Die Macht der Verzweiflung
- Edition M
- Erschienen: August 2019
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Langatmiger und uninspirierter Thriller
Markus Waldner ist spät nachts auf dem Weg nach Hause, als er Zeuge eines Anschlags wird. Ein Unbekannter hat nicht nur die Wohnung des Sportpolizisten Hannes Niehaus und seiner Verlobten Anna in Brand gesetzt, sondern auch an die Hauswand eine Warnung geschrieben: „Stirb langsam Bullenschwein, Fortsetzung folgt!“
Sofort machen Hannes und Anna sich von Schweden, wo sie gemeinsam mit Freunden Mittsommer feiern wollten, auf den Weg nach Hause. Während der junge Polizist noch fieberhaft überlegt, welche Feinde er sich während der vergangenen Mordermittlungen gemacht haben könnte, gerät sein Auto auf der Heimreise ins Schleudern. Zum Glück wird niemand verletzt. Wie sich herausstellt, wurde ein Reifen manipuliert. Mehr und mehr scheint Hannes in das Visier eines Psychopathen zu geraten. Immer schneller dreht sich die Spirale aus Bedrohung und Gewalt. Hannes muss erkennen, dass er plötzlich vom Jäger zum Gejagten wird.
Spuren in die Vergangenheit?
Eigentlich wollte sich Hannes auf die bevorstehenden Olympischen Spiele in Ruhe vorbereiten. Der Sportpolizist, der vormittags trainiert und nur halbtags seinem Beruf nachgehen muss, findet für sein Kanu-Training aber kaum Zeit, denn auch die geplante Hochzeit mit seiner Freundin Anna will vorbereitet werden. Nun sorgt eine Reihe von Ereignissen und Anschlägen dafür, dass Hannes um sein eigenes Leben fürchten muss. Warum sollte sich jemand an ihm rächen wollen? Schließlich spielte er bei früheren polizeilichen Ermittlungen eher eine Nebenrolle?
Eine erste Spur führt das ermittelnde Team um Kriminalhauptkommissar Marcel Bartel in die autonome Szene Hamburgs. Ein anonymer User namens joshi scheint gewaltbereite Linke gegen den Sportpolizisten aufbringen zu wollen. Angeblich sei Hannes mit größter Brutalität im Einsatz gegen Demonstranten beim Wirtschaftsgipfel vorgegangen, dabei hatte der Sportpolizist damals gar keinen Dienst. Als sein ehemaliger Förderer Federsen, mit dem Hannes sich vor geraumer Zeit zerstritten hat, plötzlich spurlos verschwindet, spitzen sich die Ereignisse zu.
Fortsetzung der Reihe um Hannes Niehaus
Hendrik Falkenberg wurde 1978 geboren und hat Sportmanagement studiert, um sein Hobby zum Beruf zu machen. Das ist ihm einige Jahre später auch als Schriftsteller gelungen. Seinen Debütroman „Die Zeit heilt keine Wunden“ veröffentlichte er im Ullstein Verlag, eine Neuauflage davon und weitere Fälle um den Sportpolizisten Hannes später im Amazon-Verlag „Edition M“. Mit „Die Macht der Verzweiflung“ erscheint nun der mittlerweile 9. Krimi der an der Ostsee spielenden Reihe, die sich großer Beliebtheit erfreut.
Zuviel des Guten
Wer sich mit der Reihe um den jungen Sportpolizisten Hannes nicht auskennt, der dürfte bei der Lektüre des Öfteren frustriert dreinschauen, da Falkenberg immer wieder Bezug zu anderen Fällen des Ermittlers nimmt, ohne das aber in ausreichender Weise zu erläutern. Als Verdächtige kommen zahlreiche Kriminelle in Frage, mit denen Niehaus einmal zu tun hatte. In welchem Zusammenhang dies jeweils geschehen ist, bleibt aber zu oft im Dunkeln bzw. wird nur im Ansatz erklärt.
Auch seine privaten Beziehungen, die häufig in Nebenhandlungen thematisiert werden, sind mehr als zahlreich: So liegt sein ehemaliger Mentor Fritz, der durch eine schwere Krankheit gezeichnet ist, auf der Palliativstation eines Krankenhauses, sein ehemaliger Chef, der cholerische Federsen, mit dem Hannes im Streit auseinandergegangen ist, wird entführt, seine Ex-Freundin Nina, die der Polizist immer noch attraktiv und anziehend findet, taucht unerwartet wieder auf - und sein sportlicher Rivale Ralf treibt mit Hannes ein unsauberes Spiel. Alles in einem ist dies einfach zu viel an Personen, Verdächtigen und Nebenhandlungen für einen temporeichen Krimi.
Teilweise langatmige Passagen
Vor allem die zahlreichen Episoden abseits des Falls und das ständige Legen falscher Spuren sorgt nicht gerade für Spannung, sondern zieht einzelne Handlungsstränge unnötigerweise in die Länge. Immer, wenn der Krimi endlich an Fahrt aufnimmt, wird der Spannungsbogen wieder unterbrochen, da man erkennt, auf der falschen Fährte zu sein. Die Dialoge wirken zum Teil banal und hölzern. Natürlich ist es gut, wenn man das Gefühl hat, es mit wirklichkeitsnahen Figuren zu tun zu haben. Zumindest die polizeiliche Arbeit sollte aber für den Laien professionell wirken, da sie ansonsten an Glaubwürdigkeit einbüßt.
Vor allem fehlt dem Krimi das Ostsee- bzw. Schwedenflair, welches man als Leser der Reihe erwarten würde. Statt düsterer Atmosphäre am Meer – dieses Bild erweckt auch das Cover des Romans – gibt es leider nur biedere Landschaftsschilderungen. Dabei lebt ein Krimi auch von der guten Darstellung der Lebensumwelt der Figuren.
Besonderer Ermittlertyp
Mit Johannes Niehaus hat Hendrik Falkenberg eine Figur entwickelt, die durchaus sympathisch ist, da sie angenehm normal und unscheinbar wirkt. Als Reflektorfigur macht sie es dem Leser leicht, sich in die jeweiligen Situationen hineinzuversetzen. Oftmals wirkt Hannes aber auch zu gewöhnlich und denkt bzw. handelt zu wenig wie ein Polizist. Seine Freundin Anna, die noch immer unter dem Verlust ihres ungeborenen Kindes leidet, wirkt blass und in ihrem Verhalten zum Teil auch sehr naiv.
Der knochige Ermittler Federsen, der auch seine weiche Seite hat – was besonders in der Sicht auf seine kranke Ehefrau gut dargestellt wird - wirkt in seinem ambivalenten Verhalten wohltuend „kantig“ und ragt damit aus der Menge durchschnittlicher Figurenzeichnungen in diesem Krimi deutlich heraus.
Fazit:
Mit „Die Macht der Verzweiflung“ gelingt Hendrik Falkenberg sicherlich nicht der beste Teil der Reihe um den Sportpolizisten Niehaus. Die Figuren sind überwiegend zu oberflächlich und einfach dargestellt, die Nebenhandlungen zu zahlreich und die Spannung nur mäßig. Die Grundidee des Krimis ist nicht neu, aber zumindest glaubwürdig. Dennoch fehlt es der Handlung letztendlich an Tempo und Dynamik. Ein insgesamt solider Roman, der den Lesern der bisherigen Fälle um Hannes und Anna sicherlich gefallen wird, für den Einstieg in die Reihe aber ungeeignet ist.
Hendrik Falkenberg, Edition M
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