Tod und Teufel
- Goldmann
- Erschienen: Januar 1995
- 84
- Köln: Emons, 1995, Seiten: 507, Originalsprache
- Köln: Emons, 1998, Seiten: 373, Originalsprache
- Köln: Emons, 1999, Seiten: 6, Übersetzt: Frank Schätzing, Bemerkung: gekürzt
- Köln: Emons, 2001, Seiten: 368, Originalsprache
- Köln: Emons, 2003, Seiten: 8, Übersetzt: Frank Schätzing, Bemerkung: gekürzt
- München: Goldmann, 2005, Seiten: 507, Originalsprache
- München: Goldmann, 2006, Seiten: 507, Originalsprache
- München: Goldmann, 2008, Seiten: 432, Originalsprache
- Hamburg: Zeitverlag Bucerius, 2010, Seiten: 448, Originalsprache
Die mittelalterliche Atmosphäre großartig eingefangen
Köln im Jahr 1260. Allerfinsterstes Mittelalter. Der Autor hat das Leben zu jener Zeit so gut eingefangen, dass man froh ist, nicht damals gelebt zu haben. Für die Armen war es ein täglicher Kampf ums Überleben, für die Reichen ein Kampf um mehr Macht und die Kirche kämpfte darum, ihre Macht, die ihr zu entgleiten drohte, zu behalten.
Der Dom war im Bau und dem Dombaumeister Gerhard Morart war klar, dass er sein Werk bis zu seinem Lebensende nicht vollendet haben würde. Aber daß sein Leben so schnell zu Ende gehen würde, damit hat er wohl auch nicht gerechnet. Von dem gekauften Mörder Urquhart wird er in der Dunkelheit vom Baugerüst gestossen. Der Mörder glaubt sich allein auf dem Gelände, doch unglücklicherweise wird er bei seiner Tat jedoch von Jacop dem Fuchs beobachtet, einem sympathischen Dieb, der im Garten des Erzbischofs auf einem Baum saß und gerade dabei war, Äpfel zu stehlen, um seinen größten Hunger zu stillen. Jacop eilt dem Gestürzten zu Hilfe. Der kann ihm jedoch nur noch ein paar Worte zuflüstern, bevor er stirbt. Dummerweise wird Jacop dabei aber auch vom Mörder gesehen. Aufgrund Jacops roten Haarschopfs ist es für den Mörder ein leichtes, dessen Verfolgung aufzunehmen.
Jacop teilt seine Beobachtung mit seinem Bettlerkumpanen Tilman und mit der befreundeten Hure Maria, doch diese schenken ihm keinen Glauben, denn Zeugen haben beobachtet, dass der Dombaumeister alleine war und vom Gerüst stürzte. Bezahlte Zeugen selbstverständlich. Trotz allem will der Mörder sämtliche anderslautenden Gerüchte im Keim ersticken und jagt den armen Jacop unerbittlich. Tilman und Maria enden durch einen Bolzen der kleinen Armbrust, Jacop jedoch kann zunächst seinem Häscher, den er für den Teufel hält, mit knapper Not und leicht verletzt entkommen.
Hilfe findet er bei der hübschen Färberstochter Richmodis. Die bringt ihn zu ihrem Onkel, dem Physicus Jasper, der Jacops ausgerenkte Schulter wieder richtet. Mit Richmodis, ihrem Vater Goddert und Jasper gibt es nur drei weitere Mitwisser des Mordes. Diese sind sich aber noch nicht so ganz sicher, ob sie Jacop vertrauen sollen. Jasper, der zu den aufgeklärteren Menschen seiner Zeit zählt, weiß, dass nicht der Teufel hinter der Sache steckt, sondern sucht nach einer natürlichen Erklärung, sofern er denn die Aussagen des Diebes für bare Münze nehmen soll.
Also macht er sich zunächst über einen Freund im Schöffengericht auf die Suche nach den bezahlten Zeugen. Doch bevor es zum vereinbarten Treffen kommt, werden auch diese ermordet. Nun weiß er zumindest, dass es über den Schöffen eine Verbindung zum Verantwortlichen für die Morde geben muß, denn sonst hat keiner von Jaspers Vorhaben gewusst.
Etwas mehr weiß bis dahin schon der Leser, der durch die ständigen Perspektivwechsel die Rolle des übergeordneten Beobachters einnimmt. Eine Gruppe von Verschwörern um die Patrizierfamilie Overstolz plant eine "Sache", die mit dem Mord an dem Dombaumeister erst ihren Anfang genommen hat. Doch ihr eigentliches Ziel kennt auch der Leser nicht. Daß der erste Mord so weite Kreise zieht, dass auch Unschuldige sterben müssen, geht einigen der Verschwörer zu weit, so daß die Gruppe bereits gespalten ist.
Großartig eingefangen hat der Autor die Atmosphäre von Köln in der damaligen Zeit und vor allem das alltägliche Leben in der Stadt mit seinen großen Gegensätzen zwischen Arm und Reich. Auch mit seiner Schreibweise und der Wortwahl versucht er oftmals durch antiquierte Ausdrücke, sich an die Zeit anzupassen, was ihm aber nicht immer gelingt. Ein Beispiel:
"Wie zum Beweis spreizte er den kleinen Finger ab, kam zu dem Schluß, dass es der Geschichte am Odeur der Wahrhaftigkeit gebrach und ließ die Schultern hängen."
Die Wege der handelnden Personen über die Plätze und durch die Straßen und Gassen von Köln werden detailliert beschrieben, so daß der Köln-Kenner sich aufgrund der heutigen Situation gut hineinversetzen kann und seine Stadt mit ganz anderen Augen sehen kann.
Der Roman als Ganzes wirkt etwas zerrissen. Schätzing schafft es nur streckenweise, Spannung aufzubauen und auch zu halten. Die Story verflacht immer wieder, nimmt dann aber genau schnell wieder Fahrt auf. Gut eingebaut ist die fiktive Handlung in die historischen Fakten. Der Tod des Dombaumeisters entspricht den historischen Tatsachen, den Mord jedoch hat sich der Autor erdacht. Doch schlecht integriert sind die historischen Erklärungen, die zwar interessant sind, aber den Lesefluß immer wieder hemmen. So mutet es schon etwas seltsam an, wenn plötzlich auf dem Höhepunkt der Spannung in größter Gefahr eine der Personen erst mal genüßlich einen Vortrag über die politischen Gegebenheiten startet.
Spaß machen die Dialoge, die oftmals viel sprachlichen Witz besitzen. Insbesondere, wenn sich Jasper, schon etwas weinselig, mit Jacop heiße Diskussionen liefert, kommt Freude auf.
Die Charaktere sind zwar liebevoll dargestellt, doch fehlt es ihnen ein wenig an Tiefgang.
"Tod und Teufel" ist ein Roman mit vielen guten Ansätzen, aber auch einigen Schwächen, dem eine Kürzung um etwa 100 Seiten gut tun würde.
Frank Schätzing, Goldmann
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