Wenn Hass zur Obsession wird
Im dritten Band der Reihe muss Bogart Bull in Amsterdam ermitteln. Eine norwegische Studentin wurde in einem Park ermordet. Der Täter signierte den Ort mit einer roten 13. Erst jetzt zeigt sich, dass er vor dem Mord eine SMS mit einem kryptischen Zahlencode an den Chefermittler der Amsterdamer Kriminalpolizei geschrieben hat. Als wieder ein solcher Code eintrifft, ist klar, dass das Töten weitergehen wird.
Tiefe Einblicke in das Seelenleben des Mörders werden gewährt
Wer die ersten beiden Bände aus der Reihe gelesen hat, kennt Bogart Bull schon gut. Wer jetzt erst einsteigt, lernt einen Europol-Ermittler kennen, der so ganz anders ist, als das Klischee vom knallharten Bullen. Äußerst kompetent, aber auch sehr verletzlich, ist er kein Supercop, sondern ein Mensch, der seine Arbeit beherrscht, aber immer noch mit dem Tod von Frau und Tochter zu kämpfen hat. Zwar hat Bull Lebensmut gefasst, hat sich auf eine neue Liebe eingelassen, aber er weiß um die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und dem Leben im Allgemeinen.
Auch sein Gegenspieler weiß das. ØisteinBorge bringt dem Leser diesen Mörder ganz nah, berichtet von dessen Kindheit und Jugend. Wir erhalten tiefe Einblicke in eine Psyche, die nicht dem Durchschnitt entspricht. Borge gibt dem Antagonisten genauso viel Raum, wie dem Protagonisten, was den Leser noch intensiver in die Geschichte eintauchen lässt. Und wieder verknüpft der Autor reale Geschichte mit der fiktiven in seinem Krimi. Indem er die Geschehnisse rund um den Prager Frühling einfließen lässt, schafft er ein Fundament für die Person des Täters und erweitert den Plot um ein weiteres überaus interessantes Thema.
Der Leser ist den Ermittlern immer einen Schritt voraus
Bogart Bull gerät ins Schwärmen, als er dem Charme Amsterdams verfällt. Borge vermittelt dem Leser die Anziehungskraft dieser Stadt überdeutlich - und schafft damit das richtige Setting für die Geschichte. Doch Bull muss sich auch mit Hoofdinspecteur Meijer auseinandersetzen, der sich durch ihn in seiner Autorität und seinem übergroßen Ego hintergangen fühlt, und nur widerwillig mit Bull zusammen arbeiten will.
Neben diesem Handlungsstrang kommt der Täter immer wieder persönlich zu Wort. Der Leser kann ihn in seinen Gedanken begleiten und ist so dem Ermittlungsteam immer einen Schritt voraus. Das garantiert Spannung von Anfang bis Ende - ohne aber zu viel zu verraten. Tode, die scheinbar keinen gemeinsamen Nenner haben, kristallisieren sich zu einer Serie von raffinierten Morden heraus, die einen ebenso perfiden, wie unvorhersehbaren Grund haben.
Es wird für Bull sehr persönlich, wobei das ganze Ausmaß für ihn und auch dem Leser erst am Schluss offensichtlich wird. Im großen Showdown agieren Protagonist und Antagonist wie zwei gleichwertige Personen, und bescheren dem Leser damit ein fulminates Finale, das es in sich hat.
Fazit:
Øistein Borge ist mit „Irrfahrt“ ein würdiger dritter Teil seiner Bogart-Bull-Reihe gelungen. Durchgehend spannend und atmosphärisch dicht, entführt er den Leser in eine gut recherchierte und packende Geschichte. Ich freue mich schon auf die versprochenen weiteren Fälle mit Bogart Bull, und bin gespannt, wohin es ihn im nächsten Buch verschlägt.
Øistein Borge, Droemer
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