielt in „Der Todgeweihte“ eindeutig die erste Geige.
Rokka wäre ohne sie verloren. Das es zwischen den beiden auch noch menschelt, macht die Freude auf den nächsten Fall mit ihnen noch größer. Denn die introvertierte Janna aus gutem Haus und der ziemlich prollige Rokka mit Ganstervergangenheit würden ein interessantes Paar abgeben.
Fazit:
„Der Todgeweihte“ ist ein solider und gut geschriebener Nordic-Noir-Krimi. Für Fans der Reihe sowieso ein Muss, kommt man aber auch als Neueinsteiger gut zurecht. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Band, denn die Entwicklung der Autorin lässt auf eine durchdachte, spannende und gut geschriebene Geschichte hoffen. Und wer will nicht wissen wie es mit Rokka und Janna weiter geht?
Gabriella Ullberg Westin, HarperCollins
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