Eifersucht
- Argon
- Erschienen: Januar 2018
- 6
- Berlin: Argon, 2018, Seiten: 7, Übersetzt: Michael Schwarzmaier
Zuweilen sind Paparazzi eben nicht nur lästig
Rachel Eisenberg trifft in einem Biergarten zufällig Judith Kellermann, eine mäßig erfolgreiche Filmproduzentin und flüchtige Bekannte. Die Begegnung endet dramatisch, denn Kellermann wird von der Polizei verhaftet, sie ist des Mordes an ihrem Lebensgefährten verdächtig. Kellermann benennt Rachel als ihre Anwältin, und widerwillig übernimmt sie den Fall. Die Ermittler finden Spuren von Semtex in Kellermanns Wohnung - mit diesem Sprengstoff wurde ihr Lebensgefährte getötet. Für die Staatsanwaltschaft und die Polizei ist der Fall damit aufgeklärt.
Rachel Eisenberg sieht das - wenig überraschend - ganz anders. Sie glaubt ihrer Mandantin, obwohl die eine spektakuläre Geschichte erzählt. Ein ehemaliger Elite-Soldat soll Eike Sandner samt Blockhütte in die Luft gesprengt haben, und wolle ihr das jetzt in die Schuhe schieben, behauptet Kellermann. Ein überaus verworrener und schwieriger Fall für Rachel Eisenberg, wie sich im Laufe der zähen Ermittlungen zeigt.
Andreas Föhr ist als Autor nicht nur in der Provinz zu Hause
Neben seiner erfolgreichen Roman-Serie um die zuweilen kauzigen Ermittler Wallner und Kreuthner, die in der bayrischen Provinz am Tegernsee für Recht und Ordnung sorgen, hat Andreas Föhr vor zwei Jahren eine neue Krimi-Reihe gestartet. Seither hat er im jährlichen Wechsel einen Wallner & Kreuthner-Roman und einen Eisenberg-Krimi geschrieben. "Eifersucht" ist also der zweite Roman mit der unkonventionellen und in ihrem Beruf erfolgreichen Anwältin Rachel Eisenberg. Neue Leser können hier problemlos einsteigen, obwohl es immer von Vorteil ist, den ersten Teil einer Reihe vor dem zweiten gelesen zu haben. "Eisenberg" ist zudem auch ein richtig spannender Roman, wer also mag, sollte vielleicht damit einsteigen, und sich dann den Lesegenuss von "Eifersucht" gönnen.
denn ein Genuss ist dieses Buch auf jeden Fall. Andreas Föhr ist ein guter Geschichten-Erzähler, das ist aus seiner Tegernsee-Reihe bekannt. Und bei Eisenberg zeigt er, dass er als Autor nicht nur in der Provinz zu Hause ist, sondern auch in der Isar-Metropole. Der Plot ist so rasant wie verworren, was einen ständig steigen Spannungsbogen mit sich bringt.
Endlich mal eine Ermittlerin, die nicht irgendwie gestört ist
Rachel Eisenberg ist die unangefochtene Hauptperson. Die zahlreichen Menschen, die an den Ermittlungen beteiligt sind, oder im Umfeld von Rachel auftauchen, sind tatsächlich allenfalls schmückendes Beiwerk. Wie mittlerweile im Krimi-Genre üblich hat die Protagonistin gravierende private Probleme. Heiko Gerlach, ihr Mandant aus dem ersten Roman, funkt ihr immer wieder im Privatleben dazwischen. Besonders belastend ist für die junge Anwältin Gerlachs Kontakt zu ihrer Tochter Sarah.
Rachel hat nämlich ein dunkles Geheimnis aus ihrer Kinderzeit, und Gerlach will sie dazu bringen, ihrer Tochter die Wahrheit zu erzählen. Daneben ist Rachel von ihrer privaten Bekanntschaft mit ihr Mandantin nicht gerade begeistert, aber bei den Recherchen in diesem merkwürdigen Mordfall hilft ihr das durchaus. Immerhin ist sie nicht - was bei vielen Autoren leider schon Standard ist - Alkohol-, Tabletten- oder Drogen-abhängig, psychisch krank oder sonstwie gestört. Rachel hat Probleme, mit denen sie aber relativ souverän umgeht.
Trotz der störenden Begleiterscheinungen macht Eisenberg ihren Job ziemlich gut. Und dabei ist sie auch clever genug, sich professionelle Hilfe zu holen. Alex Baum, ein überaus erfahrener Privatermittler, unterstützt die Anwältin bei ihren Nachforschungen. Zunächst koordiniert er nur den Einsatz seiner Mitarbeiter, aber dann wird er von dem merkwürdigen Fall gefesselt, und er steigt selbst in die Ermittlungen ein.
Eisenberg und Baum müssen einige dicke Bretter bohren
Neben der Gegenwartshandlung gibt es, vom Prolog ausgehend, ständig Rückblenden in die Zeit vor fünf Jahren. Darin geht es um Judith Kellermann und einen geheimnisvollen Jürgen. Der Bezug zur Gegenwart bleibt lange geheimnisvoll und rätselhaft, erst im Zuge der Ermittlungen von Baum und Eisenberg wird deutlich, worin die Verbindung besteht. Kellermanns tapsige Anfänge in der Filmbranche, sowie viele Perspektiven und Orte geben dem Leser einige Rätsel auf. Immerhin wird klar, dass Judith damals einem Mörder begegnet ist, der mehrere Frauen auf dem Gewissen hat.
In der Gegenwart müssen Rachel Eisenberg und Alex Baum einige dicke Bretter bohren, bevor sie der Lösung tatsächlich näher kommen. Es zeigt sich, dass Fotos in der Regenbogen- oder Boulevard-Presse zuweilen durchaus hilfreich sein können. Paparazzi sind also eine lästige, aber manchmal eben auch hilfreiche Erscheinung der modernen Medien-Welt. Allerdings müssen die Ermittler die Steilvorlage auch erkenn und den Ball dann im Tor versenken, was nicht wirklich einfach ist.
Autor setzt dramatischen und überraschenden Schlusspunkt
Andreas Föhr versteht es in meinen Augen geradezu meisterhaft, die Spannung über das gesamte Buch immer weiter aufzubauen. Falsche Fährten, scheinbar wichtige Personen, die dann doch nur Randerscheinungen sind, Sackgassen aller Art, zwischendrin private Turbulenzen - hier wird dafür gesorgt, dass der Leser atemlos dranbleibt.
Dazu tragen die Sequenzen aus der Vergangenheit erheblich bei. Die Beziehung von Judith zu dem vermeintlichen Mörder namens Jürgen bleibt bis zum Schluss rätselhaft und merkwürdig faszinierend.
München ist als Kulisse übrigens viel weniger wichtig, als das Tegernseer Land in den Romanen um Wallner und Kreuthner. Während dort die Eigenheiten der Menschen und auch die Landschaft durchaus eine wichtige Rolle spielen, ist die Landeshauptstadt nur Kulisse für die fesselnde Geschichte.
Nach vielen Irrungen und Wirrungen setzt Andreas Föhr mit dem Finale einen dramatischen und absolut überraschenden Schlusspunkt. Das Ende bringt eine Auflösung, die ich wahrlich nicht erwartet hätte. Die Frage, wer hinter der ganzen Sache steckt, rückt im Laufe der Geschichte immer mehr in den Fokus. Die am Ende aufgetischten Antworten haben mich zumindest ziemlich verblüfft.
Ein brillanter Roman, spannend und höchst unterhaltsam.
Es bleibt zu hoffen, dass Andreas Föhr beide Reihen pflegen wird, denn Protagonisten und Setting sind dermaßen verschieden, dass diese zwei Serien nebeneinander existieren können. Und beide haben durchaus noch viel Potenzial.
Andreas Föhr, Argon
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