No Exit: Diese Nacht überlebst du nicht

  • Heyne
  • Erschienen: Oktober 2019
  • 4

übersetzt aus dem Englischen von Angelika Naujokat
Originaltitel: No Exit

No Exit: Diese Nacht überlebst du nicht
No Exit: Diese Nacht überlebst du nicht
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Sabine Bongenberg
60°1001

Krimi-Couch Rezension vonFeb 2020

Schöne neue Welt, die solche Schneestürme hat

Darby Thorne atmet auf, als sie gerade noch so die rettende Raststätte erreicht. Aber es war auch eine Schnapsidee: Bei einsetzendem Schneetreiben loszufahren, der Tank ist nur noch halbvoll und Schneeketten – ach, herrje, vergessen. Gerade noch so schafft sie es, im einsetzenden brüllenden Schneesturm die Zuflucht in den Bergen zu erreichen, wenn auch diese Raststätte nicht sonderlich komfortabel und die ebenfalls hier Gestrandeten einen recht eigenartigen Eindruck machen.

Grundsätzlich dürfte dieser Eindruck piepegal sein, denn die eine Nacht, die wird man es schon miteinander aushalten. Wäre da nicht die hässliche Tatsache, dass mindestens einer der Mitreisenden offensichtlich ein gefesseltes Kind in einer Hundebox in seinem Auto verwahrt, und wer schon einmal so weit ist, der geht im Zweifel auch noch weiter….

Taylor Adams greift in seinem Erstlingswerk auf das gute alte Closed-Room-Szenario zurück. Eine Handvoll Personen ist in einem einsamen Haus gestrandet, und alsbald sind alle Verbindungen nach außen durch einen gewaltigen Schneesturm abgerissen. Selbstredend funktioniert auch kein Handy. Stellt sich jetzt heraus, dass einer oder mehrer der Eingeschlossenen auch noch ein Verbrecher ist, dann wird die ganze Geschichte mehr als unschön. Hier sind dann also tatsächlich zwei brutale Gegenspieler zu finden – einerseits der oder die Verbrecher – andererseits der tobende Schneesturm.

In einem Auto ohne Standheizung droht der Kältetod

Unglücklicherweise hat Adams seine Verbrecher mit allen üblen Qualitäten ausgestattet, die einen Bösewicht ausmachen. Offensichtlich scheint er aber niemals einen Schneesturm erlebt zu haben. Als ehemalige Ureinwohnerin der Eifel und mit sehr hohen Schneewehen vertraut, möchte ich daher auf einige Punkte hinweisen: Wer ein leicht bekleidetes Kind mehrere Stunden bei minus 15°C in einem Auto einsperrt, das keine Standheizung hat, bringt dieses Kind um. In einem Auto fällt die Temperatur blitzschnell und es droht der Kältetod.

Wer mit dünnen Turnschühchen – den oft gepriesenen Markennamen behalte ich hier für mich – bei besagten Gradzahlen im Tiefschnee unterwegs ist, der kann nicht sonderlich weit gehen. Vom Rutschen und Ausgleiten möchte ich erst gar nicht anfangen, und wer mit dünnen Beany-Mützchen und leichter Jacke ausgestattet ist, kühlt blitzschnell aus, ist nicht mehr Herr seiner Sinne und hüpft bestimmt nicht fröhlich durch die Gegend. Adams brauchte den Schneesturm, um sein Closed-In-Szenario auszugestalten – aber dann störte der Schneesturm irgendwo doch mit lästigen Nebenwirkungen, die hier dann tunlichst „weg-gedichtet“ wurden.

Neben dieser großen Frage zur Glaubwürdigkeit bleiben noch ein paar kleinere, die in diesem Zusammenhang fast nicht mehr ins Gewicht fallen, aber den Gesamteindruck verschärfen. Ich bezweifle sehr stark, dass jemand, der eine Ladung Pfefferspray in die Augen bekommen hat, in der Lage ist, eins-zwei-drei wegzulaufen, und dann auch noch ein fremdes Auto zu steuern. Und zuletzt kann mir auch nicht vorstellen, dass selbst die heftigste Ladung Adrenalin dazu beiträgt, jemanden so unter Strom zu versetzen, dass sämtliche Knochenbrüche zur Nebensache geraten. Diese Punkte fechten die Helden von „No Exit“ in keiner Weise an.

Fazit:

Insgesamt erinnert diese Geschichte an einen Film mit Vin Diesel, der mit einem Haufen „ehrlicher“ Explosionen aufwartet und bei dem man Fragen der Logik besser nicht stellt oder sie bei dem hohen Tempo der Handlung nebensächlich ist. In diesem Zusammenhang ist dann auch nachvollziehbar, dass Hollywood schon wegen der Filmrechte angeklopft hat. Wer allerdings bereit ist, Tempo und Action zugunsten von Logik und Realität zu opfern, der wird in „No Exit“ eine spannende Lektüre finden. Alle anderen, sollten sich dagegen schnellstmöglich zum nächsten Ausgang begeben.

No Exit: Diese Nacht überlebst du nicht

Taylor Adams, Heyne

No Exit: Diese Nacht überlebst du nicht

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