Im Sog der Schuld
- Limes
- Erschienen: April 2019
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Zu langsam, um richtig zu fesseln
Der Klappentext zu dieser Geschichte liest sich, wie eine alte Romanvorlage: Nach vielen Jahren kehrt Arden in die alte Villa am Mississippi zurück, um dort ihr Erbe anzutreten. Auf mysteriöse Art und Weise verschwanden hier einst ihre beiden Schwestern, und ihr Leben war nach diesem Ereignis – verständlicherweise – nie mehr dasselbe. Zurückgekehrt in ihre alte Heimat, sieht sie sich wieder mit den Ereignissen ihrer Kindheit aber auch mit den Konflikten ihrer Familiengeschichte konfrontiert.
Laura McHugh nimmt die Erzählung ihrer Heldin Arden als Ich-Erzählerin auf, die ähnlich der Ich-Erzählerin aus Daphne du Mauriers Roman „Rebecca“ unvermittelt eine traumähnliche Sequenz mit einem wichtigen – wenn nicht traumatischen - Ort aus ihrer Vergangenheit schildert. Dennoch ist es nicht das sagenumwobene Manderley, an das es die Heldin zurückzieht, sondern ein mehr oder weniger unbedeutendes kleines Nest, das aber allein durch seine Lage am Mississippi, und den damit verbundenen Träumen und Gedanken der Heldin eine besondere Romantik, Dramatik aber auch Langsamkeit erfährt.
Verquere und oftmals persönlich geprägte Erinnerungen an die Kindheit
Diese Langsamkeit bildet auch ein durchgängiges Grundmuster in McHughs Romans. Ihre Heldin Arden tastet sich durch die verqueren und oftmals persönlich geprägten Erinnerungen ihrer Kindheit. Im Zuge der Geschichte erkennt sie, dass sie verschiedene wichtige Elemente, die ihr immer als wahr und klar erschienen, offensichtlich falsch bewertet hat - und damit zu einer falschen Auslegung des damaligen Dramas, aber auch zu der Rolle, die ihre Familie generell spielte, kam.
Der Autorin gelingt es dabei, die behäbige Lebensweise und den damit verbundenen Lebensstil der amerikanischen Nachbarschaft des mittleren Westens genau einzufangen und zu einem wichtigen Element in dieser Geschichte aufzubauen. Dennoch hätte ein ab und zu schnellerer Fortschritt der Handlung nicht geschadet.
McHugh führt ihren Roman zu einem grundsätzlich runden Ende, der die wichtigsten Fragen erklärt, aber auch neue aufwirft und offen lässt. So beispielsweise die Frage, wer eigentlich hier an wem das Verbrechen beging und wie viele Leben aus unklaren Gründen zerstört oder verletzt wurden. Diese Fragen machen grundsätzlich einen guten Roman aus, doch bleibt immer eine Distanz zwischen Leser und Heldin, die ein richtiges Mitgerissen-werden und das Gefühl der Spannung verhindern, was letztendlich tatsächlich die im Titel genannte Sogwirkung ausmachen könnte.
Fazit:
McHughs Roman bildet eine ruhige Lektüre, der es gelingt, über das gesamte Werk hinweg einen Spannungsbogen zu schaffen und zu erhalten. Dennoch geschieht dies zu Lasten von Höhen und Tiefen, mit denen der Leser tatsächlich mit den Helden mitfiebern könnte. Die Handlung gleicht eher dem Fluss des Mississippi, ruhig und stetig, aber nicht aufwühlend und mitreißend.
Laura McHugh, Limes
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