Beim Morden bitte langsam vorgehen
- Penguin
- Erschienen: April 2018
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- Stockholm: Bromberg, 2017, Titel: 'Blybröllop', Seiten: 230, Originalsprache
- München: DVA, 2018, Seiten: 264, Übersetzt: Wibke Kuhn
- Penguin, 8. Juli 2019
Schwarzer Humor vom Feinsten
Für die Schwedin Sara Paborn ist „Beim Morden bitte langsam vorgehen“ der erste in Deutschland erschienene Roman. Nach der Hardcover-Ausgabe vom April 2018 folgte im Juli 2019 die Taschenbuch-Version.
Irene hat nach fast 40 Ehejahren die Nase voll von Ehemann Horst. Als sie eine Schachtel Bleibänder zum Beschweren von Gardinen findet, kommt ihr der Gedanke, diese einem anderen Zweck zukommen zu lassen – der Vergiftung von Horst.
Als Bibliothekarin an der Quelle jeglichen Wissens über Chemie sitzend, mutiert die sonst so unscheinbare Irene zur Giftmischerin in der häuslichen Küche. Doch ihr ist klar, dass sie bedächtig handeln muss, damit keiner Verdacht schöpft - sie also beim Morden langsam vorgehen muss.
Wenn die Ehe zum Albtraum wird
Irene und Horst sind schon lange verheiratet und vom anfänglichen Glück ist nichts mehr übrig geblieben. Schon bei der Hochzeit zeigte sich die eher rationale Seite des begeisterten Kabellegers Horst, der auch in den Jahren danach an der klassischen Rollenverteilung größten Gefallen findet. Irene mit ihren Interessen wird immer mehr ins Abseits geschoben. Ihre Bücher müssen Horsts wummernder Stereoanlage weichen, ihr Traum vom Gewächshaus fällt einem Aufsitzrasenmäher zum Opfer und die Fernbedienung für das Fernsehen ist natürlich auch fest in männlicher Hand.
Für Irene gibt es nur eine Lösung – Horst muss weg. Eine Scheidung wäre einfach zu vulgär, ein Eingeständnis der Schwäche und sie sowieso die Verliererin.
Sara Paborn beschreibt diese beiden Menschen so treffend und köstlich, dass man sie vor sich sieht – er männlich ignorant, sie weiblich duldend, aber im Inneren vor Weißglut kochend. Wer kennt solche Ehepaare nicht? Mit viel schwarzem Humor, aber auch viel Einfühlungsvermögen wird hier eine Geschichte geschildert, die einfach Spaß macht, aber unter der lustigen Oberfläche auch Kritik übt. Ehefrauen sind keine Haushaltssklaven, auch sie haben Rechte. Das mag sich seit der Emanzipation der Frau auch in Männerkreisen herumgesprochen haben, aber, bis heute wurde der Weg zur Gleichberechtigung noch nicht zu Ende gegangen.
Ein Mord von „neroischer Klasse“
Irene selbst erzählt ihre Verwandlung von der stillen und duldsamen Ehefrau hin zur Giftmischerin in der heimischen Küche. In einem wiedergefundenen Notizbuch hält sie fest, wie sie auf die Idee kam Bleizucker herzustellen, ihn Horst verabreichte, ihm beim langsamen Verfall zusah und es, bis auf wenige Momente des Zweifels, genoss wieder Kontrolle über ihr Leben zu erlangen. Dabei sind die staubtrocken gelieferten Begründungen und Beobachtungen einfach nur köstlich.
Ihr Staunen, als der ihr bis dahin nur theoretisch bekannte Bleisaum tatsächlich auf Horsts Kiefer entsteht oder seine bleibedingte Schwäche ihr ermöglicht den vermaledeiten Plattenspieler los zu werden, sind so pragmatisch geschildert, dass man einfach Lachen muss und sie nicht als männermordende Lucrezia Borgia ansehen kann. In ihren Augen tut sie Horst überhaupt einen großen Gefallen, indem sie ihm eine im wahrsten Sinne des Wortes klassische Todesursache zugesteht.
„Eigentlich müsste er mir dankbar sein. Was ist Scheidung schon gegen einen Giftmord neroischer Klasse? Immerhin hatte Horst länger gelebt als der Durchschnittsschwede vor 100 Jahren. Das war mehr als genug.“
Die Spannung in diesem Roman generiert sich folgerichtig weniger aus der Frage nach dem Mörder, als vielmehr aus der Frage, ob Irene mit ihrem Vorhaben davon kommt. Und, das Staunen über die abgeklärte Schilderung eines Giftmordes, der als absolut vertretbare Lösung präsentiert wird, hat ihren eigenen Reiz.
Fazit:
Von einem atemraubenden Thriller ist diese Geschichte weit entfernt. Es gibt keine Mörder der bekannten Sorte, keine blutüberströmten Opfer oder dauergestressten Ermittler. „Beim Morden bitte langsam vorgehen“ ist eine ruhige, gut geschriebene Geschichte, die mit viel schwarzem Humor den Leser bis zum Schluss unterhält. Lassen sie sich auf eine Bibliothekarin ein, die einfach nichts Böses daran entdecken kann, ihr Leben durch die Vergiftung ihres Mannes zurück zu gewinnen, und sie werden viele spaßige, aber manchmal auch nachdenkliche Momente haben.
Sara Paborn, Penguin
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