Mädchen Nr. 5
- Knaur
- Erschienen: Januar 2018
- 2
- London: Michael Joseph, 2015, Titel: 'No name lane', Seiten: 489, Originalsprache
- München: Knaur, 2018, Seiten: 448, Übersetzt: Karl-Heinz Ebnet
Ganz am Ende wird alles gut...
Als die 15jährige Michelle entführt wird, deutet alles darauf hin, dass er schon wieder zugeschlagen hat: Der Kiddy-Killer. Hinter diesem mehr als verharmlosenden Titel des "Kinderchen"-Killers, verbirgt sich eine Person, die überall für Angst und Schrecken sorgt. Ein Killer, der mit seinem Wagen die Landstraßen bereist, seine Opfer sorgfältig auswählt und ermordet. Frei nach dem Film "Es geschah am hellichten Tage" also ein neuer "Igelriese". Dass er von selbst aufhört, glaubt sowieso keiner und nun scheint er sein fünftes Opfer gefunden zu haben.
Wenn auch diese literarische Figur, die auch von keinem geringeren als Friedrich Dürrenmatt eingesetzt wurde (und vermutlich schon zu seinen Zeiten nichts Neues mehr war), so sorgt sie immer wieder für Spannung. Ein Raubtier, das um seine ahnungslosen Opfer kreist, jederzeit bereit eines zu schnappen - das ist gruselig. Eine Voraussetzung ist aber dann natürlich, dass auch tatsächlich die Suche und die Ermittlungen nach diesem Killer laufen und - vor allem - erzählt werden.
Eine Selbstverständlichkeit - sollte man denken. Im "Mädchen Nr. 5" muss der Leser aber dann überrascht feststellen, dass weder Ermittlungen noch Suche im Großen und Ganzen stattfinden. Sicher - die Motivation und die Gedanken des Täters werden vorgestellt, geschildert wird auch seine Suche nach einem weiteren Opfer - und dann nimmt sich dieser Fall erst einmal eine längere Auszeit.
Wo ist denn der Serien-Täter geblieben?
Linskey lässt seine Helden und die ermittelnde Polizei nämlich in erster Linie einem Mörder hinterher jagen, der offensichtlich lange vor der Geburt der "Kiddys" und möglicherweise vor der Geburt ihres "Killers" zuschlug. Sicher - wer hier rein juristisch beurteilt und sagt "Mörder ist Mörder", dem mag es grundsätzlich egal sein, ob in erster Linie die Klärung eines Verschwindens in den 30er Jahren untersucht wird und bei dem der oder die Täter möglicherweise schon längst das Zeitliche gesegnet haben. "Alles zu seiner Zeit, Eile mit Weile! - und da können die Untaten eines Serienmörders auch mal zurückgestellt werden. Anschließend kann dann auch noch lang und breit über die ersten Schritte des Jung-Journalisten Tom Carney berichtet werden und wie ihn sein Chef geschasst hat. Danach bleibt noch ausreichend Raum für die Probleme des Polizisten Ian Bradshaw, der immer noch seinen verunglückten und an den Rollstuhl gefesselten Kumpel besuchen geht. Und es kann von Eheproblemen und von Polizisten mit befremdlichen Ermittlungs- oder Befragungsmethoden berichtet werden und alles das und alles das so lange, bis der Leser sich fragt, wo zum Teufe denn der Krimi mit dem "Mädchen Nr 5" dann wohl falsch abgebogen sein mag.
Der Leser, der aber beim Kauf des "Mädchens Nr. 5" einen Krimi über einen Serienkiller erwartete, der allerdings mag dann schon geneigt sein, dieses weitschweifige Werk in die nächstbeste Ecke zu pfeffern. Und dann, wenn niemand mehr daran glaubt, erst in diesem Moment kommt der Autor auf den allerletzten Meter mit der Auflösung um die Ecke.
Ein langer, langer Weg
Grundsätzlich ist diese Auflösung auch nicht misslungen und vermag im Hinblick auf einen Handlungsstrang sogar anzurühren. Unglücklicherweise ist bis zu diesem Punkt ein langer Weg zurückzulegen, auf dem die Spannung mehrfach zumindest sanft eingenickert ist oder sich einer längeren Ohnmacht widmet.
Zum Schluss mag alles gut werden - aber dafür ist der Weg zu lang und es mag manchem auf dem Weg die Luft ausgehen. Als Fazit soll auch noch festgehalten werden, dass Linskey seine Geschichten interessant erzählt - interessant - die Geschichte mit dem Regierungsmitglied, das bei Fehltritten erwischt wird, interessant - die Geschichte über den Enthüllungsjournalisten, interessant - das was der charmante Ire Sean lostritt - nur das Mädchen Nr. 5, wo mag es nur geblieben sein?
Howard Linskey, Knaur
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