Böses Geheimnis

  • Edition M
  • Erschienen: April 2019
  • 0
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Thomas Gisbertz
72°1001

Krimi-Couch Rezension vonJun 2019

Gelungener Start einer neuen Reihe

„Lisa ist zurückgekehrt!“ Mit diesen Worten konfrontiert Jonathan Stade seine Psychiaterin Olivia Hofmann. Noch ahnt die Wienerin nicht, welches dunkle Geheimnis sich hinter dieser Aussage verbirgt. Die damals vierzehnjährige Lisa Manz, Tochter eines bekannten Chirurgen und einer ehemaligen Schauspielerin, wurde vor fünf Jahren bis zur Unkenntlichkeit verbrannt in einem Steinbruch aufgefunden.

Der Täter konnte nie ermittelt werden. Olivias Patient hat ein unscharfes Handyfoto von Lisa und ist im Besitz von deren Rucksack. Lebt das Mädchen etwa doch noch? Aber wer ist dann die Unbekannte, die auf so grausame Weise ums Leben kam?

Psychiaterin und ehemaliger Ermittler rollen Fall neu auf

Als Olivia sich am nächsten Tag auf dem Weg zu Jonathan macht, um sich den angeblich vorhandenen Rucksack anzuschauen, wird sie Zeuge, wie ihr Patient aus dem Fenster des vierten Stockwerks gestoßen wird und auf dem Boden aufschlägt. Die Polizei geht von Selbstmord aus und zweifelt an Olivias Behauptung, dass es sich um Mord handelt.

Die Psychiaterin weiß aber, dass es einen gibt, der ihr glauben wird: der ehemalige Inspektor Levi Kant. Er war es, der damals die Ermittlungen im Mordfall Manz leitete. Bis heute lässt ihn das Schicksal der ermordeten Lisa nicht los. Als Levi Kant nun gemeinsam mit Olivia Hofmann den Fall neu aufrollt, stoßen sie auf ein böses Geheimnis.

Erfahrene Autoren aus Wien

B.C. Schiller ist der Name des österreichischen Autorenduos Barbara und Christian Schiller. Das Ehepaar zählt zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren im Selfpublishing-Markt. Wobei man genauer sagen muss, dass es sich bei beiden um „Hybris-Autoren“ handelt, da sie sowohl im Verlag (Bastei Lübbe, Penguin) als auch in Eigenregie ihre Bücher veröffentlichen. Ihre Thriller haben bereits mehr als 1,5 Millionen Leser begeistert. Bisher haben sie 15 Romane veröffentlicht, viele davon waren eBook-Bestseller.

Bevor sich B.C. Schiller ganz dem Schreiben widmeten, sammelten sie viele ungewöhnliche Erfahrungen auf unterschiedlichen Gebieten, die sie oft in ihre Romane einfließen lassen. Barbara Schiller war als Marketing-Agentin für Unternehmen in Osteuropa tätig. Ihr Mann Christian Schiller veröffentlichte mehrere Romane und verfasste für den ORF außergewöhnliche Radiofeatures über Schriftsteller mit kriminellen Neigungen. Dazu interviewte er auch den Serienkiller Jack Unterweger. Böses Geheimnis“ ist der erste Band ihrer neuen Reihe um die Psychiaterin Olivia Hofmann und den Ex-Polizisten Levi Kant.

Ungewöhnliches Ermittlerpärchen

Man kann durchaus davon sprechen, dass B.C. Schiller mit den beiden Hauptprotagonisten ein ungewöhnliches Duo entwickelt haben, das in seiner Art glaubwürdig und sehr sympathisch dargestellt wird.

Levi Kant ist 55 Jahre alt und war jahrelang Leiter der Mordkommission Wien, bis ein traumatisches Ereignis seine Laufbahn jäh beendete: Während seiner Ermittlungen im Fall Manz wurde er im Zuge einer Festnahme von einem Kriminellen niedergeschossen und schwer verletzt. Anschließend lag er mehrere Wochen im Koma und wäre beinahe gestorben. Eigentlich sollte er frühpensioniert werden. Stattdessen ließ er sich auf die Polizeiakademie versetzen. Dort arbeitet er nun als Dozent. Das Aufrollen des alten Falles bedeutet für ihn die Möglichkeit, endlich mit seiner Vergangenheit abschließen zu können, auch wenn darunter seine Ehe leidet. Kants Ehefrau Rebecca will nämlich nicht, dass sich Levi erneut in Gefahr begibt.

Auch Olivia Hofmann quälen private Probleme. Ihr Mann und ihre kleine Tochter Juli sind vor fünf Jahren plötzlich und unerwartet verschwunden. Seitdem erhält sie zu jedem „Jahrestag“ eine Postkarte mit den Worten „Es tut mir leid“. Bis heute macht sie sich schwere Vorwürfe, damals etwas falsch gemacht zu haben. Dabei braucht eigentlich ihr an Alzheimer erkrankter Vater ihre ganze Aufmerksamkeit. Nachdem ihre Mutter an einem Schlaganfall verstorben ist, kümmert sich Olivia neben ihrem Beruf um ihn. Damit das Geld ausreicht, arbeitet sie darüber hinaus noch einige Stunden in einer psychiatrischen Klinik, in der einst auch ihr Vater tätig war.

Kleinere Schwächen trüben das Lesevergnügen kaum

Sicherlich ist „Böses Geheimnis“ kein perfekter Thriller. So bietet zum Beispiel die Kürze des Romans (251 Seiten) kaum Platz für ein tiefer reichendes Geflecht an Verdächtigen. Die geringe Anzahl an potentiellen Verdächtigen führt zwar dazu, dass man bereits früh ahnt, wer als Täter in Frage kommt und wie die einzelnen Handlunsstränge zusammenlaufen. Da das Motiv aber gleichwohl lange im Dunkeln bleibt und das Autorenpärchen am Ende doch noch eine große Überraschung für den Leser parat hat, stört dies wenig den positiven Gesamteindruck.

Die privaten Nebenhandlungen sind geschickt mit dem Hauptplot verbunden, so dass diese niemals vom Geschehen ablenken oder gar langweilen. Der Thriller bietet diesbezüglich einiges: Es geht um familiäre Probleme, einen Klinikskandal und das Schicksal eines jungen Mädchens. Dass man sich darüber hinaus in den oberen Kreisen gegenseitig deckt, macht die Ermittlungen nicht leichter.

Aufwühlendes Schicksal eines Mädchens

Besonders das Schicksal der jungen Lisa berührt: ein Mädchen, das sich eigentlich nur nach einer intakten Familie sehnt und die von ihren Eltern geliebt werden möchte. Statt ihr zu helfen, wird sie zum Spielball derjenigen, die ihr eigentlich helfen sollen. Nicht nur aus dramaturgischen Gründen sind die vereinzelten Rückblicke aus Lisas Perspektive wichtige und gelungene Teile der Handlung.

Märchenhafte Geschichte

Ein ganz besonderes Highlight des Thrillers ist eine kleine Nebengeschichte, die über Levis Großmutter Esther erzählt wird. Genauer gesagt geht es um den „Mantel der Unvergessenen“. Während des Einmarsches der Nationalsozialisten 1938 in Wien versteckt sie sich als kleines Mädchen im Kohlekeller. Während der Rest der Familie verschleppt wird, lebt Esther dort lange Zeit.

In ihren Mantel näht sie eine Tasche für ihren Teddybären, um ihn zu verstecken. Nach und nach erhält sie von anderen Juden Dinge und Kleinigkeiten wie einen Ring oder ein Tagebuch, die sie ebenfalls in den extra dafür genähten Taschen des Mantels verstecken und damit vor dem Vergessen bewahren soll. Eine wundervolle Geschichte voller Poesie, die lange nachhallt.

Fazit:

B.C. Schiller gelingt ein kurzweiliger Thriller, der bestens unterhält und Vorfreude auf die nächsten Fälle von Hofmann und Kant macht. Der Roman schockiert mit einem ernsten Thema und spart nicht an Sozialkritik. Dabei kommt das Lesevergnügen nicht zu kurz. Das Autorenduo mag seine Figuren. Das spürt man auf jeder Seite. Wer einen grandlinigen Thriller sucht, der Spannung bietet, ohne dabei zu oberflächlich zu werden, liegt mit „Böses Geheimnis“ richtig.

Böses Geheimnis

B.C. Schiller, Edition M

Böses Geheimnis

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