Der Kratzer

  • Knaur
  • Erschienen: Dezember 2018
  • 4
  • München: Knaur, 2018, Seiten: 432, Originalsprache
Wertung wird geladen
Annette Wolter
65°1001

Krimi-Couch Rezension vonApr 2019

Ist der berüchtigt, brutale Killer zurück?

Eine Frau bringt ihr Pferd nach dem Ausritt in den Stall und wird dort überfallen. Das Pferd stirbt, die Frau überlebt. Sie ist die Ex-Frau von Kommissar Dom. Tobias Dom hat einen brutalen Mörder, „Kratzer“ genannt, schon sieben Jahre zuvor gejagt. Blöderweise ist er ihm knapp entwischt.

Die Berliner Mordkommission nennt den Mörder so, weil er seine Opfer ausbluten lässt und Nachrichten in ihre Haut ritzt. Dieses Mal hat er den Namen von Doms Tochter in die Haut seiner Ex Jasmin geritzt. Nach einigem Widerstand bittet Kommissar Dom die unbequeme, investigative Journalistin  Christine Lenève um Hilfe.

Schatten der Vergangenheit

Gemeinsam folgen sie einer Spur, ausgerechnet in jene psychiatrische Anstalt, die von Dr. Bettina Herzog geleitet wird. In dieser Klinik sitzt der Psychiater und geistesgestörte Dr. Lindfeld ein.  Und der hat mit Christine bekanntlich noch eine Rechnung offen ...

Ist es möglich, ein Opfer in einem Kontrabass-Koffer zu transportieren? Taugen stillgelegte Wildkammern für Mordrituale? Wie kompliziert ist, es jemanden aus seiner Wohnung zu entführen und über das Dach eines Mietshauses zu verschleppen?

Oliver Ménard ist Journalist. Er probiert und experimentiert an tatsächlichen Orten, prüft dort die Szenen, die er in seinen Thrillern beschreibt. Heraus kommen Bücher fürs Kopfkino - detailversessen und mit filmischer Dichte erzählt.

“Der Kratzer” ist das letzte Buch der Christine Lenève-Trilogie, aber es ist in sich als Fall abgeschlossen. Die anderen Bände muss man nicht unbedingt gelesen haben, die Inhalte werden am Rande erklärt. Das war für mich als Leserin auch hilfreich, weil ich die Vorgängerbände nicht kenne.

Ist der Kratzer nur eine Marionette?

Es beginnt eine nervenaufreibende Suche nach dem Kratzer, der immer einen Schritt voraus zu sein scheint. Irgendetwas ist seltsam. Tobias Dom und Christine begeben sich unabhängig voneinander auf die Jagd. Christine hat ihren Freund Albert dabei. Parallel wird erzählt, was der Kratzer so treibt und denkt. Die Jagd führt Christine und Albert schließlich nach Frankreich und Tobias ins Bordell, wo er einen Tipp bekommt.

Ménard schreibt sehr dicht und anschaulich. Auch Bilder und Spannungsbogen sind stimmig aufgebaut. Für mich erfüllen die Figuren allerdings alleKlischees, die es so gibt. Die Jagd am Schluss ist dann nochmal spannend und ein Highlight des Thrillers. Die Auflösung hingegen nicht sehr schwer zu erraten. Dann gibt es einen Twist, der für die meisten Leser sicher überraschend kommt -  und für die Reihe alles offen lässt.

Fazit:

Die Journalistin und Polizistentochter Christine Menève ist eine pseudo-taffe und nervige Person, die immer das Richtige tut, weiß und von sich gibt.  Alleine die Art von ihr,  wo sie mit ihrem Freund Albert Eislaufen geht und sich ostentativ verweigert, zieht sich durch das ganze Buch. Diese passiv-aggressive Attitüde macht die Spannung kaputt.

Der Titel „Kratzer“ klingt auch etwas am Thema vorbei und trivial. Da muss man unwillkürlich an den Hexer von Edgar Wallace oder etwas anderes Ödes denken.  Trotzdem: Ménard versteht sein Handwerk, die Orte und Gegebenheiten sind meines Erachtens gut recherchiert, und er vermag durch gute Spannung und ein hohes Tempo zu fesseln.

Aber am Schluss will Ménard zu viel, will überraschen, den Leser staunend zurücklassen; das ist bei mir misslungen, da extrem konstruiert. Ich kann die durchweg positiven Stimmen zum „Kratzer“ nicht nachvollziehen. Für mich ist es nur ein durchschnittlicher „Badewannen- Krimi“.

Der Kratzer

Oliver Ménard, Knaur

Der Kratzer

Deine Meinung zu »Der Kratzer«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Dr. Drewnioks
mörderische Schattenseiten

Krimi-Couch Redakteur Dr. Michael Drewniok öffnet sein privates Bücherarchiv, das mittlerweile 11.000 Bände umfasst. Kommen Sie mit auf eine spannende und amüsante kleine Zeitreise, die mit viel nostalgischem Charme, skurrilen und amüsanten Anekdoten aufwartet. Willkommen bei „Dr. Drewnioks mörderische Schattenseiten“.

mehr erfahren