Dinge, die mir gehören
- Penguin
- Erschienen: Januar 2018
- 2
- München: Penguin, 2018, Seiten: 448, Originalsprache
Vielversprechender Start einer neuen Reihe
Das Ermittlerteam um Paul Simon macht sich auf die Suche nach dem "Vampirkiller", der scheinbar gezielt und absolut gnadenlos tötet. Sein Vorgehen ist immer gleich: Er lässt seine Opfer ein Zehnpfennigstück aus alten DDR-Zeiten schlucken, schneidet ihnen anschließend die Kehle durch und lässt sie kopfüber ausbluten. Wie die Fälle zusammengehören, bleibt zunächst unklar.
Hauptkommissar Paul Simon, dessen Spezialgebiet das Profiling ist, entdeckt bei einem erneuten Besuch der Tatorte, dass der Täter Gegenstände aus der Wohnung des Kommissars hinterlässt. Aber warum? Will er ihm damit ein Zeichen geben? Doch der Plan des Täters ist viel perfider als Simon zunächst glauben mag. Der Kommissar weiß bald nicht mehr, wem er trauen kann und begibt sich damit auf einem gefährlichen Weg. Schließlich spielt er dem "Vampirkiller" damit in die Karten, denn auf einmal wird der Kommissar zum Gejagten. Als ein dritter Mord geschieht, gibt es für Paul Simon längst kein zurück mehr.
Spannender Auftakt einer neuen Thrillerreihe
Christian Kärger ist kein Unbekannter im Bereich deutschsprachiger Kriminalliteratur. Unter seinem vollständigen Vornamen Walter Christian Kärger veröffentlicht er seit 2013 im Emons Verlag die Bodensee-Reihe um Kommissar Max Madlener. Wer bereits diese Fälle mochte, wird auch bei der neuen Serie nicht enttäuscht werden. Zwar gibt es einen neuen Handlungsort und ein neues Ermittlerteam, aber der Leser muss nicht auf Kärgers teilweise schwarzhumorige Spitzen verzichten. Der Autor arbeitete 30 Jahre als Drehbuchautor. Über 100 seiner Drehbücher wurden für Kino und TV verfilmt. Diese Erfahrung merkt man ihm an. Er kommt ohne größere Nebenhandlungen aus und sein Plot lebt von einem hohen Erzähltempo sowie erzählerischer Genauigkeit.
Gegensätzliche Kommissare mit viel Charme
Kärger schickt mit diesem Thriller ein neues Ermittlerteam ins Rennen. Während Hauptkommissar Paul Simon ein moderner Kommissar mit einer offiziellen Ausbildung im Profiling ist, der von sich behauptet, die kriminelle Energie an Tatorten regelrecht spüren und sich in die Psyche des Täters einfühlen zu können, entspricht sein Kollege Abel Lockhardt eher dem Klischee eines typischen Bayern: Er hat immer Salamivariationen wie Cabanossi, Gipfelstürmer, Kaminwurzen oder Landjäger bei sich und geht alles eher etwas gemütlicher an. Lockhardt steht auf Fastfood und treibt mit diesen Essgewohnheiten seinen Partner schier zur Weißglut. Beide können sich aber letztendlich immer bedingungslos aufeinander verlassen.
Der Erfolg heiligt alle Mittel
Auch dienstliche Vorschriften dienen beiden bestenfalls als vage Empfehlungen denn als Anordnungen. Regelmäßig werden sie deswegen vom Dezernat 13 für interne Ermittlungen verhört. Marion Ehret und ihr griesgrämiger Kollege Schwarzbach geben hier stets das Bild des "Böser Bulle, guter Bulle" ab. Auch wenn dies sicherlich nicht neu ist, besitzen die beiden ihren ganz eigenen Charme.
Dass sich besonders Simon selten an Vorgaben hält, ist im Lauf des Romans aber auch zunehmend verständlich, wenn der Täter mehr und mehr Besitz vom Leben des Hauptkommissars ergreift. Auch wenn dieses Verhalten aus polizeilicher Sicht falsch ist, kann man es aus menschlicher Sicht eines Familienvaters nachvollziehen. Letztendlich ist dies auch nur ein Roman und nicht das wirkliche Leben, daher sollte man diese künstlerische Freiheit nicht allzu negativ sehen, auch wenn der Realitätsbezug dadurch teilweise etwas fehlt.
Kommissar zwischen Beruf und Privatleben
Paul Simon leidet zunehmend unter seinem Job bei der Münchener Mordkommission, auch wenn er ein leidenschaftlicher Polizist ist. Allzu oft lässt er sich zu sehr auf seine Fälle und das Böse ein, das ihn dann zu vereinnahmen droht. Ganz nach Friedrich Nietzsche: «Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.» Simons Frau warnt ihn immer wieder davor und würde sich wünschen, dass ihr Man seinen Job aufgibt, auch weil die Familie, die er eigentlich über alles liebt, deutlich zu kurz kommt. Simon selber leidet zwar auch unter seinen Fällen, ist aber gleichzeitig von ihnen und den Tätern fasziniert. Wie ein Jäger muss er die Täter zur Strecke bringen.
Gelungener Thriller mit wenigen Schwächen
Kärger-Fans werden vielleicht bemängeln, dass sein neues Ermittlerduo (noch) nicht den Charme von Max Medlener und dessen Assistentin Harriet Holtby aus der Bodensee-Reihe hat. Aber man darf schon jetzt gespannt sein, wie sich die Figuren weiter entwickeln werden. Der Autor liefert einen mehr als spannenden Thriller, der mit interessanten Wendungen aufwartet. Auch wenn man sehr früh aufgrund des spezifischen Falls einen Verdacht hat, wer der Täter sein könnte, bleibt dessen Motiv lange unklar.
Als Kritikpunkt sei aber angemerkt, dass die Auflösung dieses Motivs und die Vergangenheitsbewältigung des Täters hier und da etwas zu ausufernd bzw. konstruiert wirkt, da sicherlich die ein oder andere (logische) Frage für den Krimileser offen bleibt. Auch spielt beim dritten Mord der Zufall bei den Ermittlungserfolgen eine aus meiner Sicht zu große Rolle. Dass es sich aber lohnt, Kärgers neuesten Thriller zu lesen, steht außer Frage. Ein düsterer Fall und interessante Figuren machen "Dinge die mir gehören" zu einem absolut lesenswerten Roman.
Walter Christian Kärger, Penguin
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