Was die Nacht verbirgt
- Piper
- Erschienen: Januar 1998
- 5
- Paris: J.-C. Lattès, 1996, Titel: 'Le sang du bourreau', Seiten: 292, Originalsprache
- München; Zürich: Piper, 1998, Seiten: 331, Übersetzt: Matthias Bernhard
Was die Nacht verbirgt, kann auch der Tag nicht offenbaren
Edwige Marion und ihr Team haben es in dieser Geschichte mit einem Wahnsinnigen zu tun, dem es offenbar Lust bereit, seine Opfer leiden zu sehen. So mordet der Unbekannte auf bestialische Art und Weise und fügt seinen Opfern bei lebendigem Leibe unheilvolle Qualen zu. Schnell ist klar, dass der Mörder weiter auf seiner Jagd nach Lust und Blut ist. Doch noch eines wird den Ermittlern um Kommissarin Marion bald klar. Hinter den grausamen Taten steckt ein Mensch, der in Marions Umfeld zu suchen ist: Ihr Liebhaber Benjamin Bellechasse gerät ins Visier der Fahnder. Doch wie sollen sie es ihrer Chefin beibringen, ist der Verdacht zu weit her geholt?
Als dann sogar einer aus dem Team der Ermittler dem Mörder zum Opfer fällt, lässt sich die Konfrontation nicht mehr vermeiden. Und Kommissarin Edwige Marion weiß nicht mehr, was sie von der Sache halten soll. Erst die seltsamen Schnitte und Zeichen, die der Täter auf den Körpern seiner Opfer hinterlässt und die Nachforschungen und Erkenntnisse des Gerichtsmediziners, bringen die Ermittler auf die Spur.
Wenig Herzlichkeit und menschliche Nähe
Es handelt sich bei "Was die Nacht verbirgt" um einen typischen "Franzosen". Die Personen agieren etwas oberflächlich und ihre Sprache sowie auch der Umgang der Ermittler untereinander sind durch eine überzeichnete Härte gekennzeichnet. Wenig Herzlichkeit und menschliche Nähe zueinander sind zu spüren. Doch das begegnet uns in vielen französischen Krimis. Ich denke da nur an die Purpurnen Flüsse. Dennoch fiel mir auf, dass weder die Kommissarin, noch einer aus ihrem Team hervorstechende Charakterzüge trägt. Die Figuren wirken eher stereotyp.
Der Roman ist auktorial erzählt und sogar der Mörder (Ben) kommt in einzelnen Szenen zu Wort. Klar, soll doch der Liebhaber der schönen Kommissarin auf Biegen und Brechen unter Verdacht gehalten werden. Zumal auch er als "Ben", sein echter Name Benjamin, bezeichnet werden könnte. Noch dazu hat dieser "Ben" echte Probleme. Er ist nämlich schizophren und verwandelt sich kurz vor seinen Taten in die blonde Cora. Doch auch dies erscheint weniger pathologisch, sondern konstruiert.
Ein linear verlaufender und wenig abwechslungsreicher Plot
So kann man nach dem Genuss der 330 Seiten eindeutig feststellen: Was die Nacht verbirgt, kann auch der Tag nicht offenbaren. Ein linear verlaufender und wenig abwechslungsreicher Plot liegt der Story zugrunde.
Die Polizisten beschäftigen sich mehr mit sich selbst, als dass sie irgendwelche erfolgreiche Ermittlungen durchführten. Die Kommissarin treibt im Strudel der Erzählung mit, ohne auch nur einen Hauch von Profil zu entwickeln, und der Hauptverdächtige Benjamin wird von der Schreiberin so verdächtig dicht unter Verdacht gehalten, dass es schon fast verdächtig ist und ich ihm jederzeit meine Brieftasche inklusive aller Barschaften in der Gewissheit geliehen hätte, alles unversehrt von ihm zurück zu erhalten.
lähmende Langeweile
Kurzum, es macht sich während der ersten zweihundert Seiten eine lähmende Langeweile breit und ehrlich gesagt, auch die weiten hundert Seiten sind nicht viel besser. Auf Seite 300 ist der Mörder dann überführt und erschossen. Doch kommt jetzt erst das dicke Ende. Nicht nur, dass die Zwillingsnummer schon sehr betagt und ausgelutscht ist, erzählt uns jetzt die Autorin auf den letzten dreißig Seiten, warum der Mörder morden musste, warum diese sonderbaren Zeichen die Haut der Opfer entstellten, warum der Freund der Kommissarin so verdächtig und warum er auch noch selbst schuld daran gewesen war. Und das, liebe Autorin, ist ehrlich gesagt eine Frechheit, denn der Leser ist nicht blöde.
Was ist mit den schriftstellerischen Grundsätzen im Genre "Kriminalroman"? Wo bleibt das Rätsel für den Leser, wo bleibt die Leichtigkeit, mit der wichtige Details beiläufig in den Text einfließen, wo bleibt die gelungene Inszenierung?
Warum habe ich diesen Roman gelesen?
Die harten Worte tun mir leid, aber ich hasse es nun einmal, wenn mir am Ende eines Romans langatmig erklärt wird, warum ich zu einfältig, zu wenig intelligent oder vielleicht zu blauäugig war, um die Zusammenhänge zu erkennen. Solche Dinge, Frau Thiery müssen in das Plot einfließen, dann brauche ich keine Erklärungen mehr, wenn ich die letzte Seite gelesen habe. Vielleicht hätten Sie mir am Ende besser erklären sollen, warum ich den Roman überhaupt gelesen habe, denn das bleibt für mich bei diesem Roman das einzig wahre Rätsel.
Danielle Thiéry, Piper
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