Der Pakt - Bis dass der Tod uns scheidet
- Diana
- Erschienen: Februar 2019
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- New York: Bantam, 2017, Titel: 'The marriage pact', Seiten: 414, Originalsprache
- München: Diana, 2019, Seiten: 560, Übersetzt: Astrid Finke
Die Ehe-Sekte: Niemand verlässt den Pakt
„Ich dachte an den Tag, an dem Alice und ich unterschrieben hatten, weil wir glaubten, es wäre alles nur ein lustiges Spiel ohne echte Konsequenzen.“
„Wir müssen einen Ausweg finden.“ Alice sah mich mit gerunzelter Stirn an, als hätte ich überhaupt nicht kapiert, worum es ging. „Was du nicht sagst, Jake. Aber was ich dir gerade zu erklären versuche, ist: Ich glaube, es gibt keinen.“
Ein frisch getrautes Paar tritt der geheimen Organisation „Der Pakt“ bei. Deren Mitglieder verpflichten sich, umfangreiche Regeln zu befolgen, deren Einhaltung eine stabile, lebenslange Ehe garantieren. Die Partner sollen sich regelmäßig beschenken, Ausflüge zu zweit unternehmen, täglich beim Partner anrufen …
Für den Erzähler und Paartherapeuten Jake erscheinen die Anweisungen durchaus sinnvoll und machbar. Auch Ehefrau Alice, eine aufstrebende Rechtsanwältin, unterschreibt den inoffiziellen Ehevertrag gerne, sie reizt der Gedanke, einem geheimen und sehr exklusiven Club anzugehören. Beide glauben, die Regeln leicht befolgen zu können. Deshalb schenken sie den angedrohten Strafen bei Nichteinhaltung oder gar Verstoß gegen die Regeln wenig Aufmerksamkeit. Ein großer Fehler, wie sie bald am eigenen Leib erfahren müssen. Die Strafen sind drakonisch und die Organisation allmächtig. Paranoia und Angst bestimmen bald den Alltag des Pärchens. Denn ihnen wird klar, dass der Spruch: „Niemand verlässt den Pakt“ bitterernst gemeint ist.
Autorin hat das Poterzial des Plots nicht ausgeschöpft
Der Plot, den sich Autorin Michelle Richmond ausgedacht hat, klingt so spannend, dass die Filmrechte schon vor dem Erscheinen des Buches verkauft wurden. Allerdings müssen die Drehbuch-Autoren wohl noch einige Änderungen anbringen, bevor aus „Der Pakt“ der spannende Thriller wird, den die Buchvorlage verspricht. Das Potenzial ihres vielversprechenden Stoffes hat Michelle Richmond leider nicht genügend ausgeschöpft.
Nach einem viel versprechenden, spannenden Intro plätschert die Handlung auf den nächsten Seiten spannungsarm dahin, ausgefüllt mit Erinnerungen des Ich-Erzählers Jake, mit Schilderungen aus seinem Arbeitsalltag und seinem Philosophieren über die Ehe. Diese Passagen ziehen sich durch die ganzen 557 Seiten und würgen immer wieder die Spannung ab, die besonders in den Bestrafungsszenen aufkommt. Erst im Finale entwickelt sich „Der Pakt“ zu einem spannenden Thriller, enttäuscht dann aber im letzten Kapitel mit einem schwachen Ende.
Michelle Richmond hat in einem Interview drei Inspirationsquellen für „Der Pakt“ genannt: die Liebe, Sekten, auf deren Versprechen auch intelligente Menschen hereinfallen, und das Strafgesetzbuch, in dem Strafen für jede Art von Vergehen bis ins kleinste Detail definiert und festgesetzt werden.
Wer sich für das Thema Ehe und Liebe interessiert, kann aus Michelle Richmond Buch einige interessante Anregungen mitnehmen. Ist die Ehe nur ein romantisches Konstrukt, das im Alltag scheitern muss? Kann man eine Ehe mit Regeln sichern? Wie gut kennt man seinen Partner wirklich? Aus welchen Gründen heiratet man? Wieviel Kontrolle verträgt die Liebe? Wieviel Besitzdenken steckt in der Ehe?
Drakonische und fantasievolle Strafaktionen verbreiten Schrecken
In „Der Plot“ gibt es Anklänge an die „Stepford Wives“, an Stephen Kings Kurzgeschichte „Quitters, inc.“, Horror- und Science Fiction-Elemente, aber auch komische Momente, wenn die Hauptpersonen gezwungen sind, bizarre Strafen in ihren Alltag zu integrieren. Die drakonischen und fantasievollen Strafaktionen, denen Alice und Jake ausgesetzt sind, verbreiten ihren Schrecken auch ohne blutige Szenen. Auch die zunehmende Paranoia der Protagonisten lässt sich gut nachempfinden. Jeder könnte ein Mitglied des Pakts sein, die Überwachung scheint allgegenwärtig.
Obwohl Alice und Jake intelligente Menschen sind, lassen sie sich verführen und treten dem Pakt bei, ja sie versuchen auch immer wieder, sich den Regeln zu fügen, teils aus freier Überzeugung, teils aus Angst vor Strafe. Jake erzählt an einer Stelle selbst, dass „Der Pakt“ wie eine Sekte agiert. Trotzdem ist die Naivität, mit der Jake und Alice den Vertrag unterschreiben, und die Nachlässigkeit mit der sie „das Kleingedruckte“ nicht lesen, unglaubwürdig.
Schließlich wird Alice als erfolgreiche Juristin dargestellt. Unrealistisch und utopisch erscheint auch die geheime Organisation, die über unerschöpflichen Reichtum, Ressourcen und Macht verfügt. Auch das strafbedingte, tagelange Verschwinden eines Mitglieds dürfte in der Realität am Arbeitsplatz und im Freundeskreis für Aufmerksamkeit, Fragen und Karriereprobleme sorgen, bleibt im Buch aber folgenlos und praktikabel.
Fazit:
Als Thriller überzeugt „Der Pakt“ leider nicht, trotz der interessanten Idee, gut ausgearbeiteter Hauptpersonen, origineller Szenen und flüssigem Schreibstil. Reflexionen und Rückblenden unterbrechen die spannenden Szenen zu oft und zu lang. Ich hoffe, dass die Verfilmung mehr aus dem Stoff herausholt, und die Umsetzung gelungener sein wird als die Buchvorlage von Michelle Richmond.
Michelle Richmond, Diana
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